Die US-Wirtschaft befindet sich bereits seit über fünfzig Monaten im Aufschwung. Historisch gesehen dauert der Boom damit bereits überdurchschnittlich lange.

Wann kommt sie, die Rezession? Glaubt man den Aktienfondsmanagern, die monatlich von Bank of America befragt werden, ist die Gefahr eines Wirtschaftseinbruchs in den USA derzeit vernachlässigbar gering. Nur noch gerade 5% der Befragten rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer Rezession. Damit befinden sie sich in guter Gesellschaft.

Es sind nur noch wenige Ökonomenstimmen zu vernehmen, die in naher Zukunft einen Konjunktureinbruch vorhersagen. Dazu gehört beispielsweise der in Diensten des kanadischen Researchanbieters BCA Research stehende Peter Berezin: «Die USA werden Ende 2024 oder Anfang 2025 in eine Rezession fallen», warnte er kürzlich in einem Marktausblick.

Straffe Geldpolitik beginnt erst zu wirken

Die US-Wirtschaft kühle sich erst jetzt als Reaktion auf die straffe Geldpolitik ab, wie die sinkende Inflation und das schwächere Lohnwachstum zeigen. Schon bald werde die Arbeitslosigkeit aber markant zunehmen und der Konsum abnehmen, worauf die Unternehmen ihre Investitionen zurückfahren und weniger Stellen schaffen werden – dann sei der Abschwung da.

Auch wenn die BCA-Ökonomen mit ihrer eher pessimistischen Prognose recht behalten, gehört der gegenwärtige Konjunkturaufschwung in den USA im historischen Vergleich zu den längeren.

Gemäss dem amerikanischen Wirtschaftsforschungsinstitut National Bureau of Economic Research (NBER), das bestimmt, ob und wann sich die US-Wirtschaft im Aufschwung oder in der Rezession befindet, dauert die derzeitige Wachstumsphase seit April 2020 und erreicht damit 51 Monate.

Hält die Konjunktur bis zum Jahreswechsel, wären es 57 Monate, was über dem langjährigen Schnitt liegt. Seit 1850 dauerte ein Boom typischerweise 41,5 Monate.

Warten auf Godot

Ein Blick auf die Aufschwungsphasen zeigt indes, dass die Zyklen vor dem Zweiten Weltkrieg merklich kürzer ausfielen und im Mittel lediglich 29 Monate erreichten. Eine mittlere Wachstumsphase in der Nachkriegszeit dauerte mit mehr als 63 Monaten mehr als doppelt so lange. Kommt es tatsächlich schon bald zu einer Rezession, würde der jetzige Zyklus als kürzester seit 1982 in die Geschichte eingehen.

Das Spekulieren auf Trendwenden im Konjunkturzyklus ist allerdings eine knifflige Sache. Auch in den Jahren nach der Finanzkrise 2008/2009 kam es unter Marktbeobachtern regelmässig zu Rezessionsängsten – und dennoch entwickelte sich der damalige Boom zum längsten überhaupt.

«Konjunkturzyklen sterben in der Regel nicht an Altersschwäche, sondern werden auf die eine oder andere Weise abgetötet. Und nicht immer ist der Verursacher im Voraus zu erkennen», meint etwa der Ökonom Dario Perkins vom Londoner Analysehaus TS Lombard. Derzeit erschweren die Nachwehen der Pandemie die Prognose des Konjunkturzyklus zusätzlich.

Angesichts dieser Ausgangslage ist es wohl besser, wenn Anleger ihre Energie auf die strategische Ausrichtung ihrer Asset Allocation und die Auswahl solider Aktien verwenden als auf das Erwischen der Trendwende im Wachstumszyklus.

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