Mittwoch, Oktober 2

Bei einer Scheidung oder Trennung stellt sich bei vielen Paaren die Frage, wie es mit dem gemeinsamen Haus oder der Wohnung weitergeht. Das sind die verschiedenen Varianten.

Hochzeit, Kinder, Einfamilienhaus: Für viele Paare ist der Kauf oder der Bau einer eigenen Immobilie ein Lebensziel. Sie investieren Geld, Zeit und Mühen in das Projekt. Doch wenn es zur Trennung kommt, wird der Stolz vieler Paare zu einem riesigen Problem: Schliesslich sind in einer Liegenschaft zumeist erhebliche finanzielle Mittel gebunden.

Aufteilung des Vermögens bei einer Scheidung

Laut Tashi Gumbatshang, Finanzexperte bei der Bank Raiffeisen, hängt es vom Güterstand, von der Eigentumsform und vom Anteil der beiden Ex-Partner am Eigenkapital ab, wie der Liegenschaftsbesitz bei einer Scheidung oder Trennung aufgeteilt wird.

Die meisten Ehepaare leben laut ihm im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung und haben die Immobilie im Miteigentum gekauft. In der Ehe gibt es zwei weitere mögliche Güterstände: die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft.

Errungenschaftsbeteiligung: «Viele Leute überlegen sich bei der Hochzeit gar nicht, welchen Güterstand sie haben wollen», sagt Gumbatshang. In der Folge hätten sie dann eine Errungenschaftsbeteiligung. Sie gilt immer dann, wenn es keinen Ehevertrag gibt. «Bei diesem Güterstand ist bei einer Scheidung alles hälftig zu teilen, was während der Ehe erwirtschaftet wurde», sagt Carole Herzog, Familienrechtsanwältin beim Advokaturbüro Langstrasse 4 in Zürich.

Zur Errungenschaft zählt sämtliches Vermögen, das während der Ehe erwirtschaftet wird – also beispielsweise Löhne, Arbeitslosengelder, Renten aus AHV und beruflicher Vorsorge oder Vermögenserträge. Der Besitz der Ehepartner vor der Ehe sowie Erbschaften und Schenkungen fallen ins sogenannte Eigengut und werden nicht aufgeteilt.

Serie: «Geld und Trennung: Wenn sich die Wege scheiden»

Wenn sich Paare trennen, belastet das die Betroffenen nicht nur auf der menschlichen Ebene, sondern auch finanziell. Kommt es zum Streit ums Geld, bleiben am Ende oft nur Verlierer. Die NZZ geht in einer neuen Serie der Frage nach, wie sich Paare bei einer Trennung richtig verhalten – und welche Vorkehrungen sie treffen können, um einen ruinösen Konflikt zu vermeiden.

Serie

Gütertrennung: Bei einer Gütertrennung hingegen muss man nichts mit dem Ex-Partner teilen, wenn die Ehe aufgelöst wird. Allerdings gilt auch hier die eheliche Beistandspflicht, und die Familienwohnung ist geschützt. «Gütertrennung wird öfter gemacht, als man denkt», sagt Herzog. Vor allem bei Personen, die zum zweiten Mal heirateten, sei dieser Güterstand verbreitet – wohl nicht zuletzt wegen schlechter Erfahrungen in der ersten Ehe. Auch im binationalen Bereich komme der Güterstand zum Einsatz, sagt Herzog.

Gütergemeinschaft: Ein weiterer Güterstand für Eheleute ist die sogenannte Gütergemeinschaft. Auch hierfür braucht es einen Ehevertrag. «Alles, was nicht als Eigengut definiert wurde, gehört hier den Eheleuten gemeinsam als Gesamtgut», sagt Herzog. Laut der Anwältin wird die Gütergemeinschaft «fast nie gemacht, obwohl sie der flexibelste Güterstand wäre». Dies liegt aus ihrer Sicht vor allem an fehlendem Wissen. Eine Immobilie könne hier beispielsweise aus dem gemeinsamen Vermögen ausgenommen werden.

Verschiedene Eigentumsformen bei Immobilien

Bei der Zuteilung des Wohneigentums bei einer Scheidung ist laut Mattia Bonasso, Chief Sales Officer bei Walde Immobilien, auch die gewählte Eigentumsform wichtig. Es geht also darum, ob die Immobilie einem Ehegatten allein gehört oder beiden. Es gibt folgende Varianten:

Miteigentum: Hier kann jeder Partner frei über seinen Anteil verfügen. Will ein Partner seinen Anteil verkaufen, hat der andere ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Laut Bonasso ist eine Miteigentumsquote von 50:50 weit verbreitet. Man könne aber auch eine andere Quote im Grundbuch eintragen, beispielsweise 75:25. Ehepartner, die unterschiedlich hohe Beträge für das Haus bezahlt haben, können dies mit sogenannten Eigentumsquoten im Grundbuch festhalten. Sofern nichts anderes vereinbart wird, teile sich das Paar bei einer Scheidung die Hypothekarschulden, Gewinn oder Verlust im Verhältnis der Quoten, sagt er.

Alleineigentum: Hat beispielsweise ein Ehepartner ein Haus geerbt, so ist er als Alleineigentümer eingetragen. Kommt es zu einer Scheidung, bekommt er bei einem Verkauf allein den Erlös. «Allerdings braucht bei einer Familienwohnung auch ein Alleineigentümer das Einverständnis des Ehepartners», sagt Bonasso. Der andere Partner, dem die Immobilie nicht gehört, der aber auf die Familienwohnung angewiesen ist, könne gerichtlich ein befristetes Wohnrecht eingeräumt bekommen.

Gesamteigentum: Hier gehört die Immobilie beiden Ehepartnern zusammen, es ist keine bestimmte Quote definiert.

«Wenn beide Ehegatten im Grundbuch eingetragen sind, muss bei einer Scheidung geklärt werden, wer die Immobilie übernimmt oder ob sie verkauft wird», sagt Gumbatshang. Werde die Liegenschaft nicht veräussert und wolle beispielsweise der Mann darin wohnen bleiben, müsse er die Ex-Frau auszahlen.

«Anhand des Güterrechts wird dann geklärt, wie die Ehegatten an der Liegenschaft einer Seite oder an der gemeinsamen Liegenschaft beteiligt sind», sagt der Raiffeisen-Finanzexperte. So werde die Auszahlungssumme berechnet. Dabei wird der Verkehrswert der entsprechenden Liegenschaft oder der Verkaufserlös zugrunde gelegt.

«Eigengut, das in der Liegenschaft steckt, wird dabei ausgesondert», sagt Gumbatshang. Habe die Immobilie seit dem Kauf an Wert gewonnen, müsse dieser Mehrwert ebenfalls aufgeteilt werden. Vorbezüge aus der Pensionskasse, die dazu benutzt wurden, die Liegenschaft zu kaufen, seien ebenfalls zu berücksichtigen.

Immobilienverkauf oder Haus bei Trennung behalten?

Bei einer Scheidung gibt es mehrere Varianten, was mit Wohneigentum geschieht. Es sind die Folgenden:

Variante 1: Das Ex-Paar behält die Immobilie gemeinsam

Laut Herzog ist dies mittlerweile eine häufige Variante in der Schweiz – und vor allem dann verbreitet, wenn das Paar Kinder hat. «Meistens bleibt dann der hauptbetreuende Ehepartner mit den Kindern in der Immobilie», sagt sie. Für viele Paare, die sich in der Scheidung befinden, sei dies die interessanteste Variante. Schliesslich sind zumeist grosse finanzielle Mittel in der Liegenschaft gebunden, und aufgrund der gestiegenen Immobilienpreise ist es nicht möglich, dass ein Partner den anderen auszahlt.

Dies könne dann so aussehen, dass der hauptbetreuende Partner die laufenden Kosten der Immobilie übernehme und der andere allenfalls einen finanziellen Ausgleich bekomme. Der grosse Vorteil liegt aber darin, dass die Unterhaltsbeträge niedriger ausfallen, weil die Wohnkosten in der eigenen Liegenschaft oft tiefer ausfallen. «Eine Mietwohnung zu nehmen, wäre unter Umständen viel teurer», sagt Herzog.

In der Stadt Zürich beobachte sie auch, dass getrennte Paare das sogenannte «Nestmodell» verfolgten. Dabei behält das Ex-Paar die Liegenschaft, in der fortan nur die Kinder dauerhaft wohnen. Die Eltern mieten oder kaufen eine Zweitwohnung oder gar zwei Zweitwohnungen, in der beziehungsweise denen sie sich aufhalten, wenn der Ex-Partner in der gemeinsamen Liegenschaft bei den Kindern ist. «Ich kenne aber nur wenige Ex-Paare, die dies längerfristig durchziehen und sich dieses teure Modell leisten können», sagt Herzog.

Variante 2: Ein Partner übernimmt die Immobilie

«Es kommt relativ selten vor, dass einer der beiden Partner die gemeinsame Immobilie nach der Scheidung allein behält», sagt Bonasso. Oft gebe es Schwierigkeiten bei der Tragbarkeit. Übernimmt ein Partner die Hypothek allein, so muss er diese auch allein tragen können – dafür braucht es einen gewissen finanziellen Spielraum, der sich durch die Scheidung im Allgemeinen verschlechtert hat. Der Hypothekargeber prüft dann, ob die Finanzkraft vorhanden ist.

Banken und andere Hypothekargeber sind laut Bonasso oftmals kulant und versuchen, Hand zu bieten. Eine Möglichkeit sei, bei fehlender Tragbarkeit den Ex-Partner als Solidarschuldner weiterzuführen. Ist das nicht möglich, gebe es zwei Vorgehensweisen: die Hypothek zu verringern, beispielsweise durch Vorsorgegelder oder einen Erbvorbezug, oder dem Hypothekarinstitut Zusatzsicherheiten wie Wertschriften und Lebensversicherungen als Pfand zur Verfügung zu stellen.

Variante 3: Das ehemalige Paar verkauft die Immobilie

Beim Verkauf einer Immobilie, bei der die Verheirateten als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen sind, werde der Erlös nach den effektiven Investitionen der Ehegatten aufgeteilt, sagt Herzog. Dies sei – entgegen dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis – selten 50:50.

Variante 4: Das Ex-Paar vermietet die Immobilie

Eine Variante kann auch sein, dass das ehemalige Paar die Liegenschaft behält und an eine dritte Partei vermietet. Laut Herzog ist dies aber eher die Ausnahme.

Was passiert mit der Hypothek?

Gibt es eine Hypothek auf der Liegenschaft, muss das ehemalige Paar auch hier Entscheidungen treffen. «Die Hypothek folgt letztlich der Variante, die das Ex-Paar für die gemeinsame Liegenschaft verfolgt», sagt Herzog.

Bei der weitverbreiteten Errungenschaftsbeteiligung haftet das Ehepaar laut Bonasso gemeinsam für Hypothekarschulden. Das bedeutet, dass beide Partner – unabhängig von ihren jeweiligen finanziellen Mitteln – für die gesamte Hypothek verantwortlich sind, wenn sie die Immobilie zu gleichen Teilen besitzen.

Laut Gumbatshang kommt es bei Scheidungen häufig vor, dass die Hypothek vorzeitig aufgelöst wird. Dies kann allerdings teuer werden, denn der Hypothekargeber verlangt dann im Allgemeinen eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung. Viele Paare, die sich trennten, fragten sich, wie sie Zeit gewinnen könnten, um die Vorfälligkeitsentschädigung zu vermeiden, sagt der Raiffeisen-Finanzexperte.

Eine Variante beim Verkauf der Liegenschaft kann es auch sein, die Hypothek auf den neuen Besitzer zu übertragen. Dafür muss aber natürlich der Käufer mitspielen. Hier sollte man die Rechnung auch nicht ohne die Bank beziehungsweise den Hypothekargeber machen. «Man muss die Bank mit ins Boot holen», sagt Herzog.

Konkubinatspaare in Trennung

Beim Immobilienkauf sollten Konkubinatspaare die Eigentumsverhältnisse und die Finanzierung klären, schriftlich festhalten, wer für Unterhalt und Betriebskosten verantwortlich ist, und für den Todesfall vorsorgen, sagt Bonasso. Auch Gumbatshang empfiehlt Konkubinatspaaren, genau zu dokumentieren, was sie an der Immobilie bezahlt haben. Bei nicht verheirateten Paaren brauche es beim gemeinsamen Immobilienkauf mehr Regelungen als bei Ehepaaren. Die rechtlichen Interessen beider Seiten seien gesetzlich wenig geschützt. Folglich sei Konkubinatspaaren zu empfehlen, selber Verträge abzuschliessen. In einem Gesellschaftsvertrag können Konkubinatspaare – oder auch Ehepaare – beispielsweise festhalten, wer die Immobilie zu welchen Teilen finanziert hat, wer welche Kosten trägt und was gilt, wenn eine Seite aussteigen will. Als Eigentumsform empfiehlt Raiffeisen für Konkubinatspaare Miteigentum. Damit hätten die beiden Partner je für ihren Anteil die Rechte und Pflichten eines Eigentümers. Die Eigentumsquote werde im Grundbuch eingetragen, und so bestehe bei einer Trennung Klarheit über die Eigentumsverhältnisse. Die Rechtsanwältin Herzog empfiehlt diesfalls, die Einträge im Grundbuch à jour zu halten – wenn ein Partner beispielsweise eine Renovierung bezahlt hat.

Tipps: Wie sich Streit vermeiden lässt

«Entweder man einigt sich, was mit der gemeinsamen Immobilie passieren soll – oder sonst entscheidet das Gericht, wie es weitergeht», sagt Herzog. In seltenen Fällen könne es auch zu einer Zwangsversteigerung kommen. «Am Ende einigen sich die Betroffenen aber fast immer auf eine Variante, denn es geht um viel Geld.»

Kommunikation ist wichtig: «Besonders beim Verkauf der Immobilie kommt es auf die Kommunikation zwischen den Ex-Partnern an», sagt Bonasso. Als Immobilienberater sei es hier besonders wichtig, alle Parteien zeitgleich mit allen wichtigen Informationen zu versorgen.

Investitionen und Kosten schriftlich festhalten: Herzog empfiehlt, schriftlich festzuhalten, wie die Liegenschaft finanziert wurde, welche Investitionen gemacht wurden und wer diese bezahlt hat. Auch die Aufteilung der laufenden Liegenschaftskosten kann festgehalten werden. «Eine saubere Aufstellung dieser Punkte ist sehr wichtig, wenn es zu einer Trennung kommt.»

Sich um die Finanzen kümmern: Sie sehe in der Praxis oft, dass sich ein Partner in der Ehe überhaupt nicht mit dem Thema Finanzen auseinandergesetzt habe, sagt Herzog. Dies führe dazu, dass dieser Partner bei einem Scheidungsverfahren benachteiligt sein könnte.


Serie: «Geld und Trennung: Wenn sich die Wege scheiden»

Wenn sich Paare trennen, belastet das die Betroffenen nicht nur auf der menschlichen Ebene, sondern auch finanziell. Kommt es zum Streit ums Geld, bleiben am Ende oft nur Verlierer. Die NZZ geht in einer neuen Serie der Frage nach, wie sich Paare bei einer Trennung richtig verhalten – und welche Vorkehrungen sie treffen können, um einen ruinösen Konflikt zu vermeiden.

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