Social-Media-Phänomen

Was hat die Sockenlänge mit dem Alter zu tun? Auf Tiktok scheint man sich einig zu sein: sehr viel.

Woran erkennt man einen Millennial? Fragt man die jüngere Generation Z, würde diese wohl sagen: am Seitenscheitel oder am Dutt, bei dem bei den Ohren ein paar Haarsträhnen herausgezogen werden, am T-Shirt, das vorn in die High-Waist-Hose gesteckt wird, und an den fast nicht mehr sichtbaren Knöchelsocken. Letztere wurden auf der Social-Media-Plattform Tiktok kürzlich zum neuen Symbol der Generationen erkoren.

Der Generationendiskurs lebt von Klischees. In gefühlt Tausenden Videos schätzen Gen-Zler in ihren 20ern das Alter von Leuten anhand ihrer Sockenlänge. Sehen sie Personen um die 30, die wadenhohe Tennissocken tragen, scherzen sie, dass diese sich bloss jünger machen wollten. Denn die Tiktok-Regel besagt streng: Kurze Socken = Millennial. Hohe Socken = Gen Z.

Online reagieren viele Millennials darauf mit Humor: «Ihr werdet mir diese Söckchen von meinen kalten, toten Füssen reissen», scherzt etwa der Komiker Matt Bellassai, und der Influencer Justin Jordan fragt: «Wieso sollte ich aussehen wollen wie ein Kind?». Andere Tiktoker aus der Generation der Millennials erzählen fast schon entschuldigend, dass sie ihre gesamte Jugend doch darauf fokussiert gewesen seien, ihre Socken zu verstecken, und sich deshalb mit dem modischen Wandel schwertäten.

Die Reaktionen der Millennials befeuern die jungen Tiktokerinnen und Tiktoker. Scheinen sie doch alles daranzusetzen, die sich über Jahre etablierten Fashionregeln der Millennials zu brechen. Dafür erklären sie Sachen für angesagt, die Millennials noch aus ihrer Schulzeit kennen und deshalb als Teenager und junge Erwachsene als uncool empfanden. An das Comeback von Boleros, Stulpen, engen Baby-T-Shirts, Baker-Boy-Hüten, Caprihosen und eben diesen bewusst sichtbaren Socken müssen sich viele Millennials erst noch gewöhnen.

Woher kommt die Theorie?

Die Socken-Diskussion läuft mindestens seit Phoebe Parsons im vergangenen Oktober darüber ein Tiktok-Video machte. Die Australierin berichtet regelmässig in ihrem Podcast «Fit(ish)» und in ihren sozialen Netzwerken über aktuelle Modethemen. «Ich bin ein Millennial», sagt sie am Ende ihres Videos, und hält lachend ihre nackten Knöchel in die Kamera. Seither ist die Debatte in vollem Gange.

Das Video wurde inzwischen 3,6-Millionen-mal angesehen und von internationalen Medien aufgenommen. Die «New York Times» schreibt von einem «Sockenkrieg», und die britische Zeitung «The Independent» berichtet von einem «toxischen Sockenproblem». Kürzlich titelte die Vogue: «Jennifer Lawrence Bravely Steps Out in Millennial Socks» (Jennifer Lawrence zeigt sich mutig in Millennial-Socken). Zu sehen ist ein Bild der 33-jährigen Schauspielerin mit Loafers und kurzen, weissen Socken.

Sofort wurde von Gen-Zlern moniert: Diese seien zwar sichtbar, aber noch zu wenig, um als Mitglied der Generation Z durchzugehen. Als Millennial, der sich für Mode interessiert, wird sie es mit Humor nehmen. Wie es laut Generation Z richtig geht, machen Stars der Generation Z wie Billie Eilish, Olivia Rodrigo oder Jaden Smith vor.

Der Sockentrend auf den Laufstegen

Aber auch abseits der Generationendebatten erhalten Socken in der Modewelt gerade viel Aufmerksamkeit. Deutlich wurde das im Juni nochmals bei den Männermodeschauen in Mailand und Paris: Bei der Frühling-/Sommerkollektion von Gucci trugen die Models gut sichtbare weisse, schwarze und bunte Socken zu Loafers und Sneaker. Dazu wurden sehr kurze Hosen kombiniert, ein Trick, bei dem die Beine trotz hohen Socken noch lang wirkten. Auch von vielen Gästen wurde der Look bereits getragen.

Auch in den Womenswear-Kollektionen für 2025 von Balenciaga, Gucci und Valentino lag ein Fokus auf den Strümpfen. Für diesen Herbst und Winter zeigte Cecilie Bahnsen Socken aus Nylon, die unter dem Knie enden, und die Models der italienischen Designerin Elisabetta Franchi trugen die Socken sichtbar über der halbtransparenten Strumpfhose. Der Look wird also auch bei tieferen Temperaturen funktionieren.

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