Gründungschefin Anja Mikus lässt mehr als die Hälfte des Kapitals aktiv steuern. Bei Nvidia und bei Immobilien ist sie dagegen vorsichtig. Das Ergebnis zeigt, dass der Kenfo als Verwalter des Generationenkapitals gut geeignet ist.

Bei der Vorstellung der Jahresbilanz am Mittwoch gab die Gründungschefin des deutschen Staatsfonds Kenfo eine Warnung für Anleger aus. «Angesichts fortdauernder Unwägbarkeiten hinsichtlich Zinssenkungshoffnungen, die vielleicht enttäuscht werden, hoher Bewertungen von Technologieaktien, der Energiepreisentwicklung und geopolitischer Spannungen könnten die Kapitalmärkte in der zweiten Jahreshälfte korrigieren», sagte die Vermögensverwalterin, die zuvor bei Fondsgesellschaften wie Allianz Global Investors und Union Investment leitend tätig war. «Auf alle Fälle bleiben sie volatil», fügte Mikus hinzu.

Der Kenfo hat bereits Konsequenzen aus der Einschätzung gezogen. «Technologieaktien sind hoch bewertet», sagte Mikus. «Wir haben unser Engagement bei Nvidia nach dem sehr starken Kursanstieg reduziert.» Per Ende 2023 lag Nvidia nur auf Rang 15 der grössten Aktienpositionen des Fonds mit einem Marktwert der Position von 62 Mio. €.

Zum Vergleich: Auf Rang eins der Liste prangt Microsoft mit einer mehr als doppelt so grossen Position von 137 Mio. €. Das Investment in den US-Softwarekonzern ist fast so gross wie das in deutsche Bundesanleihen (156 Mio. €; eine Übersichtstabelle zu den 25 grössten Aktienpositionen steht am Ende des Artikels).

Der Teilausstieg bei Nvidia könnte den Kenfo etwas Rendite kosten. Seit Jahresanfang hat die Aktie ihren Kurs mehr als verdoppelt. Trotzdem zeigt die Entscheidung, dass der Staatsfonds beherzt das Risiko steuert, was angesichts seiner Renditeziele angemessen ist.

Denn der Auftrag von Mikus und ihrem Team lautet nicht, die Rendite ohne Rücksicht auf Verlustgefahren zu maximieren. Im Vorjahr erzielte der Kenfo 11,5% Rendite auf das angelegte Kapital. Das war fast das Dreifache der Zielrendite von gut 4%. Seit Jahresanfang hat der Staatsfonds schon 5% Wertsteigerung erzielt und damit bereits im Sommer das Ziel für das Gesamtjahr übertroffen. Es gibt also keinen Grund für Mikus, bei Nvidia ein grösseres Risiko einzugehen, als dem Team vertretbar erscheint.

Skepsis des «Smart Money» bezüglich Nvidia wächst

Der Kenfo war mit seiner Vorsicht bei Nvidia sehr früh dran, befindet sich inzwischen aber in guter Gesellschaft. Hedgefonds haben in den vergangenen Wochen in grossem Stil Tech-Aktien verkauft, zeigen die Daten von Goldman Sachs. Manche Family Offices stellen auf defensive Werte um, auch wegen jüngster Schwächezeichen bei Tech-Aktien wie Nvidia. Die Kurskorrektur für teure Wachstumsaktien habe wohl erst begonnen, mahnte auch Vermögensverwalter Jens Ehrhardt Ende Juni.

Auch Pictet Asset Management kündigte am Mittwoch an, Gewinne bei Tech-Aktien mitzunehmen. Nvidia habe im bisherigen Jahresverlauf 31% zum Wachstum der Marktkapitalisierung des US-Leitindex S&P 500 beigetragen, sagte Chefanlagestratege Luca Paolini: «Das bereitet uns Unbehagen. Wir sind vorsichtig, was die Konzentration der Marktgewinne angeht, und reduzieren daher unsere Position in IT.»

Kenfo lauert auf fallende Immobilienpreise

Taktisch geschickt ging der Staatsfonds beim Aufbau des Immobilienportfolios vor. Die Zielquote beträgt 5%, dazu wird eine deutlich höhere Quote von 12% in Infrastrukturinvestments angestrebt. Bislang hat der Kenfo noch fast nichts in herkömmliche Immobilien investiert. Seit 2020 hatte der Fonds solche Käufe aufgeschoben, wegen der absehbar steigenden Zinsen – eine korrekte Einschätzung. Inzwischen sind die Immobilienpreise deutlich gefallen.

«Man muss nicht auf dem Höhepunkt der Preise investieren», sagte Mikus. «Das war eine taktische Entscheidung, das hat uns viel gebracht.» Auch 2023 habe der Kenfo nur sehr selektiv Immobilien gekauft. Das Team wartet darauf, dass Verkäufer von Portfolios ihre Preisforderungen weiter senken.

Eine Alternative, die der Kenfo nutzt, sind kotierte Immobilienverwalter. Deren Kurse sind seit dem Anstieg der Leitzinsen ab 2022 deutlich gesunken. Sieben der 25 grössten Aktienpositionen des Fonds sind solche Betonverwalter. Grösser ist nur die Gruppe der Tech-Aktien mit elf Einträgen.

Aktive Vermögensverwaltung statt Abbildung der Märkte

Mit ihrem Eingriff in das Portfolio zum Beispiel bei Nvidia und bei der Immobilienquote weichen Mikus und ihr Team von der reinen, akademischen Lehre ab, nach der es am besten ist, breit gestreut in den gesamten Aktienmarkt zu investieren und nicht gross von den Börsenindizes abzuweichen oder nach günstigen Einstiegsgelegenheiten zu suchen. Wenn solche Eingriffe aber zur Risikominderung geschehen, zum Beispiel ausgelöst durch eine stark gestiegene Unternehmensbewertung oder durch die Zinswende mit ihren Folgen am Immobilienmarkt, dann wirken sie sinnvoll und umsichtig.

Noch stärker missachtet Mikus die ökonomische Lehre von den effizienten Märkten, indem sie 55% des Kenfo-Kapitals von Fondsmanagern verwalten lässt. Der Norwegische Staatsfonds lässt dagegen nur einen kleinen Anteil des Kapitals aktiv von Fondsmanagern verwalten.

Der Erfolg gibt ihr hier recht. Die 26 beauftragten Vermögensverwalter haben ihren Vergleichsindex um durchschnittlich einen Prozentpunkt übertroffen. «Aktives Management lohnt sich bei bestimmten Anlagen», sagte Mikus. Für Marktsegmente, die im Blick vieler Investoren stehen, lohnt es eher nicht. «Für US-Standardwerte oder für globale Staatsanleihen brauche ich keinen Fondsmanager», sagt Mikus. «Aber für Small Caps, Hochzinsanleihen oder Investmentstile wie Growth oder Value.»

An seine Fondsmanager zahlt der Staatsfonds äusserst niedrige Gebühren. Die Kostenquote («Total expense ratio») beträgt nur 0,17%. Privatanleger zahlen häufig zehn Mal so hohe jährliche Verwaltungsgebühren, was die Überrendite der Fondsmanager meist mehr als aufzehrt. «Wir bekommen die für Grossanleger üblichen Gebühren und können als Staatsfonds nochmal nachverhandeln, weil ein Mandat von uns gut ist für die Reputation», sagt Mikus.

Gut geeigneter Verwalter für das neue Generationenkapital

Der Leistungsbericht des Kenfo zeigt, dass der Staatsfonds gut geeignet ist, um das geplante Generationenkapital für die Altersvorsorge zu verwalten. Das Risikomanagement ist agil, die Rendite stimmt. Ausserdem würde das Generationenkapital es einer grossen Zahl von Menschen erlauben, endlich zu den günstigen Konditionen vom Know-how der Fondsmanager zu profitieren, die für den Erfolg unerlässlich sind.

Die Aktienquote des Kenfo beträgt 46%. «Beim Generationenkapital könnten wir schon an die 80% gehen mit der Aktienquote», sagt Mikus. Dafür könne man das Aktienportfolio des Kenfo nehmen. «Die restlichen 20% könnten wir in Infrastruktur und Private Equity investieren. Wir brauchen ja zehn Jahre lang nichts auszuzahlen.»

Es bleibt also zu hoffen, dass das Gesetz für die Schaffung des Generationenkapitals nach der Sommerpause zügig Bundestag und Bundesrat passiert. Am besten ohne schädliche Detailauflagen f´ür die Verwaltung des Kapitals. Die Politik und das Team von Mikus haben bereits sehr sinnvolle Strukturen zur Vermögensverwaltung entwickelt. Diese gilt es nun einzusetzen.

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