Freitag, Januar 10

Die Aktien von Kühne + Nagel stehen auch 2025 unter Druck. Der Ausblick auf die Seefrachtraten lässt keine Kursfantasie für die nächsten Monate zu.

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Ein Blick auf die Kursentwicklung der Kühne + Nagel-Aktien zeigt ein ernüchterndes Bild: –2% seit Jahresbeginn und ein Verlust von 30% auf Sicht von zwölf Monaten.

Der Kursrückschlag vom Donnerstag ist dem Umstand geschuldet, dass ein drohender Streik der Hafenarbeiter an der Ost- und Golfküste der USA abgewendet wurde. «Kein Streik bedeutet weniger Komplexität in der Logistik und damit auch eine geringere Nachfrage nach schnellen Lösungen und Alternativen, was negativ für Kühne + Nagel ist», sagt mir Gian Marco Werro, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank.

Kurzfristig lastet eventuell zudem die Möglichkeit, dass Partners Group ihre 24,9%-Minderheitsbeteiligung an der chinesischen Kühne-Tochtergesellschaft Apex International abgibt, auf dem Kurs. Über eine Put-Option könnte die Investmentgesellschaft die Beteiligung retournieren, was Kühne + Nagel rund 800 Mio. Fr. kosten würde.

Mehrere Marktbeobachter sagen mir aber, dass dies nicht der Grund für den allgemeinen Verkaufsdruck ist.

«Für Kühne + Nagel dürfte der Kaufpreis kein Problem darstellen, weil das Unternehmen über ausreichend liquide Mittel – etwa 900 Mio. Fr. – und eine sehr niedrige Verschuldung verfügt», betont Marc Strub, Fondsmanager bei der Privatbank Reichmuth & Co. Selbst ein moderater Anstieg der Verschuldung wäre angesichts der derzeitigen Zinssätze tragbar. Problematisch sei allerdings, dass der Kaufpreis im derzeitigen Marktumfeld als zu hoch wahrgenommen wird.

Frachtraten sind entscheidend

Für Fondsmanager Strub, der die Aktienposition von Kühne + Nagel 2024 bereits auf ein deutliches Untergewicht reduziert hat, steht beim Logistikkonzern aus Schindellegi der künftige Geschäftsverlauf im Vordergrund, bei dem sinkende Frachtraten und Handelsvolumen Spuren hinterlassen könnten.

Die Seefrachtraten für Container sind wegen der Krise im Roten Meer – trotz eines Rückgangs seit dem Sommer – immer noch relativ hoch. Auf Jahressicht ist der Freightos Baltic Index (FBX) von 2613 auf 4290 $ gestiegen. Dies wirkt sich kurzfristig positiv auf Logistiker wie Kühne + Nagel aus, da es deren Profitabilität steigert.

Eine Deeskalation der Situation im Roten Meer, etwa durch eine Beilegung des Konflikts mit den Huthi, könnte jedoch zu einem weiteren Rückgang der Frachtraten führen. Sollte sich die Lage normalisieren und Schiffe die Region uneingeschränkt passieren können, rechnet die Bank of America gar mit Seefrachtraten auf dem Niveau von 2019. Der FBX erreichte damals Werte im Bereich zwischen 1230 und 1600 $.

Schweinezyklus auf den Weltmeeren

Hinzu kommen neue Kapazitäten durch zusätzliche Containerschiffe. Weltweit haben Reedereien angesichts steigender Gewinne eine Rekordzahl neuer Containerschiffe bestellt. Laut dem Schiffsberatungsunternehmen Braemar erreichte die Kapazität der georderten Schiffe im November 8,4 Mio. TEU (ein TEU: ein 20-Fuss-Standardcontainer) – der höchste Stand seit Beginn der Datenerfassung im Jahr 2000 und über dem bisherigen Rekord während der Pandemie.

Die grösste Bestellmenge entfällt auf die Mediterranean Shipping Company (MSC) mit 107 Schiffen, gefolgt von CMA CGM mit 103. Braemar-Analyst Jonathan Roach warnt vor Überkapazitäten, da das Angebot an Frachtraum laut dem Branchenverband BIMCO bis 2026 um 46% gegenüber 2019 steigen soll, während das Frachtaufkommen lediglich 22% zulegen dürfte. Verzögerungen beim Abwracken älterer Schiffe könnten das Problem verschärfen.

Auch politische Risiken, wie die Zolldrohungen der USA, könnten das Handelsvolumen belasten und damit die gesamte Logistikbranche unter Druck setzen. Neben Hafenstreiks und einem frühen chinesischen Neujahrsfest ist das der Grund, warum das vierte Quartal 2024 hinsichtlich des Containervolumens für den globalen Frachtmarkt eher ungewöhnlich war. Und es ist der Hauptgrund, warum auch das erste Quartal 2025 aus der Reihe tanzen wird. Aufgrund der erhöhten Unsicherheit wird ein Pufferbestand aufgebaut.

Bei Kühne + Nagel ist Geduld gefragt

Der gesamte Logistiksektor steht derzeit an der Börse unter Druck – mit einer bemerkenswerten Ausnahme: DSV. Durch die Übernahme von Schenker erhält das Unternehmen positive Impulse. Der Markt setzt auf Synergieeffekte, was sich in der Kursentwicklung widerspiegelt. Während die Aktien von DSV zulegen konnten, bleibt Kühne + Nagel deutlich zurück. Bis zum Sommer verlief die Kursentwicklung beider Unternehmen noch ähnlich.

Vielfach wird argumentiert, dass Kühne + Nagel in der Vergangenheit von Übernahmen der Konkurrenz profitiert hat. Dies war beispielsweise bei der Übernahme von Panalpina durch DSV der Fall. Ein weiteres Argument für die Aktien ist die derzeit attraktive Dividendenrendite, die deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von 3,5% liegt.

Auch die Bewertung ist nicht anspruchsvoll. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Schätzungen für die nächsten zwölf Monate, liegt mit 20 unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre.

Gian Marco Werro von der ZKB hält Kühne + Nagel derzeit für unterbewertet: «Meines Erachtens unterschätzt der Markt die potenziellen Profitabilitätssteigerungen in der See- und Luftfracht, die sich voraussichtlich im Jahr 2025 materialisieren werden (Ebit pro Container oder Ebit pro 100 kg Luftfrachtvolumen).»

«Die Bewertung erachte ich aktuell als fair, könnte mir jedoch vorstellen, dass sie noch weiter zurückgeht», warnt hingegen Marc Strub von der Privatbank Reichmuth & Co. Eine Investition wird für den Fondsmanager dann interessant, wenn auf der einen Seite eine klare Stabilisierung der Frachtraten erkennbar ist und auf der anderen mehr Klarheit über mögliche Zölle besteht.

Meiner Ansicht nach ist Abwarten die derzeit die sinnvolle Devise.

Freundlich grüsst im Namen von Mr Market

Manuel Boeck

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