Montag, Februar 24

Vom Aschermittwoch über Bruder Fritschi bis zu den Zünften: Wir erklären die «rüüdige» Luzerner Fasnacht.

Auf dem schwarzen Vierwaldstättersee fährt zu früher Stunde ein Nauen in Richtung Luzern. Die Passagiere sind kaum sichtbar, nur durch den Fackelschein lassen sich die Umrisse der Fritschi-Familie erkennen.

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Und dann, um Punkt fünf Uhr, knallt es. Ein Feuerwerkskörper explodiert, vom Ufer her erklingen Freudenschreie, und Guuggenmusigen beginnen zu spielen.

Es ist der Urknall, der Startschuss zur Luzerner Fasnacht.

Sechs Tage dauert die Luzerner Fasnacht, die jährlich 300 000 Besucher zählt. Vom Schmudo bis zum Güdisdienstag befindet sich die Stadt im «rüüdigen» Ausnahmezustand. Nur, was bedeuten diese Wörter?

Fasnacht wird in Luzern bis zum Aschermittwoch gefeiert. Dann beginnt die vierzigtägige Fastenzeit bis Ostern. Oder wie die regionale Online-Plattform «Zentralplus» schreibt: «Nach sechs Tagen Fasnacht streuten sich die Büsser in der Kirche zur Vergebung ein Aschenkreuz aufs Haupt.»

Die Figur ist das Oberhaupt der Zunft zu Safran. Bruder Fritschi trägt einen langen Bart und einen blau-weissen Staatsmantel, die Farben des Luzerner Wappens. Fritschi und seine «Fritschene» fahren am Schmutzigen Donnerstag mit einem Boot zum Schweizerhofquai und eröffnen mit dem Urknall die Fasnacht. Danach zieht die Familie, zu der auch eine Kindsmagd, ein Narr und Bauern gehören, von Anlass zu Anlass.

Schreien, brüllen, laut rufen oder betteln, damit man Süssigkeiten oder Orangen erhält: Mit «brüele» bezeichnen die Luzerner den euphorischen Ausdruck der Freude über die Fasnacht.

Chneublätz (oder auch Chnöiblätz) sind die Luzerner Variante von Fasnachtschüechli. Das Gebäck ist auch in anderen Landesteilen bekannt. Es wird im Fett ausgebacken und oft mit Puderzucker bestäubt – und steht damit sinnbildlich für die kulinarische Ausgelassenheit vor Beginn der Fastenzeit. Man nahm vor der vierzigtägigen Fastenperiode letzte Reserven zu sich. Und brauchte verderbliche Lebensmittel wie Butter und Eier auf, die man früher – nebst Süssem und Fleisch – zwischen Aschermittwoch und Ostern nicht essen durfte.

Wenn der Fritschivater am Schmutzigen Donnerstag auf der Bühne des Fritschibrunnens auf dem Kapellplatz ankommt, explodiert es über den Köpfen der Zuschauer. Kiloweise Papierschnitzel gehen über der Menge nieder. Der Fötzeliräge besteht aus zerschnittenen Telefonbüchern, die verantwortliche Zunft hat vorsorglich mehrere Tonnen der inzwischen eingestellten Publikation eingelagert.

Grend, auch Grind genannt, sind die Vollmasken, die unter anderem von vielen Mitgliedern der Guuggenmusigen getragen werden. Es gibt sie in allen Farben, Formen und Motiven, von schaurig verzerrt bis humorvoll verziert. Viele Fasnächtler investieren Stunden, Tage, Wochen, um ihren Grend zu basteln. Die kreativsten Exemplare werden jedes Jahr prämiert.

Der Begriff für das Pendant der Basler Fasnacht, die Larve, ist in Luzern übrigens ebenso verpönt wie die Wörter Clique, Cortège und Räppli.

Der Begriff entstammt dem Wort Güdel. Es stand einst für zusammengeschüttete Flüssigkeiten. Am Güdismontag und -dienstag darf man sich nochmals vollstopfen und trinken, ehe am Aschermittwoch die Fastenzeit beginnt.

Guuggen, oder Guuggenmusigen, sind Formationen von Blas- und Schlaginstrumenten, die während der Fasnacht musizieren. Alleine in der Region Luzern existieren Dutzende Guuggen. Sie sind oft aufwendig verkleidet, einem Sujet entsprechend, und sorgen für das musikalische Grundrauschen der Fasnacht. Nebst den grossen Guuggen spielen auch zahlreiche Kleinformationen auf den Bühnen und in den Beizen der Stadt.

Das wohl bekannteste Fasnachtsgetränk besteht aus Hagenbuttentee, Zucker und Zwetschgenschnaps.

Wer so angesprochen wird: Keine Sorge, es handelt sich nicht um eine Beleidigung. Mit Huerenaff begrüssen sich Fasnächtler in Luzern, es ist eine liebevoll gemeinte Ehrenbezeugung.

Das Monstercorso ist das grosse Finale der Luzerner Fasnacht. Am Güdisdienstag spielen sämtliche Guuggenmusigen, Wagen- und Maskengruppen der Vereinigten, des Dachverbands von 4000 Fasnächtlern, ein letztes Mal. Das Monstercorso beginnt am Abend.

Im Luzerner Dialekt steht «rüüdig» für «sehr» oder «mega». Ursprünglich stammt es von räudig ab. Das ist der Ausdruck für kahle abgewetzte Stellen, die von Krätzmilben befallen sind. Heute wird es als positives Verstärkungswort verwendet. An der Fasnacht kommt es meist im Doppelpack mit «verreckt» oder «schön» daher – was etwa bedeutet: Die Luzerner Fasnacht ist grossartig, einzigartig, toll.

Am Schmutzigen Donnerstag, kurz Schmudo genannt, beginnt mit dem Urknall die Luzerner Fasnacht, um Punkt fünf Uhr morgens. Das Wort Schmutz ist ein alemannischer Dialektausdruck für Fett. Denn früher ass man sich ab dem Donnerstag Fettreserven an, um die Fastenzeit gut zu überstehen. Der Schmudo ist meist zwischen Anfang Februar und Anfang März – das genaue Datum hängt jeweils von Ostern beziehungsweise Aschermittwoch ab.

Man unterscheidet in Luzern zwischen zwei Tagwachen. Die erste ist die Fritschi-Tagwache der Safranzunft am Schmutzigen Donnerstag um fünf Uhr, sie ist der Startpunkt der Luzerner Fasnacht. Die zweite ist die Wey-Tagwache der gleichnamigen Zunft am Güdismontag um sechs Uhr, sie wird jeweils von deutlich weniger Fasnächtlern besucht.

Der Urknall ist der Startschuss der Luzerner Fasnacht. Mit dem lauten Knall über dem Seebecken wird am Schmutzigen Donnerstag um fünf Uhr morgens die Fasnacht angekündigt. Abgefeuert wird das Feuerwerk von einem Nauen, auf dem die Fritschi-Familie nach Luzern gefahren wird.

Volksfest am Dienstag vor dem Schmutzigen Donnerstag. Unter der Egg in Luzern findet ein Fest mit Guuggenmusig und Partymusik statt. Früher riefen ein Ausrufer und ein Trompeter (Güügle) am Dienstag (Markttag) die Fasnacht aus.

Zwei grosse Umzüge prägen die Luzerner Fasnacht. Nach dem ersten am Schmudo findet am Güdismontag das zweite Schaulaufen von Guuggen, Zünften und Fasnachtswagen statt, der Wey-Umzug. Angeführt vom Wey-Frosch, ziehen 45 Nummern durch die Strassen. Die Wey-Zunft feiert dieses Jahr ihr 100-jähriges Bestehen.

Im Mittelalter schlossen sich Handwerker und Kaufleute des gleichen Gewerbes zu Zünften zusammen. Die älteste und grösste ist die Zunft zu Safran, die 1400 als Krämergesellschaft gegründet wurde. Sie ist die Hüterin der mehr als 500-jährigen Tradition des Bruders Fritschi.

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