Mittwoch, Oktober 2

Die Bilder aus Wien sehen ziemlich schlimm aus.

Ich bin hier aufgewachsen, aber ich habe die Stadt noch selten so gesehen. Die letzten vergleichbaren Hochwasser gab es 2002 und 2013.

Dabei wurde die Donau eigentlich schon vor 150 Jahren reguliert, um Hochwasserschäden zu verhindern. Und in den 1970er Jahren hat Wien sogar eine eigene Insel extra zum Hochwasserschutz aufgeschüttet. Warum mussten also trotzdem Autobahn- und U-Bahn-Strecken gesperrt werden?

Die Donau ist zwar der bekannteste Fluss, der durch Wien fliesst. Das Problem bei diesem Hochwasser war aber vor allem dieser Fluss hier – der Wienfluss. Der entspringt hier im Westen, im Wienerwald, und fliesst in den Donaukanal, in einen Nebenarm der Donau.

Den Wienfluss als «Fluss» zu bezeichnen, ist normalerweise übertrieben. Wenn es trocken ist, fliessen hier 200 Liter Wasser pro Sekunde – 0,2 Kubikmeter. Ungefähr eine Badewanne voll. In der Stadt sieht das dann eher wie ein Rinnsal aus, so zum Beispiel. Dieses Wochenende hat der Wienfluss aber so ausgesehen.

Der Wienfluss ist eigentlich auf Hochwasser vorbereitet: Er wurde um 1900 begradigt und in ein tiefes gepflastertes Bett gelegt.

Die Baumassnahmen hat man damals übrigens gleich dazu genutzt, eine Stadtbahn zu bauen. Heute ist das die U-Bahn, und die kann jetzt nicht fahren, weil Wasser auf die Gleise schwappt – aber das nur am Rande.

Der Wienfluss hat nicht nur sein Bett, sondern auch eine Hochwasserschutzanlage, hier an der Stadtgrenze, in Hadersdorf, mit sieben Rückstaubecken. Diese können mehr als eine Million Kubikmeter Wasser zwischenlagern. Aber spätestens wenn sie einmal voll sind – und das war dieses Wochenende der Fall –, dann muss das Wasser in den Donaukanal.

Und da ist das Problem: Normalerweise fliesst das Donauwasser durch den Hauptarm und durch den Donaukanal durch Wien. Wenn der Wasserstand hoch ist, wird hier bei Nussdorf der Zufluss von der Donau in den Donaukanal gestoppt, damit die Innenbezirke nicht überflutet werden.

Dafür drängt weiter flussabwärts, bei Freudenau, dort wo sich Donaukanal und Donau wieder treffen, das Wasser von der Donau in den Kanal hinein und verursacht einen Rückstau. Dieser Rückstau reicht bis in die Innenstadt.

Genau da kommt aber auch noch das viele Wasser aus dem Wienfluss in den Donaukanal. Weil der aber schon so voll ist, kann das Wasser nur langsam abrinnen.

Exit mobile version