Mittwoch, Oktober 2

«Emily in Paris» langweilt in der neuen Staffel mit ewig andauerndem Liebeskummer, platten Pointen und Looks, die keiner tragen will. Bis sie endlich in den neu erschienenen Folgen nach Rom versetzt wird.

Wer die ersten Folgen der neuen Staffel von «Emily in Paris» schaut, kann eigentlich nur zum dem Schluss kommen, dass der Plot um die Amerikanerin in Paris nicht mehr funktioniert. Selbst wenn man dem Eskapismus zugeneigt ist oder die Serie geschaut hat, um sich selbst bei so viel Naivität ein wenig erhabener zu fühlen: Sämtliche Klischees rund um die Liebe, die Modewelt und die französische Hauptstadt sind abgenutzt. Zusammenfassung gefällig? In der vierten Staffel dreht sich immer noch alles um die komplizierten Liebesgeschichten der Marketingexpertin mit dem Briten Alfie, Banker, und dem Franzosen Gabriel, Koch. So weit, so langweilig.

In der zweiten Tranche der vierten Staffel, die soeben auf Netflix erschienen ist, geht es weiter mit Emilys Ausflug in den Nobelskiort Megève, wo sie erneut die ganze Zeit von Liebeskummer geplagt ist, von einem Outfit ins nächste schlüpft – und von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt.

Nicht mehr lustig

Symbolisch für die Amerikanerin in Paris ist dann auch ihr blinkender Weihnachtspullover, den sie im schicken Chalet der Eltern von Freundin und Rivalin Camille trägt und für den sie ein Naserümpfen erntet. Ein anderes Mal steht sie auf dem Dorfplatz des französischen Skiorts von Kopf bis Fuss in Lammfell gekleidet und bemerkt, dass sie hier alles an ihren Lieblingsfilm «The Sound of Music», auf Deutsch: «Meine Lieder – meine Träume», erinnere. Die Antwort von Gabriel: «Dieser Film spielt in Österreich!» Ist das lustig? Nein. Denn es gab im Verlauf der Staffeln dieser Serie schon genügend solcher Szenen, als dass man sich noch darüber amüsieren mag.

«Emily in Paris» polarisierte zwar von Beginn weg: «Ich hasse diese Show!», schrieb 2020 etwa die Paris-Korrespondentin des «New Yorker». Doch genau solche Kommentare, die in den sozialen Netzwerken geteilt wurden, heizten den Erfolg der ersten Staffel nur weiter an. Während der Pandemie, als Streaming essenziell wurde fürs alltäglich-langweilige Leben, weckte Emily mit ihren knalligen Kleidern, die immer ein wenig danebenlagen, und der übertriebenen Begeisterung für ein simples Croissant das Publikum aus dem Komazustand, in dem es sich befand.

Das Problem ist nun allerdings, dass die Serie in all diesen Klischees steckengeblieben ist; seien es ein übertriebener Barbarella-Look, in dem sie durch Paris schlendert, die Béret-Mützen, die sie auf dem Kopf trägt, oder das zur Schau getragene Unwissen über die Welt.

«Vergiss Crêpes, jetzt gibt es Pizza!»

Gut also, wird Emily in den letzten beiden Folgen der Staffel endlich nach Rom versetzt. Hier, wo sie sich ein wenig neu erfinden darf, nimmt die Serie Fahrt auf. Zunächst auf einer Vespa, mit der sie ihr neuer Flirt Marcello empfängt. Gemeinsam brausen sie durch die Stadt.

Man wähnt sich in einem endlosen Videoclip, der alles ausblendet, was Rom gerade unerträglich macht: die Menschenmassen, überfüllte Strassen und weniger gestylte Touristen als Emily. Doch das ist sehr okay, man soll es ja schön haben in dieser Serie, und in Italien wird das nun endlich wieder deutlich. Emily geniesst alles, was gut ist: In Zeitlupe speist sie Rigatoni in Tomatensauce, Burrata und Tiramisu. Sie passiert das Kolosseum im güldenen Licht und wirft Münzen in den Trevi-Brunnen, den Emily und Marcello ganz für sich allein haben.

Von Paris erlöst

Anstelle langer Dialoge und schlechter Pointen läuft im Hintergrund der Szenen «Mambo Italiano», und es gibt Referenzen zu Filmen wie «La Dolce Vita». Emily ist von Paris erlöst, und auch die Mode wird besser: Für ihren Ausflug nach Solitano trägt sie den neuzeitlich adaptierten Look von Audrey Hepburn in «Roman Holiday» mit weisser Bluse und kariertem Halstuch und sieht darin bezaubernd und nicht irritierend aus.

Was die Römer nun von all dem halten werden, wird sich zeigen. Denn natürlich wimmelt es auch hier wieder von Klischees. Vielleicht tut es ihnen aber auch gut, ihre geplagte Stadt wieder in einem anderen Licht zu sehen. Nur: Möge die Serie bloss nicht noch mehr Touristen nach Rom bringen.

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