Montag, November 25

Die Publikumsaktionäre des Experten für Marktexpansion in Asien sind nie glücklich geworden. Erneut werden mehr Wachstum, höhere Margen und mehr Akquisitionen in Aussicht gestellt. Die Ingredienzen für steigende Kurse sind vorhanden, nun muss das Management endlich liefern.

DKSH passt in keine Schublade. Die Geschäftstätigkeiten des Zürcher Traditionsunternehmens sind zu vielfältig. Viele Dienstleistungen, die es im Auftrag seiner oft hochkarätigen Kunden ausführt, laufen im Verborgenen ab. Und eine vergleichbare Gesellschaft wie DKSH gibt es nicht – sie bleibt ein Rätsel.

Unvergleichliches Traditionsunternehmen

Damit ein auf internationalen Handel ausgerichtetes Wirtschaftssystem funktioniert, sind die Angebote von DKSH unerlässlich. Früher hätte man das Unternehmen als ein internationales, regional bestens vernetztes Handelshaus bezeichnet. Persönliche Kontakte, Zuverlässigkeit und lokale Kenntnisse waren sein grösstes Vermögen. Im Kern ist das auch heute noch so, wenn vom Profiteur des Outsourcings die Rede ist.

Die Anfänge des Unternehmens reichen ins 20. Jahrhundert zurück, als Schweizer Pioniere wie Caspar Brennwald, Wilhelm Heinrich Diethelm und Eduard Anton Keller Handelstätigkeiten im asiatischen Raum suchten und fanden. Das war noch bevor die Region zum Zentrum der Globalisierung wurde. Mit einem Umsatzanteil von 95% steht diese Region noch immer im Mittelpunkt der Aktivitäten von DKSH.

Tradition und Fokus

Auch an den Besitzverhältnissen hat sich in den vergangenen 160 Jahren wenig verändert. Nach dem Zusammenschluss der Handelshäuser der Familien Diethelm und Keller 2000 sowie zwei Jahre später der Fusion mit Siber Hegner zu DKSH Holding (Diethelm Keller Siber Hegner) ging die Gesellschaft im März 2012 an die Börse. Mit einer Sperrminorität von 45% wird sie seither von der Diethelm Keller Holding – einem Aktionärspool der rund zwei Dutzend Nachfahren der Gründerfamilien – kontrolliert. Mit Adrian T. Keller und seinem Cousin Andreas W. Keller sitzen seit über zwanzig Jahren zwei Nachfolger der Gründergeneration im Verwaltungsrat von DKSH.

Seit dem Börsengang haben die Ankeraktionäre keine Titel verkauft. Sie haben also ebenfalls die enttäuschende Performance, vor allem in den vergangenen fünf Jahren, mitgetragen.

Bei der geografischen Ausrichtung des Unternehmens fällt der geringe Umsatzanteil in China (2,5%) auf. Mit Blick auf den Handelskrieg USA-China und die schleppende Konjunktur im Reich der Mitte war der Ausstieg aus dem chinesischen Healthcare-Geschäft 2018 ein weiser Entschluss. Gleichzeitig ist die gute Abdeckung in den südostasiatischen Ländern, die an erster Stelle kommen, wenn internationale Konzerne alternative Standorte ausserhalb Chinas suchen, ein gewichtiger Vorteil. Zudem finden 60% des globalen Handels innerhalb Asiens statt. Viel besser könnte ein Unternehmen nicht positioniert sein.

So konstant die geografische Ausrichtung ist, so breit gefächert sind die Tätigkeiten des Konzerns. Rund die Hälfte der Einnahmen (2023: 5,6 Mrd. Fr.) wird im Bereich Gesundheitswesen (Healthcare) erwirtschaftet. Zwei Drittel davon betreffen Pharmakunden (z. B. AstraZeneca, Roche, Sanofi), gut ein Fünftel Kunden aus dem Medtech-Bereich wie Alcon, Medtronic und Baxter.

Weil 80% der Einnahmen indes Distributionsdienstleistungen sind, wo die Margen extrem dünn sind, ist auch die Rentabilität bescheiden. 2023 betrug die Ebit-Marge in der Division Healthcare 2,8%. Dass die im ersten Halbjahr 2024 erzielten 3% eine Rekordmarge waren, unterstreicht dies.

Beim Vertrieb von Pharmaprodukten im asiatischen Markt sind DKSH sowie ihr rund zweimal so grosser Konkurrent Zuellig Pharma die bevorzugten Vertriebspartner der Pharmamultis. Die in Singapur domizilierte Zuellig Pharma wurde 1922 vom Schweizer Frederick E. Zuellig gegründet. Als er 2017 mit hundert Jahren verstarb, äusserte DKSH erstmals Interesse an einem Zusammenschluss.

Diese Spekulationen sind verpufft. Am Kapitalmarkttag vergangene Woche in London hat das DKSH-Management zwar nicht ausgeschlossen, auch grössere Transaktionen einzugehen. Doch Zuellig wäre zu gross. Zudem scheint das Familienunternehmen die Selbständigkeit zu bevorzugen. Laut Analysten findet derzeit kein Austausch zwischen den beiden Gesellschaften statt.

In Akquisitionslaune

In den vergangenen zwei Jahren hielt sich DKSH mit Akquisitionen eher zurück, obwohl schon am Kapitalmarkttag vor vier Jahren eine beschleunigte Kauftätigkeit in Aussicht gestellt worden ist. In den letzten fünf Jahren wurden zwar 28 Gesellschaften übernommen, aber mit einem Gesamtwert von gut 900 Mio. Fr. eher kleine. Und in den letzten zwei Jahren erlosch die Kauflust, obwohl die Mittel eigentlich vorhanden sind. Die Bilanz ist so solide, dass DKSH bis zu 1 Mrd. Fr. einsetzen könnte, ohne die Verschuldungsquote (Nettoschulden im Verhältnis zum Ebitda) über das Zweifache steigen zu lassen.

Dass DKSH es mit Akquisitionen ernster meint als bisher, schreiben auch die UBS-Analysten nach dem Besuch der Veranstaltung. «Der Ton hat gedreht.» Was die Preisvorstellungen der Verkäufer betreffe, hätten sich die Konditionen laut DKSH normalisiert, d. h. es muss nicht mehr befürchtet werden, zu viel zu bezahlen.

Für UBS, die die Aktien seit Anfang Jahr zum Kauf empfiehlt, ist DKSH eine «unbeachtete Portfoliogeschichte», mit anderen Worten: eine von Investoren falsch verstandene Perle.

Dünnmargige Distribution

Die zweitgrösste Division, Consumer Goods, bleibt das Sorgenkind von DKSH. Seit August 2023 steht sie unter der Leitung von Chris Ritchie. Er hat den Hoffnungsträger Terry Seremetis abgelöst, der nach vier Jahren zur Unilever-Tochter Lipton wechselt. Mit einer Ebit-Marge von 2% lieferte die Division 2023 den geringsten Gewinnbeitrag. Im ersten Semester 2024 waren es immerhin 2,4%. Nach Unternehmensangaben sei die Division nun saniert und für profitables Wachstum bereit.

Auch die Distribution von Pflegeprodukten, Bekleidung und Nahrungsmitteln für global aufgestellte Konsumgüterkonzerne wie Nestlé, Abbott, Philips, Henkel und Coca-Cola wirft wenig Gewinn ab. In der reinen Distribution liege die Ebit-Marge bei 0,5%, heisst es vom Unternehmen. Lukrativer (über 4,5% Marge) sei es, wenn auch die regional angepasste Verpackung für den Kunden übernommen werde. Am gewinnträchtigsten seien indes Eigenmarken wie die Margarine Buttercup oder der Butteraufstrich SLS. Entsprechend stünden denn auch solche Geschäfte im Mittelpunkt, wenn sich DKSH um Akquisitionen bemühe.

Entscheidend für die Rentabilität des Konzerns ist also, wie viel der Wertschöpfungskette des Auftraggebers er abdecken kann. In diesem Bereich liegt noch viel unausgeschöpftes Potenzial drin.

Spin-off-Kandidat Performance Materials

Eine erfreuliche Ausnahme ist die Division Performance Materials (PM) (Umsatz 2023: 1,4 Mrd. Fr.). Jahr für Jahr werden in diesem Geschäft die besten Margen erzielt. Es ist die geografisch am breitesten aufgestellte Division. «Nur» noch 58% (2019: 68%) werden in Asien erwirtschaftet. Vor allem Nordamerika (Anteil 12%) wurde zügig ausgebaut. Mit rund 120 Standorten verfügt DKSH über ein breites Distributionsnetz.

Besonders im Bereich Spezialchemie kann der Konzern punkten. In diesem riesigen, enorm fragmentierten Markt gibt es viele Möglichkeiten, akquisitorisch zu wachsen. Die sieben grössten Anbieter im Vertrieb von Spezialchemieprodukten decken weniger als 15% des 220 Mrd. Fr. grossen Marktes ab. Zudem konzentrieren sich die meisten auf Märkte ausserhalb Asiens.

Die Akquisitionsanstrengungen von DKSH fokussieren sich auf diese Division. Sie ist auch ein Kandidat für die Entlassung in die Selbständigkeit. ZKB-Analyst Gian Marco Werro sieht die Möglichkeit eines wertsteigernden Spin-off. «Das wäre die beste Lösung», sagt er. «Es ist ein komplett anderes Geschäft und verdient eine andere Bewertung.» In London habe das Management zu diesem Thema erwähnt, man ziehe alle Optionen ausser einem Verkauf in Betracht. Zuerst dürfte die Sparte jedoch vor allem akquisitorisch von 1,4 auf wohl über 2 Mrd. Fr. Umsatz ausgebaut werden, bevor es zu einer Separierung komme, vermutet der Analyst.

Das Unternehmen hat gegenüber den Analysten behauptet, über die stärkste M&A-Pipeline zu verfügen. Schon im ersten oder im zweiten Quartal 2025 könnten konkrete Transaktionen bekanntgegeben werden.

In der kleinsten Division, Technology (Umsatz 2023: 533 Mio. Fr.), übernimmt DKSH zum Beispiel für Laborbetreiber die Belieferung mit Instrumenten und Verbrauchsmaterialien, berät sie bei der Registrierung und erleichtert ihnen den Zugang zu den jeweiligen lokalen Gesundheitsorganisationen. Oder DKSH-Leute helfen Unternehmen wie der deutschen Klingelnberg, ihre Werkzeugmaschinen, oder Büchi Labortechnik, ihre Analysegeräte auch in Asien zu vertreiben.

Wenig Interesse der Investoren

Mit Blick auf die Marktreaktion verhallte das Echo des jüngsten Kapitalmarkttages, an dem DKSH ihre mittelfristigen Ziele bekanntgab, weitgehend ungehört. Der Kurs bewegte sich kaum. Oberflächlich betrachtet ist das verständlich, denn die neuen Ziele waren weder neu noch spektakulär.

Die Ambition, den Umsatz etwas stärker als das Bruttoinlandprodukt der Länder, in denen DKSH geschäftet, zu steigern, blieb die gleiche. Auch mehr Akquisitionen durchzuführen und die Dividende kontinuierlich zu erhöhen, wurde schon vor vier Jahren versprochen. Und eine Cash Conversion von mindestens 90% erscheint angesichts des bisher Erreichten bescheiden. In den vergangenen fünf Jahren lag sie im Durchschnitt bei eindrücklichen 118%.

Immerhin quantifizierte das DKSH-Management etwas genauer, wie sich die Rentabilität verbessern wird. Jährlich 10 Basispunkte mehr Ebit-Marge sollen es sein. Das klingt nach wenig, ist aber mit einer Ausgangsbasis von 3% im Jahr 2023 nicht unerheblich.

Die Ebit-Margen von DKSH mögen dünn sein, hingegen ist die Rendite auf dem eingesetzten Kapital beeindruckend hoch, weil das Geschäft äusserst wenig kapitalintensiv ist. Das Unternehmen benötigt nicht mehr als 0,5% seines Umsatzes für Investitionen. Deshalb liegen Kapitalrenditen von über 20% drin. Und das Management hat ein Interesse, dass es dabei bleibt, denn ein Teil seiner Entlohnung hängt davon ab.

Was man mit DKSH bekommt

Mit DKSH-Aktien legt man sich einen wenig spektakulären Wert ins Portefeuille, dessen Trümpfe die Stabilität des Geschäftsmodells, die breite geografische Abdeckung sowie die Verlässlichkeit des Managements sind. «Das aktuelle Management hat bisher kaum negativ überrascht und hinsichtlich der Jahresziele nie zu viel versprochen», sagt Werro. «Mit DKSH können Anleger in ein Schweizer Unternehmen, das Schweizer Corporate Governance untersteht und relativ rezessionsstabile Produkte vertreibt, in einer der spannendsten Wachstumsregionen der Welt investieren.»

Das sehr geringe Risiko wird jedoch mit einer entsprechend begrenzten Rendite abgegolten. Primäres Kaufargument ist die Jahr für Jahr steigende Dividende. Auf Basis der für 2024 erwarteten Ausschüttung von 2.32 Fr. pro Aktie (2023: 2.25) errechnet sich derzeit eine attraktive Dividendenrendite von 3,6%.

Auch von der Bewertung her gibt es noch Raum nach oben.

Zutaten für eine erfreulichere Kursentwicklung sind also vorhanden. Nun liegt es am Management, den hehren Absichten konkrete Taten folgen zu lassen. Denn für höhere Kurse braucht es Katalysatoren.

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