Freitag, Oktober 25

Der Bundesrat stellt zur Debatte, auch Onlineportale staatlich zu unterstützen. Vor allem kleine lokale und regionale Medien sollen profitieren.

Gregor Rutz hat gerade keine grosse Freude an seinem Parteikollegen Albert Rösti. Der Bundesrat hat am Dienstag Vorschläge zur Medienförderung publiziert. Rutz hat das Papier mit «Kopfschütteln» durchgeblättert und ist «enttäuscht», dass das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation «immer noch auf das Geldverteilen fixiert» sei. «Ich erwarte endlich einen liberalen, freiheitlichen Ansatz bei der Medienpolitik.»

Albert Rösti ist eigentlich nicht als grosser Medienförderer bekannt. Er war im Komitee für die Halbierungsinitiative, mit welcher die SVP die SRG-Gebühren senken will. Und er hat sich im Jahr 2022 gegen das Medienpaket engagiert, das nebst gedruckten Zeitungen auch private Onlinemedien hätte subventionieren sollen. Die Bevölkerung lehnte das Paket ab.

Doch nun ist alles anders. Albert Rösti ist Bundesrat. Und als solcher möchte er private Medien fördern. Schon im November sagte er der NZZ am Sonntag, es brauche eine «neue Art der Medienförderung», da die Medienvielfalt unter Druck sei. «CH Media» hatte damals angekündigt, 150 Vollzeitstellen streichen zu müssen.

Medienvielfalt stärken

Nun hat der Bundesrat in einem Bericht unter anderem Massnahmen zur «Minderung der Medienkonzentration» skizziert, die mehr nach GLP als nach SVP klingen. So schlägt er beispielsweise vor, alle elektronische Medien bei der Ausbildung, bei Agenturleistungen, der Selbstregulierung der Branche sowie digitalen Infrastrukturen zu fördern. Längerfristig stellt der Bundesrat sogar zur Debatte, Redaktionen aufgrund der Anzahl an Journalistenstellen oder Umsatzquoten finanziell zu unterstützen – unabhängig davon, ob sie beispielsweise im Print oder online publizieren. Dabei sollen vor allem kleine lokale und regionale Redaktionen gefördert werden, um der Medienkonzentration entgegenzuwirken. Auch Gratismedien könnten profitieren.

Das wäre ein ziemlicher Systemwechsel. Heute bekommen private Printmedien vor allem so genannte indirekte Subventionen in Form von Posttaxenverbilligungen – die Zeitungsausträger liefern die Presse zu vergünstigten Tarifen in die Briefkästen der Leser. Onlinemedien, die viel tiefere Infrastrukturkosten haben, profitieren davon nicht.

Hintergrund der bundesrätlichen Vorschläge ist ein Postulat der Basler Nationalrätin Katja Christ. Die Grünliberale trug der Bundesregierung auf, kanalunabhängige Modelle der Medienförderung aufzuzeigen. Demokratiepolitisch seien alle Verbreitungswege gleichwertig.

Christ konnte am Dienstag erst einen kurzen Blick auf den Bericht werfen – in Basel war Fasnacht. Sie zeigte sich aber sehr zufrieden mit der «fundierten Auslegeordnung» des Bundesrates.

«Medienvielfalt kann nur der Markt erbringen»

Der SVP-Medienpolitiker Gregor Rutz dagegen wünscht sich «wirtschaftsfreundlichere» Vorschläge vom Bundesrat. «Begreift der Bundesrat nicht, dass er mit einer staatlichen Finanzierung die Medienfreiheit gefährdet?», fragt er. Es sei nicht die Aufgabe des Staates, die Medien zu finanzieren. Sondern die Rahmenbedingungen zu sichern, die es einem Medienunternehmen ermöglichen, selbst Geld zu verdienen. Rutz: «Medienvielfalt kann nur der Markt erbringen, nicht die Bundesverwaltung.»

In den letzten Jahren hatten die Medien sichtlich Mühe, Geld zu verdienen. Die Werbeeinnahmen sind eingebrochen, die Medienhäuser haben immer wieder Stellen und Leistungen abgebaut. Der Verlegerverband, dem auch die NZZ angehört, bezeichnet die Medienförderung daher als «zwingend nötig, um die Finanzierung des Journalismus sicherstellen zu können». Neue Massnahmen dürften aber auf keinen Fall zulasten der «bewährten indirekten Presseförderung» ausgestaltet sein, schrieb er am Dienstag in einer Medienmitteilung.

Rutz dagegen ist überzeugt, dass Medien mit den richtigen Rahmenbedingungen rentieren können, dazu müsse man beispielsweise «Werbeverbote und bürokratische Hürden ab- statt ausbauen», schlägt er vor. In der Frühlingssession bespricht das Parlament unter anderem ein Verbot von Tabakwerbung etwa in Zeitungen. Ausserdem erlaube die Verfassung eine Förderung von Onlinemedien gar nicht, glaubt Rutz: «Der Bund legt die Verfassung aus, wie er will.» Es geht um Artikel 93, dort steht: «Die Gesetzgebung über Radio und Fernsehen sowie über andere Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist Sache des Bundes.» Gemäss Bund sind seine Vorschläge Verfassungskonform.

Wie die Debatte weitergeht, ist offen. Der Bundesrat will seinen Bericht nur als Vorschläge verstanden wissen und verzichtet auf eine Empfehlung. Christ überlegt sich, was es nun braucht, damit das Parlament im Sinne der Vorschläge auch tatsächlich aktiv wird. Rutz dagegen möchte in der zuständigen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen eine umfassende Debatte führen. Eine, die auch die Zukunft der SRG mit einschliesst. Er wird als Kommissionsmitglied eine solche verlangen. «Wir müssen endlich darüber reden, was medialer Service public bedeutet», sagt er. Die SVP fordere das seit Jahren.

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