Dienstag, November 5

Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway kauft kaum mehr Aktien und reduziert die Risiken – für den preisbewussten Starinvestor dürfte der Aktienmarkt in den USA zu heiss gelaufen sein.

Die Investorenlegende Warren Buffett wird nochmals vorsichtiger. Am Samstag gab seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway bekannt, dass sie in den vergangenen drei Monaten Apple-Aktien im Wert von knapp 167 Milliarden Dollar verkauft habe. Buffett hält jetzt noch Aktien des iPhone-Herstellers im Gegenwert von knapp 70 Milliarden. Das geht aus dem Bericht für das dritte Quartal hervor.

Obwohl Apple jüngst überzeugende Zahlen präsentiert hat, kommt der Verkauf nicht überraschend. Der als «Orakel von Omaha» bekannte amerikanische Investor hat vor einem Jahr begonnen, sukzessive Apple-Titel zu veräussern. Innerhalb eines Jahres wurden fast zwei Drittel des Bestands abgebaut. Trotz den umfangreichen Verkäufen bleibt Apple aber bis heute die mit Abstand grösste Position im Berkshire-Portfolio, vor American Express, Bank of America, Coca-Cola und Chevron.

Das Apple-Engagement war bisher sehr lukrativ für Buffett. Als der heute 94-jährige Investor 2016 entschied, in Apple zu investieren, kosteten die Aktien 25 Dollar. Heute stehen sie bei 223 Dollar, fast zehnmal so viel. Apple hat massgeblich zur Rendite von Berkshire beigetragen: Seit dem Apple-Einstieg hat die Investmentgesellschaft ausser in den Jahren 2019 und 2020 jedes Jahr eine bessere Performance gezeigt als der amerikanische Referenzindex S&P 500. Allein im laufenden Jahr verteuerten sich die B-Aktien um ein Viertel, was Berkshire Hathaway einen gegenwärtigen Börsenwert von fast tausend Milliarden Dollar gibt.

Für Buffett gilt: «Cash is king»

Apple ist nicht die einzige Aktie, von der sich Buffett in letzter Zeit getrennt hat. Auch die Titel der Bank of America, die seit der Finanzkrise im Portfolio sind, werden verkauft. Nebst Apple wurde der Aktienbestand um Dutzende Milliarden Dollar reduziert. Zugekauft hat Berkshire Aktien für lediglich 1,5 Milliarden, was angesichts eines gesamten Aktienbestands von rund 270 Milliarden vernachlässigbar ist.

Anstatt in neue Aktien zu investieren, behält Buffett das Geld an der Seitenlinie und parkiert es in kurzfristigen US-Staatsanleihen. Insgesamt belief sich die Cash-Position von Berkshire Hathaway per Ende September auf rekordhohe 323 Milliarden Dollar und ist damit deutlich grösser als der gesamte Aktienbestand. Offenbar sind Aktien in Buffetts Augen derzeit keine aussichtsreichen Anlagen – das machte er schon im Frühjahr klar.

«Ich habe nichts dagegen, unter den derzeitigen Bedingungen eine Cash-Position aufzubauen», sagte er an der jährlichen Aktionärsversammlung vom 4. Mai in Omaha im Gliedstaat Nebraska. Wenn er die Alternativen auf den Aktienmärkten betrachte und wenn er sehe, was in der Welt vor sich gehe, dann sei Cash ziemlich attraktiv, führte er aus. So erstaunt es wenig, dass Berkshire in den vergangenen zwei Jahren mehr Aktien verkauft als gekauft hat.

Teurer Aktienmarkt in den USA

Die Gründe für den Apple-Verkauf führt Buffett im Quartalsbericht nicht aus. Marktbeobachter geben aber auch steuerliche Überlegungen oder die hohe Konzentration der Apple-Position und die mit Tech-Titeln einhergehenden Risiken als Gründe an.

Bemerkenswert ist jedoch, dass Buffett mit dem riesigen Cash-Bestand keine eigenen Berkshire-Hathaway-Aktien zurückgekauft hat. Das ist eine sonst beliebte Praxis, um den Gewinn zu verdichten und den Aktienkurs zu stützen. Das ist ein Hinweis darauf, dass Buffett auch die eigenen Aktien als zu teuer und deshalb nicht kaufenswert erachtet.

Buffett gilt nach wie vor als Inbegriff des Value-Investors. Das heisst, er investiert erst in eine Aktie, wenn sie am Markt unterbewertet ist und deshalb Potenzial besteht, von einer Wertsteigerung hin zum «wahren Wert» zu profitieren. Solches Potenzial ist angesichts des derzeit hoch bewerteten Aktienmarkts in den USA offenbar kaum zu finden.

So liegt etwa der sogenannte «Buffett-Indikator», der die Kapitalisierung des Aktienmarkts in den USA im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt misst, derzeit bei über 200 Prozent. Auch andere Bewertungskennzahlen deuten darauf hin, dass amerikanische Aktien historisch gesehen überbewertet sind. Für Buffett ist das ein Umfeld, in dem Anleger Risiken minimieren sollten, auch wenn nicht unmittelbar ein Börsencrash droht.

Exit mobile version