Montag, Dezember 23

Zum Jahreswechsel dreht die Redaktion von The Market den Spiess für einmal um. Statt andere zu interviewen, lassen wir uns befragen und sagen, was die Finanzmärkte im neuen Jahr erwartet, wie sich Anleger am besten positionieren und mit welchen zehn Aktien wir uns auf die einsame Insel verabschieden würden.

Wenn wir bei The Market nach Themen für unsere Artikel suchen, orientieren wir uns stets an den Fragen, die unsere Leserinnen und Leser am meisten interessieren. Damit konfrontieren wir dann unser Netzwerk an Fachleuten.

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Für den Jahreswechsel haben wir uns entschieden, den Spiess für einmal umzudrehen. Statt andere zu fragen, lassen wir uns befragen. Inspiriert wurden wir dabei vom kanadischen Analysehaus BCA Research, das jeweils Ende Jahr Besuch vom fiktiven Abonnenten Mr. X erhält, der das Team mit Fragen löchert.

Wie schon Ende 2023, 2022 und 2021 haben also auch wir Besuch eines Mr. X erhalten, der sich bei uns erkundigt hat, wie sich Börsen, Inflation und Zinsen entwickeln werden und wo wir attraktive Anlagemöglichkeiten orten.

Wir hoffen, dass Ihnen das Format gefällt, und wünschen Ihnen und Ihren Liebsten frohe Festtage.

Liebes Team von The Market, schon vor einem Jahr ging der Konsens davon aus, dass der US-Wirtschaft eine weiche Landung gelingen würde, während Sie immer noch vor einer Rezession warnten. Wann werfen Sie das Handtuch?

In der Tat ist ein Abschwung der US-Wirtschaft bisher ausgeblieben. Trotzdem senkt die US-Notenbank bereits die Zinsen, und die Agenda des neuen, alten US-Präsidenten enthält viele Wachstumsimpulse. Es ist also gut möglich, dass dem Fed eine weiche Landung gelungen ist, was bisher fast nie vorgekommen ist. Die Achillesferse für das Programm von Trump sind allerdings die Zinsen. Viele seiner Massnahmen wirken inflationär und schränken so den Spielraum des Fed für Zinssenkungen ein. Die Renditen für länger laufende US-Staatsanleihen sind denn auch bereits gestiegen.

Nachdem Trump den Hedge-Fund-Manager Scott Bessent zum Finanzminister ernannt hatte, ging ein Aufatmen durch Wallstreet. Unter ihm dürfte das Defizit nicht ausufern.

Bessent hat im Gegensatz zu anderen Nominationen von Trump nicht für Irritation gesorgt und dürfte vom Senat reibungslos bestätigt werden. In einer Rede vor dem Think Tank Manhattan Institute hat er im Sommer für den Abbau des Haushaltsdefizits von 6 auf 3% der Wirtschaftsleistung bis 2028 plädiert. Dazu sollen Teile des von der Biden-Regierung beschlossenen Inflation Reduction Act rückgängig gemacht werden. Das sind Töne, die man nach Trumps erster Amtszeit nicht unbedingt erwartet hätte. Damals nahm das Defizit wegen der – auch diesmal geplanten – Steuersenkungen und hoher Ausgaben deutlich zu.

Dann ist die Furcht vor höheren Zinsen also unbegründet?

Nicht unbedingt. Wie gesagt, viele von Trumps Ideen wirken inflationär. Marko Papic von BCA Research geht zudem davon aus, dass viele Unternehmen in Erwartung höherer Zölle die Lager aufstocken werden, was das Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr befeuert und die Zinsen höher treiben könnte. Ähnlich argumentiert Michael Hartnett von Bank of America, der für Anfang Jahr einen US-Boom mit einem entsprechenden Anstieg der Treasury-Renditen auf 5% oder höher voraussagt.

Es gibt derzeit kaum einen Strategen, der angesichts der Aussicht auf die wirtschaftsfreundlichen Reformen von Trump nicht US-Aktien empfiehlt. Könnten die Zinsen zum Spielverderber werden?

So argumentieren zumindest Papic und Hartnett. Letzterer geht davon aus, dass das Fed angesichts des stattlichen Wachstums und der hartnäckigen Inflation den Fuss vom Gaspedal nehmen muss und vielleicht sogar restriktiver wird. Das wiederum könnte der Startschuss für sinkende Treasury-Renditen und für ein besseres Abschneiden der Börsen im Rest der Welt sein.

Wirklich? Auf ein Comeback von Europa warten viele Anleger schon lange. Was braucht es, damit der Alte Kontinent endlich vom Fleck kommt?

Unter Strategen herrscht Einigkeit darüber, dass es einen grösseren Impuls aus Europa geben muss, damit internationale Investoren die Aktien des Alten Kontinents wiederentdecken. Viele hoffen auf einen Ruck, der dank der Wahl Trumps durch Europas Politik gehen könnte und in dessen Zuge lange vernachlässigte Reformen wie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in Angriff genommen werden.

Ist das realistisch?

Ein Anstoss könnte zum einen von der neuen deutschen Regierung kommen, sofern sie angebotsorientierte Reformen in Angriff nimmt. Fondsmanager wie Stuart Mitchell hoffen zum anderen auf die Umsetzung des Reformplans des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi, der nicht nur für Wachstumsimpulse sorgen würde, sondern auch neue Wachstumskräfte freisetzen könnte.

Europas Politik steht doch eher für ein Festhalten am Status quo.

Selbst in diesem Fall könnte der Alte Kontinent wiederentdeckt werden, wenn auch wohl nur für eine mehr oder weniger lange Gegenbewegung. Michael Hartnett verweist auf die im Vergleich zu den USA attraktiven Finanzierungsbedingungen in Europa, die sich gegen Mitte des Jahres ergeben dürften. Eine wichtige Rolle spielen dabei eine schwache Währung, aggressive Zinssenkungen der EZB als Reaktion auf Trumps Zölle und ein niedrigerer Ölpreis, während das Fed gleichzeitig vorsichtiger wird.

Ein europäischer Index, der dieses Jahr sehr gut abgeschnitten hat, ist der Dax, obwohl die deutsche Wirtschaft lahmt und die Regierung gescheitert ist. Woran liegt das?

Kurz gesagt: an SAP. Das Softwareunternehmen ist für rund die Hälfte der diesjährigen Dax-Avance verantwortlich. Es macht inzwischen 15% des Index aus, was das maximale Gewicht für einen Titel ist. Seit Anfang Jahr liegen die Valoren fast 70% im Plus. Doch auch die weiteren Schwergewichte Siemens, Allianz, Deutsche Telekom und Airbus, die zusammen mit SAP rund die Hälfte des Index ausmachen, haben ein gutes Jahr hinter sich. Demgegenüber liegt fast die Hälfte der Dax-Gesellschaften auf Jahressicht im Minus, ganz zu schweigen von den ungeliebten und niedrig bewerteten kleineren Unternehmen jenseits des Dax.

Was braucht es, damit auch diese Aktien Fahrt aufnehmen können?

Ein grosses Konjunkturpaket in China würde helfen, vor allem wenn es den Konsum ankurbelt und so auch ausländischen Marken hilft. Denn für viele deutsche Unternehmen wie Volkswagen oder BASF ist die Volksrepublik der grösste Absatzmarkt. Helfen würden auch weitere Zinssenkungen der EZB sowie ein schwächerer Euro, da die deutsche Wirtschaft stark exportlastig ist. Viele hoffen zudem auf die deutsche Politik.

Was wünschen Sie sich von der neuen deutschen Regierung?

Gerade ausländische Investmentstrategen würden es als positives Signal auffassen, wenn Berlin die Schuldenbremse reformiert, um mehr Investitionen zu ermöglichen. Der Sparkurs Deutschlands, der konträr zur Politik anderer Euromitgliedstaaten steht, findet international wenig Verständnis. Helfen würden zudem eine Strategie zur Senkung der hohen Energiekosten, ein Abbau der überbordenden Bürokratie sowie Investitionen in die Infrastruktur, die Bildung und die Rüstung. Sinnvoll wäre eine Anpassung der Steuersätze an die Inflation, um die unverhältnismässig hohe Belastung mittlerer Einkommensgruppen zu senken. Viele Anlagestrategen hoffen ferner auf sinkende Unternehmenssteuern. Mehr Anreize zum Arbeiten im Sozialsystem und beim Bürgergeld wären aus Börsensicht ebenfalls positiv.

Der japanische Nikkei 225 zählt dieses Jahr zu den stärksten Indizes, allerdings ging ein Teil der Performance auf das Konto des schwachen Yens. Stehen Sie weiterhin zu Ihrer Empfehlung für Japan?

Wir haben Japan über die Jahre wiederholt empfohlen, und zwar aus strukturellen Gründen, die weiterhin intakt sind. In den letzten Jahren sind viele Unternehmen aktionärsfreundlicher geworden: Sie achten nicht nur vermehrt auf ansprechende Margen und Kapitalrenditen, sondern führen auch einen Teil ihrer hohen Cash-Bestände über Dividenden und Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurück. Trotzdem sind die Bilanzen der meisten Unternehmen weiterhin kerngesund, und die Bewertung ist niedriger als in den USA.

Und der Yen?

Gemessen an der Kaufkraftparität ist die japanische Valuta spottbillig, und seit sich die Bank of Japan von der Negativzinspolitik verabschiedet hat, zeigen sich Anzeichen einer Bodenbildung zum Dollar und zu anderen Währungen, die allerdings noch nicht abgeschlossen ist. Immerhin scheint der fast freie Fall gestoppt, und obwohl der Yen nicht mehr schwächer wurde, haben japanische Aktien im zweiten Halbjahr zumindest nicht an Terrain eingebüsst.

Sie haben wiederholt Bergbau- und Ölwerte empfohlen, die dieses Jahr einmal mehr enttäuscht haben. Bleiben Sie dabei?

Die Schwäche der chinesischen Wirtschaft hat den Rohstoffsektoren bestimmt nicht geholfen. Allerdings sind die grundlegenden Kräfte, die für höhere Rohstoffpreise sprechen, nach wie vor intakt. Die Nachfrage nach Metallen wird wegen der Dekarbonisierung der Wirtschaft zunehmen, und auch Öl wird wegen des Wachstums in den Schwellenländern weiter nachgefragt. Gleichzeitig haben Minen- und Ölkonzerne wegen niedrigerer Rohstoffpreise und zunehmender ESG-Zwänge kaum in die Erkundung und die Erschliessung neuer Vorkommen investiert. Beides zusammen spricht für langfristig höhere Kurse, wobei Öl wegen Trumps Deregulierung der Ölindustrie vorerst unter Druck stehen könnte. Helfen würde ein grösseres Konjunkturpaket in China, das bisher allerdings nicht absehbar ist. Bislang tendiert die Regierung zu kleinen Schritten.

Wie geht es mit China weiter?

Michael Hartnett erwartet als Reaktion der chinesischen Regierung auf die «America First»-Politik von Trump ein grösseres Konjunkturpaket. Für Marko Papic war die Verlautbarung der Parteiführung von Ende September, die Wirtschaft stabilisieren zu wollen, vergleichbar mit der «Whatever it takes»-Rede von Mario Draghi im Juli 2012. Wie damals werde die Bedeutung des Ereignisses erst im Nachhinein erkannt. «In zwölf Monaten werden wir rückblickend feststellen, dass all diese kleinen Ankündigungen, die immer wieder enttäuschten, sich zu einem bedeutenden Wandel summiert haben», sagte er kürzlich im Interview. Damit sei die Parteiführung von ihrem Austeritätskurs abgekommen.

Zurück zu den US-Börsen, die den Weltaktienindex dominieren. Werden die Magnificent Seven – also Amazon, Alphabet, Apple, Microsoft, Meta, Tesla und Nvidia – die Indizes weiter antreiben, oder übernehmen andere Sektoren die Führung?

Die Wachablösung hat zum Teil schon stattgefunden. Seit ein paar Monaten schneiden Finanz- und gewisse Industriewerte besser ab als manche Mag-7-Titel, die ihre alten Höchst teils erst vor kurzem übertroffen haben. Der Halbleitersektor, der die Hausse bis Sommer fast allein angetrieben hatte, hinkt dem breiten Markt seither hinterher.

Eröffnet das eine Kaufgelegenheit bei Semis?

Die Performance des Sektors im kommenden Jahr wird sich in erster Linie an den Konjunkturaussichten orientieren. Das gilt besonders für Hersteller von Analogchips wie Texas Instruments, Analog Devices oder Infineon. Wichtig wird ebenso, was im Tech-Krieg zwischen den USA und China passiert. Wetten auf künstliche Intelligenz wie Nvidia und Broadcom sind schon ziemlich stolz bewertet. Impulse für Aktien aus diesem Segment werden primär davon ausgehen, wie rasch Nvidia die Produktion der neuen Blackwell-Chips für KI-Anwendungen hochfahren kann. Im Segment Speicherchips dürfte sich die zyklische Erholung fortsetzen, was beispielsweise für die Aktien des US-Herstellers Micron Technology spricht. Im Segment Mobilfunk sind die Titel von Qualcomm attraktiv bewertet, bei denen die langfristige Story weiterhin stimmt.

Mit dem Halbleiterzulieferer ASML hatte Europa lange ebenfalls einen Börsenliebling aus dem Technologiebereich zu bieten. Trotz des Hypes um KI, der die Niederländer eigentlich begünstigen müsste, kamen die Papiere dieses Jahr aber kaum vom Fleck. Wie stufen Sie ASML ein?

Dank des hoch technisierten Verfahrens, das die Produktion besonders leistungsstarker Chips möglich macht, ist ASML quasi ein weltweiter Monopolist. Belastend wirkte vor allem die schwächere Nachfrage von Grosskunden wie TSMC oder Intel, die ihre Investitionen reduziert haben. Der Bedarf an Hochleistungschips wird allerdings gerade wegen der Verbreitung von KI-Anwendungen weiter steigen. Damit ist der grundsätzliche Treiber für ASML weiterhin intakt.

Die Lage beim SMI präsentiert sich ähnlich wie beim Dax, einfach mit umgekehrten Vorzeichen: Hierzulande haben die Schwergewichte – allen voran Nestlé – enttäuscht und so den Index belastet. Bessert sich die Lage bei Nestlé im neuen Jahr?

Nestlé, der weltgrösste Nahrungsmittelkonzern, hat die Erwartungen ans Wachstum und an die Profitabilität zuletzt klar verpasst. Sie scheint nach herausfordernden Jahren – Stichworte sind Pandemie, Lieferkettenprobleme und hohe Inflation – den Tritt nicht gefunden zu haben. Gleichzeitig sind Wachstumsbemühungen wie Übernahmen im Gesundheitsbereich gescheitert, und das Wassergeschäft kämpft operativ und politisch mit Herausforderungen. Jetzt soll der neue CEO Laurent Freixe, ein Nestlé-Urgestein, es richten. Wie schnell die angekündigte Refokussierung auf Kernmarken wie Maggi aber greifen wird, können wir noch schwer abschätzen. Eine andere Frage ist dann, ob das reicht, um den Koloss zurück auf Wachstumskurs zu bringen, oder ob einschneidendere Massnahmen wie Verkäufe und Restrukturierungen notwendig werden.

Roche kam ebenfalls kaum vom Fleck. Wann finden die Basler zur alten Stärke zurück?

Der wegfallende Umsatz der Blockbuster-Krebsmedikamente Rituxan, Herceptin und Avastin, Enttäuschungen mit klinischen Studien und zuletzt ein rückläufiges Geschäft mit Covid-Tests und -Medikamenten: Roche litt in den letzten zwei Jahren unter zahlreichen Belastungsfaktoren. Dennoch machen die jüngsten Entwicklungen Hoffnung. Seit dem zweiten Quartal ist der negative Basiseffekt des pandemiebedingten Booms überwunden, was das solide Wachstum im Kerngeschäft wieder besser sichtbar macht. Das Portfolio von Roche wird gemeinhin unterschätzt, eine Patentklippe droht mittelfristig nicht. Zudem macht CEO Thomas Schinecker auf uns einen guten Eindruck – er will die Forschung des lange erfolgsverwöhnten Konzerns effizienter aufstellen und Studien, die keinen Erfolg versprechen, früher abbrechen. Zudem schreckt er nicht vor Akquisitionen zurück – ein sinnvoller Schritt, denn ab 2030 droht Roche der Ablauf von Patenten.

Die Aktien von Novartis haben in den letzten Jahren besser abgeschnitten als die von Roche. Bleibt Novartis der Klassenprimus?

Im Gegensatz zu Roche haben sich die Titel von Novartis die letzten zwei Jahre erfreulich entwickelt. Doch seit zwei Monaten schwächeln sie. Grund dafür sind Sorgen über die bevorstehende Einführung von gleich drei generischen Konkurrenzprodukten für Novartis-Arzneien im Jahr 2025 – darunter das derzeit umsatzstärkste Medikament Entresto gegen Herzinsuffizienz. Novartis beteuert, dass der Umsatzrückgang durch das Wachstum im restlichen Portfolio mehr als ausgeglichen wird, doch am Markt fruchten diese Aussagen derzeit nicht. Zudem ist zumindest für das erste Halbjahr 2025 kein nennenswerter Nachrichtenfluss zu erwarten, der die Aktien beflügeln könnte. Die nächsten zwölf Monate könnte es sich daher lohnen, Roche gegenüber Novartis den Vorzug zu geben.

Wenn Sie für mehrere Jahre auf eine einsame Insel ohne Internetanschluss und Handelsmöglichkeit verbannt würden: Welche fünf Schweizer Aktien gehören ins Depot?

Der momentanen Schwäche zum Trotz: Langfristig gehört Nestlé ins Depot, kein anderer Schweizer Konzern hat die gleiche globale Ausstrahlung und über die letzten Jahrzehnte eine ähnliche Konstanz bewiesen. Unverzichtbar sind auch die Aktien von Givaudan. Der oligopolistische Markt mit Aromen- und Duftstoffen wächst strukturell, das Unternehmen ist gut geführt, und es hat Kosten wie Bilanz im Griff – beste Voraussetzung für das langfristige Bestehen an der Börse. Eine günstige Gelegenheit zum Einstieg in einen hochwertigen Wachstumswert eröffnet sich bei Sika.

Sika steht derzeit nicht gerade hoch im Kurs.

Die Aktien des Bauchemiekonzerns verzeichnen eine Formschwäche, die jedoch externen Faktoren zuzuschreiben ist. Diese ändern am erfolgreichen Geschäftsmodell nichts. Den Status einer kleinen Perle hat Belimo. Die unternehmerisch geführte Gesellschaft hat sich mit ihren Steuerungsgeräten beim Thema Energieeffizienz in Gebäuden ideal positioniert, weil sie mit vergleichsweise geringen Investitionen eine grosse Wirkung und eine rasche Amortisation gewährleisten. Swiss Life hat als Dividenden-Aristokrat in den vergangenen zehn Jahren die Ausschüttung im Schnitt jährlich um 20% erhöht. Obwohl der Kurs über denselben Zeitraum stark gestiegen ist, rentieren die Versicherungsvaloren damit meist rund 5%. Gemäss der jüngsten Strategieplanung darf das auch künftig erwartet werden.

Welche fünf deutschen Titel gehören in jedes Portfolio?

Münchener Rück ist kapitalstark und gut geführt. Der Klimawandel spielt der Branche paradoxerweise in die Karten: Schadenereignisse werden häufiger, ausgeprägter und teurer. Entsprechend können die Rückversicherer im Folgejahr die Preise erhöhen. Eine sehr starke Marktposition bei Unternehmenssoftware besitzt SAP. Vielen Kunden dürfte es auch mittelfristig schwerfallen, auf die Dienste von SAP zu verzichten, denn sie sind tief in interne Unternehmensprozesse integriert. Der Wechsel von immer mehr Kunden in die Cloud dürfte dem Geschäft noch einige Jahre lang Auftrieb verleihen und erhöht die ohnehin starke Kundenbindung.

Nehmen die Valoren von SAP nach der starken Avance in diesem Jahr die guten Aussichten nicht schon vorweg?

Klar, die Bewertung von SAP ist mittlerweile ambitioniert. Allerdings hat die Aufholjagd zur US-Softwarekonkurrenz erst begonnen, kräftiges Wachstum von Umsatz und Cashflow scheint auf Jahre gesichert. Im Vergleich zu anderen Tech-Titeln sind SAP insofern ein defensiver Wert. Sie bleiben gerade mit Blick auf mögliche Börsenturbulenzen attraktiv.

Sie haben noch drei Tipps offen.

International führend ist der Küchenbauer Rational, und zwar bei Dampfgarern und Multifunktionsgeräten für Profiküchen. Die Technik der Bayern ist leicht bedienbar, die Öfen reinigen sich selbst. All das spart knappes und teures Fachpersonal. Die Eigentümerfamilie wacht erfolgreich über das Management. Weltweit vorn in einer lukrativen Nische ist auch Krones mit Abfüllanlagen für Getränke. Die Nachfrage nach abgefüllten Getränken wächst, und die Bayern gewinnen dort Marktanteile. Auch bei Krones wirkt die Eigentümerfamilie stabilisierend. Eine der grössten Plattformen für Veranstaltungstickets hat CTS Eventim aufgebaut, die Ebitda-Marge liegt bei 45%. Dazu organisiert das Unternehmen Konzerte und Festivals. Der Ticketverkauf bietet Plattformeffekte, weil die meisten Künstler und Veranstalter bei den grössten Anbietern sein wollen.

Sind Anleihen derzeit ein Thema?

Wir haben im derzeitigen Umfeld Mühe, Anleihen zu empfehlen. In Franken nähern sich die Renditen wieder der 0%-Schwelle. Die höheren Zinsen in den USA erkaufen sich Anleger mit einem Währungsrisiko. Kurzfristig kann das aufgehen – so wie in den letzten Wochen –, langfristig wertet sich der Dollar zum Franken aber ab, was den Zinsvorsprung mehr als zunichtemachen kann. Unternehmensanleihen sind wegen der sehr niedrigen Risikoaufschläge zu Staatspapieren auch nicht sonderlich attraktiv.

Gold hat ein sehr gutes Jahr hinter sich. In Franken ist der Kurs zwischenzeitlich um bis zu 40% gestiegen. 2024 ist damit neben 2005 das beste Jahr seit 1979, als Gold in Franken 123% zulegen konnte. Anfang 1980 ist die Blase damals geplatzt. Droht nun ein ähnliches Szenario?

Das glauben wir nicht. Zwar hat Gold tatsächlich stark abgeschnitten, gekauft haben bisher aber vor allem die Notenbanken der Schwellenländer – eine Entwicklung, die sich seit dem Ukrainekrieg und dem Einfrieren der russischen Dollarreserven beschleunigt hat. Privatinvestoren stehen jedoch weiterhin mehrheitlich abseits. Zwar hat der Zufluss in ETF zugenommen, die Anzahl ausstehender Anteile ist aber noch weit von vergangenen Spitzen entfernt. Das war 1980 anders, damals war Gold ein grosses Thema, auch unter nichtprofessionellen Anlegern. Für höhere Preise sprechen die rekordhohe Verschuldung vieler Staaten und die Inflation, die hartnäckiger sein könnte als von vielen Experten erwartet. Dazu kommen geopolitische Unsicherheiten, die das Edelmetall als sicheren Hafen begünstigen. Kurzfristig könnten der starke Dollar oder ein allfälliger «Frieden» in der Ukraine jedoch auf der Performance lasten.

Trotz der Goldhausse kommen Goldminentitel auch dieses Jahr nicht vom Fleck. Was braucht es, damit sie endlich abheben?

Sofern sich der Goldpreis auf dem derzeitigen Niveau halten kann oder weiter steigt, sind Goldminenaktien nächstes Jahr der «place to be». Im Vergleich zum Goldpreis wie auch zu den meisten anderen Aktien ist der Sektor ausgesprochen günstig bewertet und hat angesichts rekordverdächtiger Margen entsprechend grosses Aufholpotenzial. Die Performance für 2024 variiert zudem stark: Namen wie Agnico Eagle Mines, Kinross Gold oder Alamos Gold haben sich sehr erfreulich entwickelt, wogegen die Schwergewichte Newmont und Barrick Gold bitter enttäuschen. Können die beiden Branchenriesen das Vertrauen durch eine solide und zuverlässige operative Performance zurückgewinnen, werden davon nicht nur ihre Aktien erheblich profitieren, sondern es dürfte sich auch die Wahrnehmung des Sektors generell zum Positiven verändern. Wer zuversichtlich für Edelmetalle ist, sollte zudem auch Silberförderern wie Pan American oder Hecla eine Chance geben.

Bitcoin hat, wie von Ihnen vorausgesagt, ein sehr gutes Jahr hinter sich. Neben dem Halving im Frühjahr, bei dem die Belohnung der Bitcoin-Mineure halbiert wurde, hat die Wahl des als Bitcoin-freundlich geltenden Donald Trump den Kurs beflügelt. Kürzlich hat die Kryptowährung erstmals über 100’000 $ notiert. Kann dieser Anstieg ungebremst weitergehen?

Bitcoin hat in der Vergangenheit immer wieder starke Rückschläge erlitten – mit Kursverlusten von bis zu 90% nach einem Zwischenhoch. Beim letzten markanten Drawdown zwischen Ende 2021 und Ende 2022 fiel der Preis um rund 70%. Dass der nächste Rückschlag kommen wird, gilt als sicher. Wie weit der Kurs bis dahin noch steigen kann, weiss hingegen niemand. Einen Anhaltspunkt liefert die Geschichte: In den letzten vier grossen Boomphasen hat sich der Preis von Bitcoin immer mindestens verelffacht, bevor die grosse Korrektur folgte, wie auch die untenstehende Grafik zeigt. In der seit Anfang 2023 laufenden Avance hat sich Bitcoin bisher versechsfacht – historisch betrachtet ist also tatsächlich noch Spielraum nach oben vorhanden.

Das heisst, der Kurs könnte sich vor dem nächsten Einsturz nochmals verdoppeln?

Mit Sicherheit kann das natürlich niemand sagen, doch mit Blick auf die Historie ist es nicht abwegig, dass der Kurs vor dem nächsten grossen Rückschlag noch in die Region von 150’000 $ oder sogar höher vordringen könnte – vor allem, wenn sich die Spekulationen verdichten sollten, dass Bitcoin in den USA als strategische Reserve etabliert werden könnte.

Ether konnte Bitcoin nicht das Wasser reichen. Bleibt das so?

Während Bitcoin seit Jahresbeginn über 140% und Solana rund 100% zugelegt hat, fällt der Anstieg bei Ether mit 68% vergleichsweise bescheiden aus. Die Genehmigung von Bitcoin-Spot-ETF in den USA markierte einen grossen Schritt für die Integration von Krypto in die traditionelle Finanzwelt, wovon in erster Linie Bitcoin profitierte. Solana wiederum erlebte 2024 einen Aufschwung durch den Meme-Coin-Hype. Dank niedriger Kosten, hoher Geschwindigkeit und einfacher Handhabung ist Solana besonders bei kleineren Entwicklern beliebt, die Kompromisse bei der Dezentralisierung und der Zuverlässigkeit der Blockchain in Kauf nehmen.

Und Ether?

Ethereum hingegen tat sich mit dem «langweiligen» Use Case einer zuverlässigen, aber langsameren Blockchain schwerer, Euphorie zu entfachen. Dennoch hat Ethereum nach wie vor den grössten Vorsprung bei Entwicklern, Projekten und in Sachen Liquidität – Vorteile, die schwer zu kopieren sind. Grosse Unternehmen wie BlackRock, Google und PayPal setzen auf Ethereum. Zudem zieht die Einführung von Ethereum-ETF im vergangenen Sommer zusätzlich institutionelle Investoren an und stärkt die Glaubwürdigkeit als Anlageklasse. Trotz derzeitiger Herausforderungen bietet Ethereum grosses langfristiges Potenzial, insbesondere durch technische Verbesserungen bis 2029. Steigende Nutzerzahlen und ETF-Zuflüsse deuten bereits auf eine positive Trendwende hin.

Oft wird behauptet, Bitcoin sei digitales Gold. Stimmen Sie dem zu?

Ja und nein. Bitcoin hat in der Tat einiges gemein mit Gold. Beide Assets haben ein begrenztes Angebot – bei Bitcoin ist die maximale Anzahl auf 21 Mio. festgelegt. Beide Anlagen sind unabhängig von staatlichen Institutionen und traditionellen Finanzsystemen und werden daher gerne als Wertspeicher genutzt. Zudem gelten beide bei ihren Befürwortern als langfristiger Schutz gegen Inflation.

Wobei Bitcoin noch keine allzu lange Historie aufweisen kann.

Das ist genau der Haken bei Bitcoin: Trotz der Genehmigung von Bitcoin-Spot-ETF in den USA im Jahr 2024 und des wachsenden institutionellen Interesses ist die Kryptowährung erst fünfzehn Jahre alt, während Gold bereits vor 3000 Jahren als Zahlungsmittel benutzt wurde. Zudem kann Gold wegen seiner Verwendbarkeit in Industrie und Schmuck ein intrinsischer Wert beigemessen werden, während dieser bei Bitcoin weniger fassbar ist. Nicht zuletzt bleibt Bitcoin hoch volatil, auch wenn sich die Kursentwicklung mit zunehmendem institutionellem Engagement langfristig stabilisieren könnte. Ein grosser Schritt für Bitcoin wäre, wenn die USA die Kryptowährung tatsächlich als strategische Reserve etablieren würden. Doch ob digitales Gold oder nicht – Bitcoin ist gekommen, um zu bleiben.

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