Der «Rostige Paragraph» geht dieses Jahr nach Lausanne. Eine Stadtzürcher Wohnsiedlung belegt den zweiten Platz.

Braucht die Polizei noch Waffen? Darüber war man sich zuletzt in der Lausanner Politik uneinig. Besonders wenn es nach dem grünen Stadtrat Ilias Panchard geht, soll das bei der Lausanner Polizei künftig nicht mehr notwendig sein. Er forderte ein Waffenverbot für die städtischen Polizisten – und das mit Erfolg. Obwohl sich der Polizeiverband dagegen aussprach, stimmte das Lausanner Parlament im Januar dafür.

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Der Vorstoss feierte auch in Zürich Erfolg, allerdings einen zweifelhaften. Panchards Vorstoss wurde am Montagabend mit dem «Rostigen Paragraphen» ausgezeichnet. Dies ist ein Schmähpreis für das dümmste Gesetz, den unnötigsten Vorstoss oder das skurrilste und bürokratischste Projekt. Die Auszeichnung wird jährlich von der IG Freiheit verliehen. Der Gewinner wird mittels öffentlichen Online-Votings bestimmt.

Die IG Freiheit wurde 2006 von Politikern und Unternehmern gegründet, die sich, wie es auf der Website heisst, für «Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger und gegen den Erlass unnötiger staatlicher Regulierungen einsetzt».

Zum 19. Mal hat am Montag die Preisverleihung stattgefunden. 300 Personen fanden dazu in der Bar Aura in Zürich zusammen.

In einer Mitteilung zitiert die IG Freiheit Ilias Panchard. Er ist der Ansicht, dass viele Polizisten ohnehin nur im Auto sässen oder Tätigkeiten ausübten, bei denen eine Schusswaffe unnötig sei. Und in brenzligen Situationen wie etwa im Umgang mit gewaltbereiten Jugendlichen sei Deeskalation wichtiger als eine Schusswaffe.

Auch in Zürich sorgt die Stadtpolizei immer wieder für politische Diskussionen. Wie sich an einem Vorfall im März 2024 veranschaulichen lässt. Ein nackter Mann mit Messer betrat damals den Coop in Wollishofen. Die Stadtpolizei konnte ihn nicht überwältigen, die Kantonspolizei eilte zur Hilfe. Es stellte sich heraus: Die Stadtpolizisten waren ohne Taser unterwegs. Die nächste Eskalationsstufe wäre der Einsatz der Schusswaffe gewesen, schrieb die Stapo. Dies, nachdem der Pfefferspray-Einsatz erfolglos war. Vielleicht wären Taser anstatt Waffen eine Option für die Lausanner Polizei.

Paradies für gutverdienende Velofahrer in Zürich

Auf dem zweiten Platz landet der Zürcher Stadtrat André Odermatt. Das besagte Projekt: die städtische Wohnsiedlung «Tramdepot Hard». Auf dem Tramdepot beim Escher-Wyss-Platz hat die Stadt zwei 60 Meter hohe Türme gebaut – mit insgesamt 193 Wohnungen.

Sonderbar findet die IG Freiheit hier, dass man in die städtischen Wohnungen im «Tramdepot Hard» auch mit einem Jahreslohn von über 180 000 Franken einziehen darf. Dies, obwohl die Stadt Zürich in der Regel fast ausschliesslich an Geringverdiener vermietet. Auch die Wohnungspreise liegen über dem Durchschnitt. So kostet die günstigste 4,5-Zimmer-Wohnung an der Limmat 2300 Franken. Für eine 5,5-Zimmer-Wohnung muss man gar bis zu 3800 Franken monatlich bezahlen. Dies ist laut der Stadt auf die hohen Baukosten des Projekts zurückzuführen. Im Vergleich dazu: Eine 4,5-Zimmer-Wohnung in der städtischen Siedlung Leutschenbach kostet 1580 Franken.

Dies allein hat jedoch nicht für André Odermatts zweiten Platz gesorgt.

Denn die Sache wird noch sonderbarer: Wer dort wohnen will, darf kein Auto besitzen. Es handelt sich dabei um die erste autofreie städtische Siedlung. Die Stadt hat den zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohnern im «Tramdepot Hard» eine Vorgabe gemacht: Alle müssen eine sogenannte Autoverzichtserklärung unterschreiben. Diese will die Stadt auch kontrollieren. So sagte André Odermatt an einer Pressekonferenz im Januar: «Wer hier wohnt, braucht kein Auto.»

Einzig für Menschen mit Behinderung werde eine Ausnahme gemacht, für sie stehen 19 Parkplätze zur Verfügung. Die restlichen 500 Bewohner erhalten acht Besucherplätze, dafür gibt es 670 Veloparkplätze sowie zwei Mobility-Standorte. Somit richtet sich Odermatts Projekt vor allem an gutverdienende Velofahrer.

Die Türme an beliebter Wohnlage sind ab Juli bezugsbereit. Im Vorfeld hatten sich laut den Tamedia-Zeitungen 14 000 Interessierte für die Wohnungen beworben – der Andrang war riesig. Auch wenn es nicht für den «Rostigen Paragraphen» gereicht hat, haben dennoch 19 Prozent der öffentlichen Stimmen für das Projekt «Tramdepot Hard» abgestimmt.

SP-Nationalrat will kofferfreies Luzern

Den dritten Platz belegt der Luzerner SP-Nationalrat David Roth, der 16 Prozent der Stimmen holt. Dies für seine Idee, die Touristenströme einzudämmen. Roth forderte ein Verbot von Rollkoffern, da diese auf den Strassen für Unruhe und Lärm sorgten. Weiter wollte Roth aber auch Airbnb, Reisecars und Neubauten von Hotels einschränken, wie es in einer Mitteilung heisst. Wenn es nach Roth geht, soll Luzern ruhiger, leerer, aber vor allem kofferfreier werden.

Ebenfalls nominiert war ein Projekt von Eva Reinhard, der Chefin von Agroscope, bei dem die Bevölkerung dazu aufgefordert wurde, ihre Unterwäsche im Garten zu vergraben. Dies zur wissenschaftlichen Erforschung der Bodenqualität. Und eine Forderung der grünen Bundeshausfraktion, welche die Einführung einer Luxussteuer auf Jachten, Sportwagen sowie Luxusartikel verlangte.

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