Mittwoch, Januar 22

Trump feiert die internationalste Inauguration aller Zeiten – und Amerikas Tech-Giganten sitzen in der Mitte. Eine Analyse der Sitzordnung.

Es ist ein Bild, das um die Welt geht: Amerikas Tech-Giganten sitzen während Donald Trumps Inauguration vereint auf der Ehrentribüne in der Rotunde des Capitols. Hinter ihnen befindet sich das künftige Kabinett des neuen US-Präsidenten, vor ihnen sitzt dessen Familie.

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Der Tesla-Chef Elon Musk, der Google-Chef Sundar Pichai, der Amazon-Gründer Jeff Bezos und der Meta-Chef Mark Zuckerberg befanden sich damit an ganz besonders prominenter Stelle in der Mitte des Blocks der Trump-Unterstützer rechts hinter dem Präsidenten. Auf der linken Seite sassen Vertreter des alten Amerika, Biden, Harris, die ehemaligen Präsidenten Obama, Bush und Clinton.

Die prominente Platzierung der Tech-Giganten dürfte einen Vorgeschmack auf das neue Amerika geben: Wer mit Trump mitzieht, wird belohnt.

Die Tech-Giganten werden einflussreicher

Der Google-Chef Pichai hat schon lange ein gutes Verhältnis zu Trump. Bezos verhinderte als Eigentümer der «Washington Post» im Oktober, dass die Zeitung während des Wahlkampfs eine Empfehlung für Kamala Harris aussprach. Zuckerberg löste kürzlich das Team der Faktenchecker für seine Plattformen auf. Die Unternehmer handelten aus berechtigten wirtschaftlichen Interessen, gleichzeitig haben sie Trump damit einen grossen Dienst erwiesen.

Musk unterstützte den Wahlkampf Trumps öffentlichkeitswirksam auf seiner Plattform X. Jetzt sind die beiden anscheinend so gute Kollegen, dass Trump den X-Chef in seiner Antrittsrede als Einzigen thematisch bedachte.

Trump sprach in seiner Rede darüber, was das amerikanische Volk alles erreichen könne. Er zeichnete dabei das pathetische Bild eines Amerika ohne Grenzen: «Wir werden unsere Nation in den Himmel führen, und wir werden sicherstellen, dass unsere Flagge auf dem Planeten Mars wehen wird.»

Bingo, muss sich Elon Musk gedacht haben. Auf seinem Ehrenplatz reckte er den Daumen nach oben, lächelte und freute sich. Schon in wenigen Jahren will er mit seinem Raketenunternehmen SpaceX bemannte Marsmissionen durchführen. Trump möchte das jetzt anscheinend auch.

Musk gewinnt an Einfluss und Macht. Er wurde von Trump auch zum Co-Vorsitzenden eines neu geschaffenen Gremiums für effiziente Verwaltung berufen. Der Unternehmer Vivek Ramaswamy sollte der zweite Vorsitzende des Gremiums werden, er sass während der Inauguration übrigens zwei Reihen weiter hinten, vor ihm der Apple-Chef Tim Cook. Auch das ist ein guter Platz. Kurz nach der Feier zog sich Ramaswamy aber aus dem Vorsitz des neuen Gremiums zurück.

Die Spielregeln der Wirtschaft bestimmen nun die Politik

Die Tech-Giganten spielen nach den Regeln der kompetitiven Geschäftswelt. Wer sich verkaufen kann und gut verhandelt, kommt weiter. Es ist das Geheimnis des Erfolgs. Und es ist die Essenz der neuen Weltordnung, die Trump vorantreibt. In der multipolaren Welt geht es um Deals und die Kraft des Stärkeren, nicht um Moral und Konfliktvermeidung.

Auch das liess sich am Montag erkennen, wenn man sich in der Rotunde des Capitols umschaute. Als erster antretender Präsident überhaupt hatte Trump ausländische Staatschefs eingeladen. Der nationalistische Trump feierte die internationalste Inauguration aller Zeiten.

Doch nicht eingeladen waren jene, die mit Trumps Vorstellung von Weltpolitik hadern. Etwa die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen, Olaf Scholz oder Emmanuel Macron. Sie stehen für das alte Europa, das sich auf Amerika als Hegemonen verlassen hatte. Mit dieser Rolle der USA möchte Trump brechen.

Gekommen waren jene, die Trumps Politikstil gut verstehen. Die einen goutieren Trumps polternde Politik, wie Argentiniens Präsident Javier Milei oder Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Sie sassen auf der Tribüne links hinter Trump. Andere Staatsvertreter haben wiederum erkannt, dass ein gutes Verhältnis mit Trump in ihrem nationalen Interesse ist.

Das sind zum Beispiel die Aussenminister von Indien (Subrahmanyam Jaishankar), Japan (Takeshi Iwaya) und Australien (Penny Wong). Die drei sassen im Zuschauerraum in den ersten Reihen rechts am Mittelgang. Auch das ist eine vorteilhafte Platzierung.

Indien, Japan und Australien sind wie die USA Mitglieder des sicherheitspolitischen Zusammenschlusses Quad. Der indopazifische Raum wird für die USA geopolitisch immer wichtiger. Amerika braucht die Unterstützung der dortigen Staaten, um den Einfluss Chinas zu bremsen.

Doch auch China war bei der Inaugurationsfeier vertreten. Trump lud Staatspräsident Xi Jinping ein, der seinen Vize Han Zheng entsandte. Verbündete und Rivalen sassen also in einem Raum. Dies zeigt bildhaft, wie überholt das binäre Denken im multipolaren Weltverständnis Trumps ist. Feinde sind potenziell alle. Freunde sind jene, die den USA nützen.

Und weil die USA so mächtig sind, wollen viele Staatschefs vermeiden, den Zorn Trumps auf sich zu ziehen – und stattdessen zum Freund des neuen Amerika werden. Doch wie herausfordernd das sein kann, muss den ausländischen Regierungsvertretern bereits während der Antrittsrede Trumps bewusst geworden sein.

In den dreissig Minuten seiner Rede machte Trump deutlich, dass er Amerika über alles stellt. Er verkündete, dass Amerika sowohl wirtschaftlich als auch territorial wachsen solle. Und so rief er das Ende der Klimapolitik aus, kündigte Zölle an und die Übernahme des Panamakanals, um den Einfluss Chinas dort zu brechen.

Er werde das Land in eine «goldene Ära» führen, so dass es seinen rechtmässigen Platz als «grösste, beneidenswerteste Nation der Welt» einnehmen könne. Er sagte, Amerika und die Welt würden von «einer Flut der Veränderung» überrollt.

Während die anwesenden Mitglieder des Kongresses, des Senats und der neuen Trump-Administration teilweise in stehende Ovationen verfielen, schauten die internationalen Gäste finster drein. Wie verändert sich nun die Welt? So richtig weiss es niemand, und so applaudierten die ausländischen Regierungsvertreter höflich. Die Zeit der Geschäftsleute hat begonnen.

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