Dienstag, März 4

Die Importzölle von 25% gegen Mexiko und Kanada sowie zusätzliche 10% gegen China werden Tatsache. The Market liefert die Antworten zu den wichtigsten Fragen.

Die US-Regierung schreitet mit ihren Massnahmen gegen wichtige Handelspartner voran. The Market analysiert die Folgen der US-Zollpolitik für Wirtschaft und Finanzmärkte.

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Was hat US-Präsident Donald Trump genau beschlossen, und wann treten die Zölle in Kraft?

Ab heute Dienstag, 4. März, erheben die USA Zölle in Höhe von 25% auf Importe aus Kanada und Mexiko. Eine Ausnahme bilden Energieimporte aus Kanada, für die ein ermässigter Satz von 10% gilt. Donald Trump unterzeichnete zudem ein Dekret, das die Zölle auf chinesische Importe ebenfalls ab dem 4. März um weitere 10% erhöht. Der effektive Zollsatz auf Importe aus China steigt damit auf über 30%.

Wie reagieren die Finanzmärkte?

Die erste Reaktion der Finanzmärkte auf die Nachrichten aus dem Weissen Haus fällt uneinheitlich aus. Die US-Börsen schlossen am Montag mit Verlusten: Der S&P 500 ging 1,8% schwächer aus dem Handel, der Nasdaq 100 verlor 2,2%.

Auch die asiatischen Märkte reagieren mit Abgaben. Die Börsen in Tokio und Seoul – obwohl bislang nicht direkt von Zöllen betroffen – verzeichnen am Dienstag Verluste von 1,2% bzw. 0,2%. Dagegen zeigen sich die Märkte in Festlandchina und Hongkong vergleichsweise unbeeindruckt.

In Europa stehen die Börsen unter Druck: Der Euro Stoxx 50 gibt bis 11:00 Uhr rund 1,6% nach, der Dax in Frankfurt verliert 1,8%, und der FTSE 100 in London büsst 0,4% ein. Der Swiss Market Index (SMI) notiert 0,5% im Minus.

Am Rohstoffmarkt fällt der Preis für Rohöl der Sorte WTI um 0,9% auf 67,64 $ je Fass, während der Goldpreis um weitere 0,9% zulegt.

Welche Produkte sind von den Zöllen betroffen?

Alle Güter aus Kanada, Mexiko und China sind von den Zöllen betroffen. Vorläufig ausgenommen sind so genannte «de minimis»-Lieferungen aus Kanada und Mexiko, also Kleinlieferungen mit einem Wert von weniger als 800 $. Auf Kanada, Mexiko und China entfallen zusammen 42% aller US-Warenimporte, oder 1,4 Bio. von insgesamt 3,3 Bio. $. Im Fall von Kanada wird erwartet, dass die Zölle vor allem der Automobil- und der Stahlindustrie, dem verarbeitenden Gewerbe, dem Verkehr, dem Öl- und Gassektor, der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei grossen wirtschaftlichen Schaden zufügen werden. Die 25% auf kanadische Nadelholzprodukte kämen zu dem bereits geltenden effektiven Zollsatz von 14,5% hinzu. Demnach dürfen die Zölle auf kanadisches Weichholz insgesamt auf fast 40% steigen.

Was will Trump mit diesen Massnahmen erreichen?

Es steht die These im Raum, dass Trump Zölle nicht nur als Druckmittel in Verhandlungen sieht, sondern als Zweck an sich. «Die Zölle werden uns sehr reich machen und sehr stark», sagte er Anfang Februar. Trump hat sich seit dem Erfolg japanischer Unternehmen in den Achtzigerjahren immer wieder für Zölle ausgesprochen und bestreitet deren potenziell inflationäre Wirkung. Im Wahlkampf hatte er sich als «Tariff Man» bezeichnet, wie schon in einer Twitter-Nachricht im Jahr 2018.

Welche Massnahmen hat Trump gegenüber Europa angedroht?

Die USA verhängen ab dem 12. März Strafzölle von 25% auf Stahl und Aluminium. US-Präsident Donald Trump hat zudem Sonderzölle auf die Einfuhr von Autos und anderen Gütern aus Europa angekündigt. Seinen jüngsten Aussagen im Kabinett zufolge sollen diese 25% betragen. Ab April plant Trump ausserdem die Einführung von Zöllen auf landwirtschaftliche Produkte. Noch unklar ist, ob die Massnahmen für Importe aus allen Ländern weltweit gelten werden.

Was unterscheidet die jetzt angekündigten Zölle von Trumps erster Amtszeit?

Damals zielten die Zölle hauptsächlich auf China, und sie betrafen nur einzelne, klar definierte Produktkategorien. Zwar drohte Trump damals auch anderen Handelspartnern wie Mexiko und der Europäischen Union, die Zölle wurden aber – im Falle Mexikos nach Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens – nicht eingeführt oder auf einzelne Produkte beschränkt – im Falle der EU auf Stahl und Aluminium. Diesmal sind die Massnahmen deutlich radikaler und umfassender.

Wie reagieren die betroffenen Länder?

Kanada kündigte umgehend Gegenmassnahmen an und plant, in zwei Wellen Zölle in Höhe von 25% auf US-Importe im Wert von rund 100 Mrd. $ zu erheben. Zudem wurde das Land von einer Patriotismuswelle erfasst. Nahezu alle kanadischen Provinzen rufen schon seit Wochen ihre Einwohner dazu auf, lokale Produkte zu kaufen. Am Montag wiederholte der Premierminister von Ontario, Doug Ford, seine Ankündigung, amerikanischen Alkohol aus den Regalen zu nehmen und drohte, den Strom in Teilen der USA abzuschalten. «Wenn ihr uns angreift, werden wir nicht klein beigeben», sagte Ford. Er forderte die Detailhändler in Ontario auf, den Konsumenten zu helfen, sich mit ihrer Kaufkraft zu wehren, indem sie klar angeben, welche Produkte in Kanada hergestellt wurden. Er sei sogar bereit, dies gesetzlich vorzuschreiben.

Mexiko erklärte zunächst, die Situation in Ruhe analysieren und den Dialog mit der US-Regierung aufrechterhalten zu wollen.

Als Reaktion auf die US-Massnahmen kündigte China neue Zölle auf US-Lebensmittel und Agrarprodukte an. Die zusätzlichen Zölle betragen 15% für Hühner-, Weizen-, Mais- und Baumwollprodukte sowie 10% für Sorghum, Sojabohnen, Schweinefleisch, Rindfleisch, Meeresfrüchte, Obst, Gemüse und Milchprodukte. Die chinesischen Gegenmassnahmen sollen am 10. März in Kraft treten. Darüber hinaus hat das chinesische Handelsministerium 15 weitere US-Unternehmen auf eine Exportkontrollliste gesetzt.

Welche Folgen könnten die Zölle und ein Handelskrieg – insbesondere für die Inflation in den USA – haben?

Die unmittelbare Folge höherer Zölle ist ein Angebotsschock, der den inflationären Druck auf die Preise in den USA verstärken würde. Ein Indiz diesbezüglich lieferten die gestrigen Resultate der jüngsten Einkaufsmanager-Umfrage des Institute for Supply Management unter Zulieferern. Ihr zufolge meldete ein steigender Anteil von rund 62% der Hersteller einen Anstieg der von ihnen bezahlten Preise. Das ist der höchste Wert seit dreissig Monaten.

Weitere Zölle, etwa auf Importe aus Europa, dürften diesen Effekt noch verstärken. Die höheren Preise belasten den US-Konsum, der rund 70% des US-Bruttoinlandprodukts ausmacht und zuletzt ein wesentlicher Treiber der wirtschaftlichen Expansion war, und damit auch das mittelfristige Wirtschaftswachstum. Längerfristig würde ein Handelskrieg zu einem Einbruch des weltweiten Handelsvolumens führen. Gleichzeitig ist es gemäss Deutsche Bank fraglich, ob die höheren Zölle tatsächlich dazu führen, dass (ausländische) Unternehmen ihre Produktion vermehrt in die USA verschieben respektive rückverlagern.

Was bedeutet das für die Geldpolitik des Fed?

Wegen des wohl steigenden Preisdrucks infolge der Importzölle rückt die Bekämpfung der Inflation stärker in den Fokus der US-Notenbank. Zwar erwarten die Terminmärkte an der Fed-Sitzung vom 18. Juni weiterhin die nächste Senkung des Leitzinses um 25 Basispunkte auf ein Zielband von 4 bis 4,25%. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen aber länger hoch bleiben, ist gemäss den Futures-Kontrakten nach der Ankündigung Trumps gestiegen. Zudem wird der Handlungsspielraum der Notenbank eingeschränkt. Angesichts des Inflationsdrucks werden Massnahmen zur Bekämpfung eines allfälligen Anstiegs der Arbeitslosigkeit und einer Abkühlung der Konjunktur erschwert.

Was bedeuten die Zölle für US-Unternehmen?

Die undifferenzierten Zölle betreffen längst nicht nur ausländische Unternehmen, die in die USA liefern wollen, sondern auch Produzenten in den USA, die einzelne Teile importieren, werden sich mit höheren Preisen konfrontiert sehen. Davon am meisten betroffen sind wohl US-Autobauer und Hersteller von Konsumelektronik. Die japanische Bank Nomura schätzt, dass zum Beispiel bei General Motors zusätzliche Kosten von über 9,5 Mrd. $ anfallen werden. Im Modell des Finanzinstituts bereits berücksichtigt ist der Umstand, dass während des Produktionsprozesses gewisse Teile die Grenzen in Nordamerika mehrmals überqueren. Besonders betroffen sind auch Lebensmittelproduzenten, die einen Grossteil der Rohwaren aus Mexiko beziehen. Knapp zwei Drittel des importierten Gemüses und die Hälfte der Früchte und Nüsse in den USA stammen aus dem südlichen Nachbarland.

Welche Schweizer Unternehmen sind betroffen?

Rund ein Viertel der Schweizer Unternehmen ist von einer geografischen Diskrepanz zwischen Umsatz und Produktion in den USA betroffen. Ein Beispiel dafür ist Landis+Gyr, das in seinem mexikanischen Werk in Reynosa Stromzähler und andere Komponenten für den US-Markt herstellt. Besonders betroffen ist im Technologiesektor Logitech, dessen Produktion zu über 50% in China stattfindet, während 36% des Umsatzes aus den USA stammen. Weitere exponierte Unternehmen sind Sonova, Sulzer und Pierer Mobility sowie Automobilzulieferer wie Autoneum, AMS Osram und Komax. Sollten gegenüber Europa zusätzliche Zölle erhoben werden, wären auch Unternehmen wie EMS-Chemie, Tecan, Huber+Suhner oder Forbo betroffen.

Gibt es Schweizer Unternehmen, die von dieser Entwicklung profitieren?

Einige Schweizer Unternehmen könnten aber auch von höheren Zöllen profitieren. Holcim und SIG Group könnten beispielsweise durch Preiseffekte Vorteile erzielen. Sollte es mittelfristig zu Veränderungen in den Lieferketten kommen, zählt der Prüfkonzern SGS zu den potenziellen Gewinnern. Kaum Auswirkungen erwartet The Market hingegen für Unternehmen wie ABB, Alcon, Belimo, Givaudan, Nestlé, Lonza, Lindt & Sprüngli, Straumann, Schindler, Sika oder Interroll, die bereits in den USA für den US-Markt produzieren. Schweizer Dienstleistungsunternehmen oder Unternehmen ohne Geschäftsbeziehungen zu den USA sind von den Zöllen nicht betroffen – darunter Swisscom, der Flughafen Zürich, Immobilienfirmen wie SPS und PSP sowie Versicherungen und Banken.

Was bedeutet die US-Zollpolitik für die Pharmakonzerne Roche und Novartis?

Pharmazeutische Produkte sind grundsätzlich von den Zöllen ausgenommen – zumindest bisher. Und Roche und Novartis haben grosse Produktionsstätten in den USA. Roche produziert zudem nicht in China und exportiert auch nicht von dort. Anders als bei vielen anderen Produkten haben die Patienten oft keine Wahl zwischen verschiedenen Medikamenten. Daher würden Zölle in den USA nur zu einer weiteren Verteuerung der Medikamente führen – in einem Land, in dem hohe Arzneimittelkosten ohnehin schon ein Problem darstellen.

Welches sind die grössten Verlierer an der deutschen Börse?

Im Dax gehören die Automobilhersteller zu den grossen Verlierern. Zum einen kämpfen diese Unternehmen ohnehin mit Problemen und brauchen daher jeden Absatzmarkt. China erweist sich zunehmend als schwieriger Markt, weil dort immer mehr Elektroautos aus heimischer Produktion gekauft werden. Damit gewinnen die USA als Absatzmarkt an Bedeutung. Zölle würden deutsche Fahrzeuge künstlich verteuern und den Absatz erschweren. Dabei weisen die deutschen Automobilhersteller schon heute einen grossen Innovationsrückstand auf.

Welche Autohersteller sind besonders stark betroffen?

Die grössten Verlierer sind die Hersteller, die den US-Markt am stärksten über Mexiko und Kanada bedienen und damit von den Zöllen betroffen sind. Volkswagen beispielsweise baut im mexikanischen Puebla die Modelle Jetta und Tiguan für den US-Markt. Das Unternehmen ist auch von Zöllen auf kanadische Produkte betroffen: Volkswagen plant den Bau einer Batteriezellenfabrik in Ontario, die Elektroautofabriken in den USA beliefern soll. Das US-Analysehaus Stifel schätzte den Effekt der Zölle auf das Ergebnis (Ebit) von Volkswagen im Jahr 2025 auf 12% – allerdings für den Fall, dass das Unternehmen gar nicht auf die Zölle reagieren würde. Tatsächlich wird die Belastung durch die Reaktion von Volkswagen wohl geringer ausfallen.

Wird sich Volkswagen aus den USA verabschieden?

Rund 65% der Autos, die Volkswagen in den USA verkauft, stammten aus Mexiko. Weil dieser Markt sehr wettbewerbsintensiv sei, dürfte Volkswagen die Preise nicht einfach an die Kunden weiterreichen können. Volkswagen hätte damit die Option, seine Kapazitäten in den USA zu erhöhen oder Marktanteile zu verlieren und im Extremfall mit der Marke sogar den US-Markt zu verlassen. Die Analysten der UBS hatten bereits Anfang Dezember die Auswirkung potenzieller US-Zölle auf den Gewinn von Autoherstellern abgeschätzt und dabei auch die Wirkung möglicher Zölle auf Einfuhren aus der EU einbezogen (siehe Grafik).

Was bedeuten die Zölle für Autozulieferer wie Continental?

Autozulieferer und Hersteller von Autoreifen sind ebenfalls betroffen. Pirelli importiert 95% der in den USA verkauften Waren, schätzte die UBS im Dezember. Bei Continental seien es 55%, bei Michelin 25%.

Was ist mit den Nutzfahrzeugherstellern Daimler Truck und Traton?

Nicht ausgenommen von den Zöllen sind Nutzfahrzeughersteller. Daimler Truck ist Marktführer in Nordamerika mit 40% Marktanteil (2023), gefolgt von Paccar (30%), der VW-Tochter Traton (12%) und Volvo (16%). Daimler Truck fertigt Lastwagen in Saltillo, Mexiko. Zu dem Unternehmen gehört aber auch die US-Marke Freightliner mit den angestammten Produktionsstätten in den USA.

Das ist die aktualisierte Version eines Artikels vom 3. Februar 2025.

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