Samstag, Oktober 5

Nach den Landtagswahlen gestaltet sich die Regierungsbildung in Thüringen und Sachsen erwartungsgemäss schwierig. Ein mögliches Bündnis der Christlichdemokraten mit Sahra Wagenknechts Partei stösst nun auf Kritik aus den eigenen Reihen.

In der CDU rumort es. Nachdem die Christlichdemokraten ihre Wähler seit Monaten auf eine Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht eingestimmt haben, platzt einigen Parteimitgliedern pünktlich zu den Gesprächen für eine Regierungsbildung in Thüringen und Sachsen der Kragen.

Eine Gruppe von 40 CDU-Mitgliedern fordert einen Unvereinbarkeitsbeschluss, wie er bereits für die AfD und die Linkspartei existiert. Es wäre dann die dritte Partei, zu der die CDU eine Brandmauer zieht.

Zu den Unterstützern zählen unter anderem der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter, der Europaparlamentarier Dennis Radtke und das Bundesvorstandsmitglied Monika Wüllner. Alle namentlich bekannten Kritiker stammen aus westlichen Landesverbänden.

Der nordrhein-westfälische Christlichdemokrat Frank Sarfeld sagte dem «Tagesspiegel»: «Wagenknecht widerspricht allem, wofür die Unionsparteien seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland stehen: klare Westbindung, ein vereintes Europa und Mitgliedschaft in der Nato als dem grössten Friedensprojekt der Geschichte.»

«Nicht in die CDU eingetreten, um Koalitionen mit nationalbolschewistischer Partei zu schliessen»

Wie die AfD wende sich auch das BSW autoritären Systemen zu. «Mit solchen Gruppierungen darf es keine Zusammenarbeit geben», erklärte Sarfeld und sprach damit stellvertretend für die Initiative aus der Parteibasis.

Wüllner schrieb auf ihrem X-Account: «Ich bin nicht vor über 34 Jahren in die CDU eingetreten, um Koalitionen mit einer nationalbolschewistischen Partei zu schliessen.» Wenn die CDU keine Koalitionen mit der Linken eingehe, dann erst recht nicht mit dem BSW, so die Christlichdemokratin.

Der Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer äusserte sich bereits am Dienstagabend auf X: «Von einer Koalition der CDU mit dem BSW halte ich gar nichts. Das wäre Gift für die Glaubwürdigkeit der CDU – und zwar bundesweit. Die CDU muss weiterhin klar gegen Rechts- und Linksaussen stehen. Die Wagenknechte sind nicht die harmloseren Linken, sondern im Gegenteil.»

Der Parlamentarier Christoph Ploss gehört nicht zur Mitglieder-Initiative, sagte aber der NZZ, dass das BSW in der Aussen-, Wirtschafts- und Sozialpolitik sogar noch links von der Linkspartei stünde. «Diese Partei kann auf Bundesebene für uns kein Koalitionspartner sein – und schon gar nicht darf Frau Wagenknecht mit Sondierungen in Thüringen und Sachsen die gesamte Haltung der CDU zur Ukraine-Frage beeinflussen,» so Ploss.

Merz überlässt Regierungsbildung den Landeschefs

Das BSW wiederum zeigt sich offen für Sondierungsgespräche mit den Christlichdemokraten. Man sei aber kein Mehrheitsbeschaffer für die CDU, betonte die BSW-Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali. Dem Deutschlandfunk sagte Mohamed Ali, dass zu ihren Bedingungen auch ein Signal gegen die Stationierung von US-amerikanischen Mittelstreckenraketen gehöre.

Die CDU-Spitze hat sich zu dem Widerstand in den eigenen Reihen bisher nicht geäussert. Zuvor hatten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und der thüringische CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt deutlich gemacht, was für sie gehe und was nicht, sagte Parteichef Friedrich Merz der Deutschen Presseagentur: «Ich habe absolutes Vertrauen in alle beide, dass sie mit dieser Aufgabe, die sie jetzt vom Wähler bekommen haben, sehr verantwortungsvoll umgehen.»

Merz selbst hatte eine Zusammenarbeit mit dem BSW im Juni ausgeschlossen. «Das ist völlig klar, das haben wir auch immer gesagt – wir arbeiten mit solchen rechtsextremen und linksextremen Parteien nicht zusammen.» Für die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht gelte beides: «Sie ist in einigen Themen rechtsextrem, in anderen wiederum linksextrem.» Später spezifizierte er, dass er nur die Bundesebene gemeint habe.

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