Samstag, Dezember 21

Die Aktien des Telekommunikationsdienstleisters sind wegen einer Gewinnwarnung getaucht. Aber auch die hohe Dividendenrendite ist derzeit kein Kaufargument.

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Mit einem Kursverlust von 31% in weniger als einer Woche und 27% seit Jahresbeginn müssen sich die Aktionärinnen und Aktionäre von Mobilezone derzeit auseinandersetzen. Die Titel befinden sich auf einem Niveau, das letztmals im Januar 2021 erreicht wurde.

Der Schweizer Telekommunikationsdienstleister schockte die Börse kurz vor Weihnachten mit einer Gewinnwarnung. Er kassiert am vergangenen Freitag seine Finanzziele für 2024. Neu rechnet das Management mit einem Umsatz von 960 bis 990 Mio. Fr. und einem bereinigten Ebit von 52 bis 57 Mio.

Auf den ersten Blick hat mich die Kommunikationsstrategie überrascht: An den Konferenzen in diesem Jahr versprühte das Management laut Marktbeobachtern noch Zuversicht, dass alles in Ordnung sei. Entsprechend lag die reale Rendite – Kursveränderung und Dividende – der bei Dividendenjägern beliebten Aktien in diesem Jahr bis zuletzt bei gut 13%.

Das Management hat ein gutes Gespür bewiesen. In der zweiten Jahreshälfte 2024 verkauften Mitglieder in fünf Transaktionen Aktien im Wert von gut 3 Mio. Fr. auf einem attraktiven Kursniveau. Dem steht lediglich ein Aktienkauf von 450’000 Fr. gegenüber. Bei der Interpretation der Verkäufe ist jedoch Vorsicht geboten, weil es viele Gründe für einen kurzfristigen Liquiditätsbedarf gibt: ein Hauskauf, die Steuerrechnung, eine teure Scheidung oder eine Krankheit.

Das Management macht Tabula rasa

Mit der Gewinnwarnung von vergangener Woche habe das Management Tabula rasa gemacht, sagte mir Mark Diethelm, Analyst bei Vontobel. Was er damit meint: Der Nettoerlös im Geschäftsjahr 2024 wird mit Einmalkosten von rund 28 Mio. Fr. belastet, wovon 6 Mio. liquiditätswirksam sind.

Der Verlust im Zusammenhang mit Oppo-Smartphones – der Schweizer Distributor ging letztes Jahr in Konkurs – wurde beispielsweise für 2023 mit 1 Mio. Fr. verbucht, neu sind es noch 0,7 Mio. Fr. für 2024. Warum im ersten Halbjahr diesbezüglich nichts kommuniziert wurde, stösst im Markt auf Unverständnis. Dasselbe gilt für den Rechtsstreit mit einem Industriepartner in der Schweiz, der mit 1,8 Mio. Fr. zu Buche schlägt.

Markus Bernhard, Exekutiver Delegierter des Verwaltungsrats von Mobilezone, sagt im Gespräch mit The Market, dass die Einmaleffekte mit den Halbjahreszahlen noch nicht kommuniziert wurden, da diese mehrheitlich noch nicht bekannt oder von der Grössenordnung noch nicht einzuschätzen waren.

Und Bernhard bestätigt, dass die nicht liquiditätswirksamen IT-Abschreibungen von 17 bis 23 Mio. Fr. erst kürzlich beschlossen wurden. In der Schweiz werde man die Eigenentwicklungen für das ERP-System abschreiben, da man auf die Standardvariante zurückgehe. Ähnliches gilt für Onlineplattformen in Deutschland.

Corporate Governance von Mobilezone steht in der Kritik

Mit der Gewinnwarnung kommt Kritik am Vergütungssystem von Mobilezone auf, das als «managementfreundlich» bezeichnet werden kann. Die kurzfristige variable Vergütung hat im Jahr 2022 28% der Gesamtvergütung von 3,536 Mio. Fr. der vier Personen umfassenden Geschäftsleitung ausgemacht, letztes Jahr waren es noch 22% von 3,3 Mio. Fr. Diese hohe Entlöhnung wirft nun, angesichts der im Nachhinein bekannt gewordenen Berichtigungen, Fragen auf. Auch, weil der Nettoerlös neben dem Ebit und individuellen Zielen eine Messgrösse ist, die die Vergütung beeinflusst. Dabei muss der Gewinn den Zielwert nur um 15% übertreffen, damit das Management 200% der Vergütung zu erhält.

Ein weiterer Punkt, bei dem das Unternehmen schlecht abschneidet, ist die Aufgabenteilung: Roger Wassmer und Wilke Stromansind ab Juli 2024 Co-CEO von Mobilezone. Die entscheidende und öffentlich wahrnehmbare Stimme bleibt aber Markus Bernhard, der von 2014 bis 2024 CEO war und nun exekutiver Delegierter des Verwaltungsrats ist.

Gerade in der gegenwärtigen Situation, in der die Konsumentenstimmung in Deutschland auf das Geschäft schlägt und das Vertrauen der Investoren angekratzt ist, wäre eine klarere Positionierung bezüglich der Verantwortlichkeiten wünschenswert. Hier wäre auch der Verwaltungsratspräsident Olaf Swantee gefordert, der sich im Hintergrund hält.

Der Deutschland-Case wackelt

Mit Blick auf das Deutschlandgeschäft wird Diethelm deutlich: Es ist und bleibe schwierig. «Im Onlinegeschäft zieht der billigste Preis, da funktionieren vor allem Aktionen, weil Vergleiche sehr einfach sind. Deshalb und weil die Konkurrenzsituation noch intensiver wurde, ist dieses Geschäft in Deutschland nur noch bedingt interessant, da es zusätzlich auch noch Kapital bindet.» Einzig das MVNO-Geschäft mit High – dem Mobile Virtual Network Operator – funktioniere und sei von der Marge her interessant.

Die Schweiz bleibt für Mobilezone der stabilisierende Faktor: Auch mit dem Ladennetz lässt sich eine deutlich bessere Marge erzielen als in Deutschland. Für die Schweiz wird für 2024 ein Anstieg der Ebit-Marge auf 12,5% (Vorjahr: 11,7%) erwartet. In Deutschland dürfte die Ebit-Marge zwischen 3,1 und 3,3% liegen (Vorjahr: 4,2%).

Auch ZKB-Analyst Gian Marco Werro zeigt sich in einer Studie von Anfang Woche überrascht über die Sanierungskosten und das Ausmass der Schwäche in Deutschland. «Der lange Atem von Ceconomy und die gestiegene Verhandlungsmacht von Onlinevergleichsportalen wie Check24 sollten nicht unterschätzt werden.» Werro rät vom Kauf der Aktien ab, bis das Unternehmen seine Stärke vor allem in Deutschland wieder unter Beweis stellen kann. Einen fairen Wert sieht der ZKB-Analyst bei 11 Fr.

Wie sicher sind die Dividenden?

Für die Anleger ist angesichts der Gewinnwarnung entscheidend, wie es mit der Dividende weitergeht, die Aktien waren auch wegen ihrer Ausschüttung beliebt. «Basierend auf einer soliden Bilanz, stabilen Cashflows und einer gesicherten, günstigen Finanzierung soll das Investitionsprogramm fortgesetzt und eine attraktive Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden», heisst es im Geschäftsbericht für das Jahr 2023. Mobilezone plant, jeweils 60 bis 80% des konsolidierten Gewinns als Dividende an die Aktionäre auszuschütten.

Die Dividende soll vorerst nicht angetastet werden und 2024 bei 0.90 Fr. liegen, was auf dem gegenwärtigen Kursniveau einer Dividendenrendite von knapp 9% entspricht. Allerdings wird der freie Cashflow 2024 nicht ausreichen, um die Dividende zu decken, was nicht nachhaltig ist. Und auch im nächsten Jahr könnte es knapp werden, die Dividende aus dem operativen Cashflow zu bezahlen, der gemäss ZKB über 39 Mio. Fr. liegen müsste. «Abhängig von den Unternehmensergebnissen beabsichtigen wir, die für 2025 die bisherige Dividendenkontinuität weiterzuführen», sagte mir Markus Bernhard.

Die Unsicherheit bezüglich der Dividende, die Probleme mit der Corporate Governance und die Schwäche in Deutschland sind Gründe, die gegen einen Kauf der Aktien sprechen. Auch die Bewertung ist nur scheinbar attraktiver geworden: Die Gewinnschätzungen sind noch zu hoch, die Kennzahlen entsprechend zu tief. Bis zum 7. März 2025, wenn das Unternehmen eine neue Zielmarge pro Segment kommunizieren will, ist ein Verweilen an der Seitenlinie wohl keine schlechte Strategie.

Freundlich grüsst im Namen von Mr Market

Manuel Boeck

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