Dienstag, November 26

Die Initianten träumen vom Weg direkt am See, Kritiker sehen Eigentumsrechte verletzt. Die wichtigsten Antworten zur Abstimmung über die Uferinitiative.

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Zürichsee soll bis zum Jahr 2050 ein durchgehender Spazierweg direkt entlang des Ufers gebaut werden. Dies verlangt eine Volksinitiative, über die am 3. März abgestimmt wird. Der Weg würde auch durch private Grundstücke führen. Vor allem deshalb ist die Vorlage umstritten.
  • Die Finanzierung soll der Kanton übernehmen. Der Regierungsrat schätzt die Kosten auf bis zu 460 Millionen Franken.
  • Die Regierung und der Kantonsrat sowie FDP, SVP und EDU lehnen die Initiative ab; SP, Grüne, GLP, EVP und AL stimmen ihr zu. 

Direkt entlang des Zürichsees soll bis zum Jahr 2050 ein durchgehender Uferweg gebaut werden. Dies verlangt ein linkes Initiativkomitee um die frühere SP-Politikerin Julia Gerber Rüegg aus Wädenswil.

Mit dem Weg, der auch durch private Grundstücke führen würde, soll der Zugang zum See für die Bevölkerung erleichtert werden. Bereiche mit ökologisch wertvollen und geschützten Ufern sollen erhalten bleiben und der Weg dort über Stege oder von der Uferlinie abgesetzt führen.

Mit rund 26 Kilometern ist die Hälfte des Uferwegs bereits gebaut, auf 12,4 Kilometern verläuft der Weg auf dem Trottoir entlang der Seestrasse. Dazu kommen zahlreiche öffentliche Parks und Badeanstalten. Lücken auf dem Wegnetz entlang des Sees bestehen auf einer Länge von insgesamt 12,6 Kilometern.

Die Regierung rechnet mit Kosten von 370 bis 460 Millionen Franken, ein Gutachten geht gar von einer halben Milliarde Franken aus. Die Kosten für die Lückenschliessung soll der Kanton übernehmen.

Für den Bau des Spazierwegs und die ökologischen Aufwertungen fallen lediglich 38 Millionen Franken an. Den grössten Posten machen gemäss der Regierung die Kosten für den Erwerb von privaten Grundstücken und die Entschädigung der Eigentümer aus. Es ist ausserdem davon auszugehen, dass zahlreiche Landbesitzer den Rechtsweg beschreiten werden, sollten sie ihr Land unfreiwillig hergeben müssen.

Gewässer seien öffentlich – und deshalb müssten sie frei zugänglich sein, so argumentieren die Befürworter. Fast das gesamte Ufer des Zürichsees ist aufgeschüttet. Es handelt sich um sogenanntes Konzessionsland, das mit zahlreichen Auflagen belegt ist. Die Initianten argumentieren, dass Eigentümer am See in den meisten Fällen Land zugunsten des Seeuferwegs abtreten müssten, ohne dafür entschädigt zu werden. Weil das öffentliche Interesse am Seeuferweg überwiege, sei das Eigentumsrecht der Grundstückbesitzer eingeschränkt.

Die von der Regierung angeführten hohen Kosten als Entschädigung für die Grundstückbesitzer bezeichnen die Befürworter als Drohkulisse. Sie gehen davon aus, dass «überhöhte Forderungen» von Eigentümern vor Gericht keine Chance haben.

Ein durchgehender Seeuferweg, so sind sich die Befürworter sicher, werte das Ufer ökologisch auf, der Lebensraum von Pflanzen und Tieren werde erweitert und geschützt. Sie verweisen auf den Uferweg zwischen Wädenswil und Richterswil, der vorbildhaft sei: Dieser zeige, dass Naturschutz und Erholung sich nicht ausschliessen müssten.

Für die Gegner ist die Forderung nach einem durchgehenden Seeuferweg schlicht unnötig. Bereits heute sei das Ufer des Zürichsees für die Öffentlichkeit weitgehend gut erschlossen. Wo möglich soll es weiter aufgewertet werden, ohne privates Eigentum einzuschränken.

Ein öffentlicher Weg durch private Grundstücke ist aus Sicht der Gegner ein massiver Eingriff in die Eigentumsrechte. Dies verletze einen Grundpfeiler der demokratischen Gesellschaft. Der Seeuferweg hätte, da sind sich die Gegner sicher, nicht gerechtfertigte Enteignungen zur Folge. Die hohen Kosten – rund 40 Millionen Franken pro Wegkilometer – seien zudem unverhältnismässig.

Die Gegner argumentieren, dass der Weg nicht zum Nutzen der Natur sei, sondern ihr im Gegenteil schaden würde. Der See sei schon heute stark beansprucht, Littering und Lärm seien ein Problem. Ein durchgehender Weg gefährde wertvolle Lebensräume und schade der Biodiversität.

Bürgerliche lehnen Seeuferweg ab

Die NZZ lehnt die Volksinitiative ab. Für die Bevölkerung ist der Zürichsee gut erschlossen: mit öffentlichen Parks, Badeanstalten und Spazierwegen. Bereits heute sind im kantonalen Strassengesetz jährlich 6 Millionen Franken für Aufwertungsprojekte am Seeufer reserviert. Will der Kanton die Initiative durchsetzen, muss er zahlreiche Grundstückbesitzer enteignen. Das ist stossend und unverhältnismässig. Die hohen Kosten, um die Weglücken mit der Initiative zu schliessen, wiegen den Nutzen bei weitem nicht auf. Der Seeuferweg würde zum teuersten Spazierweg aller Zeiten.

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