Peking kritisiert die neuen US-Zölle von 10 Prozent auf chinesische Importe zwar, verzichtet jedoch auf Gegenmassnahmen – zumindest vorerst.
China hat zunächst vergleichsweise zurückhaltend auf Trumps Strafzölle reagiert. Das Handelsministerium kritisierte die Massnahme in einer am Sonntagmittag (Ortszeit) veröffentlichten Mitteilung. China bedauere die Entscheidung und lehne sie entschieden ab. Zudem werde man die notwendigen Gegenmassnahmen ergreifen, um die eigenen Rechte und Interessen zu schützen. Das Ministerium kündigte an, Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die Zölle einzureichen.
Der US-Präsident Donald Trump hatte am Samstag Strafzölle auf Importe aus China, Kanada und Mexiko in Kraft gesetzt. Einfuhren aus Kanada und Mexiko werden mit einem Aufschlag von 25 Prozent belegt, Importe aus China mit 10 Prozent. Trump begründete die Massnahme mit der «grossen Bedrohung durch illegale Einwanderer und tödliche Drogen, die unsere Bürger töten, einschliesslich Fentanyl».
Anders als Kanada und Mexiko, die Gegenzölle ankündigten, verzichtet Peking jedoch bis jetzt auf konkrete Gegenmassnahmen, die über die WTO-Klage hinausgehen. Die WTO-Regeln untersagen, dass Zölle als Druckmittel eingesetzt werden. Allerdings ist die WTO derzeit nur eingeschränkt handlungsfähig, unter anderem weil die USA ihre Zustimmung zur Ernennung neuer Richter für das oberste WTO-Gericht verweigern. Zudem blockieren sich China und die USA gegenseitig.
Schärfere Reaktion könnte nach Neujahrsfest folgen
Für Pekings verhaltene Reaktion gibt es mehrere Erklärungen. Zum einen wird in China in diesen Tagen das Neujahrsfest gefeiert. Es ist das höchste Familienfest, vergleichbar mit Weihnachten im Westen. Die nationalen Feiertage rund um das Fest dauern noch bis Dienstag. Das wirtschaftliche und politische Leben steht in dieser Zeit weitgehend still. Es ist durchaus möglich, dass in der kommenden Woche noch eine schärfere Reaktion folgt.
Zum anderen gehen Experten davon aus, dass China den US-Zöllen nur wenig entgegensetzen kann oder will. «China will sich nicht mit dem stärksten Gegner anlegen», sagte der China-Kenner Jörg Wuttke, Partner der US-Strategieberatung DGA Group, jüngst im Interview.
Als Gründe nennt er die grosse Abhängigkeit Chinas von den USA und die derzeitige Wachstumsschwäche der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt. Chinesische Unternehmen hatten 2024 Waren im Wert von 525 Milliarden Dollar in die USA exportiert, wie aus Daten der chinesischen Zollbehörde hervorgeht.
Experte hält Deal zu Fentanyl für möglich
Wuttke hält einen Deal zu Fentanyl durchaus für möglich. «Chinas Staatsführung könnte die Ausfuhr relativ schnell unterbinden», sagte er. Trump hatte die nun erhobenen Zölle ausdrücklich mit dem Thema Fentanyl in Verbindung gebracht. Wichtige Grundchemikalien für die Produktion des Suchtmittels stammen aus China.
Peking hatte 2022 als Reaktion auf den Taiwan-Besuch von Nancy Pelosi, der damaligen Speakerin des amerikanischen Repräsentantenhauses, die Zusammenarbeit mit den USA bei der Bekämpfung der Ausfuhr von chemischen Grundstoffen zur Produktion des Suchtmittels gestoppt. Erst 2024 wurde die Kooperation wiederbelebt.
Auf dem Höhepunkt der Fentanyl-Krise 2023 starben mehr als 74 000 Menschen in den USA an einer Überdosis des synthetischen Opioids. In den vergangenen Monaten ging die Zahl der Fentanyl-Toten in den USA zurück. Als ein Grund gilt die geringere Verfügbarkeit des Opioids. Ob dies mit der Wiederaufnahme der Kooperation zwischen China und den USA zusammenhängt, ist jedoch unklar.
Das chinesische Handelsministerium verwies in seiner Mitteilung auf die strengen Anti-Drogen-Gesetze in China und deren strikte Durchsetzung. Fentanyl sei ein Problem der Vereinigten Staaten, heisst es.
Trump hatte im Wahlkampf Zölle von mindestens 60 Prozent auf chinesische Importe angedroht. Aus Furcht vor neuen Zöllen haben viele Firmen in den USA vor Trumps Amtsantritt ihre Lager mit Waren aus China aufgefüllt. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte er Zölle auf bestimmte Waren eingeführt. Präsident Joe Biden hatte den Kurs beibehalten und hohe Strafzölle auf bestimmte chinesische Importe wie E-Autos verhängt.
In der Erwartung steigender Zölle hatte eine ganze Reihe chinesischer Unternehmen Investitionen in Ländern der nordamerikanischen Freihandelszone USMCA, allen voran Mexiko, eruiert. Insbesondere Autobauer wie BYD planten dort den Aufbau von Fabriken. Mit den Strafzöllen in Höhe von 25 Prozent für Importe aus Mexiko stehen diese Investitionen nun infrage.