Mittwoch, Januar 15

Schweden stellt die Ermittlungen zu Nord Stream ein. Die Ergebnisse könnten aber deutsche Ermittler zu den Tätern führen.

Am 26. September 2022 explodierten in der Ostsee die Pipelines Nord Stream 1 und 2 – es war einer der grössten Sabotageakte der Geschichte. Die Leitungen, für viele ein Symbol der europäischen Energieabhängigkeit von Russland, wurden acht Monate nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine von Unbekannten zerstört. Seither beschäftigt Ermittler und Journalisten eine Frage: Wer hatte ein Motiv und auch die Möglichkeit, die Erdgasleitungen zu sprengen?

Einige Medien glaubten schnell, die Schuldigen gefunden zu haben. Eine Recherche skandinavischer Fernsehanstalten vermutet, dass Russland hinter der Aktion steckt. Das Magazin «Spiegel» hingegen ist überzeugt, dass die Spur in die Ukraine führt. Und der amerikanische Star-Reporter Seymour Hersh wähnt die Schuldigen im Weissen Haus. Die professionellen Ermittler aber konnten die Sabotage noch niemandem nachweisen.

Am Mittwoch hat die schwedische Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie die Ermittlungen einstelle. Im Fokus der Untersuchung stand die Frage, ob schwedische Staatsbürgerinnen oder Staatsbürger an der Tat beteiligt waren und ob schwedisches Territorium für die Sabotage genutzt wurde. Die Sprengungen ereigneten sich nordöstlich der Insel Bornholm unweit des schwedischen Festlandes. Eine der Röhren verläuft durch die schwedische Wirtschaftszone. Deshalb ermittelte auch die schwedische Sicherheitspolizei.

Der Staatsanwalt Mats Ljungqvist sei zum Schluss gekommen, dass nichts auf eine Beteiligung Schwedens oder seiner Bürger hindeute, heisst es in einer Medienmitteilung. Deshalb gebe es keine schwedische Zuständigkeit in dem Fall. Es seien zahlreiche Schiffsbewegungen analysiert worden, um zu verstehen, was zum Tatzeitpunkt passiert sein könnte. Ljungqvist spricht von umfangreichen Ermittlungen am Tatort und von mehreren Verhören, die durchgeführt worden seien.

Ergebnisse könnten deutschen Ermittlern helfen

Was haben die Fahnder herausgefunden? Offensichtlich haben die schwedischen Ermittler Material gesammelt, das für sie selbst nicht relevant war – für ihre deutschen Kollegen aber sehr wohl. «Wir haben Deutschland Beweismittel übergeben, die im deutschen Ermittlungsverfahren verwendet werden können», sagte Ljungqvist. Die deutschen Ermittlungen liefen weiter, weshalb er sich nicht näher dazu äussern könne.

Wie der deutsche Sender ARD berichtet, interessieren sich die Ermittler des deutschen Bundeskriminalamts und der Bundespolizei für Teile der schwer beschädigten Pipelines, die vom schwedischen Militär kurz nach den Explosionen sichergestellt worden sind. Die deutschen Ermittler wollten die an den Röhren gefundenen Sprengstoffspuren mit jenen vergleichen, die sie auf der Segeljacht «Andromeda» gefunden hätten, schreibt die ARD.

Am 6. September 2022 war die Segeljacht «Andromeda» in Rostock in See gestochen. An Bord waren fünf Männer und eine Frau. Die Jacht segelte in der Nähe der Orte, an denen Tage später die Explosionen stattfanden. Bei einer Untersuchung im Januar 2023 wurden auf dem Tisch in der Kabine Sprengstoffspuren gefunden. Einer der Segler soll ein ukrainischer Soldat gewesen sein, berichtete der «Spiegel» in einer Rekonstruktion.

Während Schweden und Deutschland bei den Ermittlungen zusammenarbeiten, blockierte Polen die Kooperation lange. Die «Andromeda» hatte im polnischen Kurort Kolberg zwölf Stunden angelegt, und die Crew war von der dortigen Küstenwache kontrolliert worden. Laut der ARD haben polnische Behörden ihren deutschen Kollegen aber bis heute keine Bilder von Überwachungskameras geliefert. Klar ist: Ohne internationale Zusammenarbeit wird sich der Sabotageakt kaum aufklären lassen.

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