Die schlechte Aktienperformance des weltgrössten Nahrungsmittelkonzerns ist symptomatisch für das schwierige Marktumfeld. Ein Blick auf Unilever, Danone, Kraft Heinz und General Mills zeigt, woran die Branche krankt und wie die Unternehmen aus der Baisse finden können.
Nestlé versucht einen Neuanfang. Mit der Ernennung von Laurent Freixe zum CEO per 1. September will der Konzern einen Schlussstrich unter die vergangenen zweieinhalb Jahre ziehen. Der Fokus soll künftig stärker auf dem bestehenden Markenportfolio liegen. Durch deren Stärkung mit Investitionen hofft Nestlé, Marktanteile zurückzugewinnen.
Der scheidende Chef Mark Schneider hatte das Glück unter anderem am Transaktionsmarkt gesucht, über die vergangenen knapp acht Jahre hat das Unternehmen unzählige Geschäftsteile verkauft und anderswo zugekauft – nur zu Beginn war das von Erfolg gekrönt. Auf den Aufstieg bis Ende 2021 folgte an der Börse der tiefe Fall.
Es waren generell schwierige Jahre für Konsumgüterhersteller. Zunächst veränderte die Pandemie ab März 2020 mit dem faktischen Stillstand des öffentlichen Lebens die Konsummuster und beschleunigte die Trends in der Industrie; die Menschen blieben zu Hause, bestellten Essen und kochten vermehrt selbst. Die Bevölkerung in den Industrieländern war kaum gegen das Coronavirus geimpft, da litten die Konzerne bereits unter Nachholeffekten wie eingeschränkten Lieferketten und stark steigenden Inputkosten. Und nun, nach mehreren Jahren mit hoher Inflation, stöhnen die Konsumenten erneut. Die Nachfrage verschiebt sich einmal mehr, dieses Mal weg von Marken- und Lifestyleprodukten hin zum günstigen Angebot der Detailhändler.
Nestlé ist nicht die Einzige, die darunter leidet. In den USA ist in den vergangenen Monaten ein regelrechter Preiskampf um die Kundschaft entstanden. Diesem wollen sich die Konzerne möglichst entziehen, indem sie andere Wege aus der Baisse suchen, zum Teil getrieben durch aktivistische Investoren. Heute analysiert The Market die Unternehmen im Konsumgütersektor und ihr Rezept, die Herausforderungen der Branche zu meistern – und schaut, was sich für den Konzern aus Vevey daraus ableiten lässt.
Konkurrentin in den Kategorien: Fertiggerichte, Milchprodukte (Glace)
Unilever konnte in den vergangenen fünf Jahren kaum je als Vorbild im Konsumgütersektor dienen. Die heute nur noch in Grossbritannien kotierten Aktien des ehemals britisch-niederländischen Unternehmens litten nicht zuletzt unter einer wenig fokussierten operativen Führung. Investoren fragten sich, ob sich der Konsumgüterhersteller nicht zu sehr auf Nachhaltigkeitsziele konzentrierte, statt Mehrwert für die Eigentümer zu generieren. Doch seit Januar geht es an der Börse, anders als für den Rest der Branche, steil aufwärts.
Ein wichtiger Grund: Hein Schumacher. Der 53-jährige Niederländer ist seit vergangenem Sommer CEO des mit einem Umsatz von fast 60 Mrd. € (2023) und einer Marktkapitalisierung von 143 Mrd. € drittgrössten Konsumgüterkonzerns Europas. Unterstützt wird der Konzernchef in seinen Plänen, Unilever zurück in die Erfolgsspur zu bringen, von Grossaktionär und Mitglied des Verwaltungsrats Nelson Peltz. Trian Partners erwarb zwischen Januar und Mai 2022 einen Anteil von 1,5% an den Briten.
Kritiker wie Bruno Monteyne führen die Wachstums- und Margenschwäche unter anderem darauf zurück, dass Unilever zu wenig fokussiert sei. Ein solches Konglomerat könne nicht funktionieren, glaubt der Analyst von AllianceBernstein. Er fordert deshalb bereits seit Jahren, dass sich der Konzern aufspaltet und sich vom Nahrungsmittel- und Getränkegeschäft verabschiedet. Schumachers Vorgänger Alan Jope war wiederholt dafür kritisiert worden, dass unter seiner Führung das Markenportfolio bis auf rund 400 Artikel gewachsen war. Realistischerweise wird Schumacher weitere grössere Devestitionen erst nach Abschluss der Glace-Transaktion Ende 2025 angehen.
Die Anfang Jahr vorgestellte Strategie ähnelt in einem wichtigen Punkt dem, was Nestlé vergangene Woche betont hat: Der Fokus soll auch bei Unilever künftig auf den grössten dreissig Marken wie Dove (Hygieneprodukte) und Omo (Waschmittel) liegen, die rund drei Viertel des Umsatzes ausmachen. Zum Restrukturierungsplan gehören aber anders als in Vevey auch einschneidende Sparmassnahmen. In Europa soll ein Drittel der bisher rund 10’000 Stellen abgebaut werden. Ausserdem will Schumacher die Glace-Division abtrennen und wohl als Spin-off an die Börse bringen. Dessen Geschäft litt zuletzt besonders stark unter steigenden Inputkosten, etwa für Kakao.
Jahrelang hinkte Unilever beim Volumenwachstum hinter anderen Konzernen wie Nestlé zurück. Seit 2018 resultierte im Schnitt ein jährliches Plus von weniger als 1%, während der Schweizer Konzern das Verkaufsvolumen – trotz schleppendem Absatz in den vergangenen zwei Jahren – durchschnittlich um 2,3% steigerte. Zuletzt aber haben die Briten die Führung übernommen.
Unilevers bereinigte operative Marge hat sich dagegen nach einem deutlichen Rückgang 2021 und 2022 infolge der gestiegenen Rohstoffpreise bisher nicht erholt und lag im vergangenen Jahr mit 16,4% weiterhin hinter der Konkurrenz aus Vevey (17,3%). Mit Blick auf die Rentabilität schliesst Unilever zwar seit Jahren besser ab als Nestlé, zuletzt lag die Kapitalrendite (ROIC) bei knapp 16%, vom früheren Niveau zwischen 18 und 20% ist der Konzern aber noch entfernt.
Dennoch glauben die Analysten der Deutschen Bank, dass durch die angekündigten Massnahmen einerseits das Geschäft insgesamt lukrativer, andererseits der Raum für Investitionen in die funktionierenden Marken grösser werde. Damit gewännen die Aktien weiter an Attraktivität, nachdem sie seit Jahresbeginn bereits rund ein Viertel zugelegt haben.
Die Bewertung der Aktien nimmt damit bereits eine Beschleunigung vorweg, mittlerweile liegt das Verhältnis von Unternehmenswert zum für 2024 geschätzten Ebitda (EV/Ebitda) bei 13,6 und damit über dem langjährigen Schnitt, obschon dieser durch den Pandemieboom nach oben verzerrt ist. Der Abstand zu Nestlé (15,1) ist kleiner geworden. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis des für 2024 respektive 2025 geschätzten Gewinns liegt mit 20 und 18 bereits über Nestlé-Niveau.
Konkurrentin in den Kategorien: Milchprodukte, Babynahrung, medizinische Ernährung, Wasser
Bereits Anfang 2021 ist Artisan Partners mit lauter Ansage bei Danone eingestiegen: «In fast allen Bereichen ist die Leistung von Danone hinter den Erwartungen zurückgeblieben», erklärte die aktivistische Fondsgesellschaft damals und forderte schnelle Veränderungen. Zu dieser Zeit litt der französische Lebensmittelkonzern besonders stark unter den Ausgangsbeschränkungen infolge der Pandemie, es wurde viel weniger abgefülltes Wasser verkauft. Doch die Artisan-Portfoliomanager führten das schwache Wachstum, die sinkende Profitabilität und Rentabilität vor allem auf das Versäumnis des Unternehmens zurück, in die Produktentwicklung zu investieren. Zu viel Macht sei beim Präsidenten und CEO Emmanuel Faber vereint, zu wenig Industrieerfahrung im Verwaltungsrat präsent. Einen Monat nach dem Einstieg des Grossaktionärs wurde Faber abgesetzt.
Was als beachtlicher Erfolg des Aktionärsaktivismus galt, sollte Jahre dauern, bis es sich positiv auf die operative Entwicklung auswirkte. Der Aktienkurs notierte – mit Ausnahme eines Ausbruchs im Mai 2023 – erst Anfang dieses Jahres wieder auf dem Niveau von 2021.
Insbesondere die Marge und die Kapitalrendite sanken zunächst weiter. Der neue CEO Antoine de Saint-Affrique verbrachte die ersten Monate nach seinem Wechsel von Barry Callebaut damit, eine Strategie auszuarbeiten. Deren Fokus: die Kernbereiche durch Investitionen in die Entwicklung und die Kommerzialisierung stärken, denn gerade im wichtigsten Geschäft mit Milchprodukten hatte Danone in den Jahren davor Marktanteile verloren. Ausserdem sollte die Kapitalallokation restriktiver werden, sprich: unter anderem keine Investitionen mehr in wenig lukratives Nebengeschäft.
Heute – zwei Jahre später – scheint diese Transformation langsam zu greifen. Ende Juli konnte Saint-Affrique ein sehr gutes Volumenwachstum für das erste Halbjahr vorlegen. Insbesondere in den Segmenten Spezialnahrung und Wasser griffen die Ausgaben für die Forschung, fürs Marketing und den Vertrieb. Damit liegt das Jahresziel eines organischen Umsatzwachstums von 3 bis 5% in Griffnähe. Nestlé musste dagegen bei der der Halbjahreszahlen das Wachstumsziel von «rund 4%» auf «mindestens 3%» senken. Bereits 2023 hat sich die Profitabilität von Danone verbessert. Im ersten Halbjahr 2024 lag sie mit 12,7% aber klar hinter Nestlé (17,4%), und auch die Rendite auf dem investierten Kapital hinkt der des Branchenprimus hinterher.
Für JPMorgan-Analystin Celine Pannuti zeichnet sich die Trendwende bei Danone immer klarer ab, insbesondere im Geschäft für Milchprodukte in Europa. Rund 60% des Umsatzes mache das Unternehmen in Wachstumsmärkten wie Probiotika, pflanzlichen Produkten, Proteinen, Premiumwasser und medizinischer Ernährung. Zudem könne das Unternehmen dank Investitionen und einer verbesserten Umsetzung der Strategie noch Marktanteile dazugewinnen. Gleichzeitig dürften sich die Margen mittelfristig leicht verbessern.
Seit dem Rücksetzer Ende Juni 2024 zeigt auch der Trend an der Börse für Danone klar nach oben, der Aktienkurs hat in den vergangenen zwei Monaten rund 8% zugelegt. Damit liegt die Bewertung gemessen am EV/Ebitda für 2024 mit 11,3 ziemlich genau im historischen Schnitt. Auf Basis des KGV für 2024 und 2025 von 18 und 17 ist der Abstand zu Nestlé klein geworden (19/18).
Konkurrentin in den Kategorien: Kaffee, Fertiggerichte
Die Fusion der beiden US-Ikonen Kraft Foods und Heinz im Jahr 2015 hat sich aus Aktionärsperspektive nie gelohnt, im Gegenteil. Die Aktien notieren heute rund 60% niedriger als damals.
Der US-Konsumgüterkonzern wollte vor allem eines sein: gross. Doch mit dem gescheiterten Übernahmeversuch von Unilever 2017 begann nicht nur an der Börse der Niedergang. Das Wachstum stockte, im vergangenen Jahr erwirtschaftete Kraft Heinz mit gut 26 Mrd. $ Umsatz gleich viel wie im Jahr nach dem Zusammenschluss. Mit einem ROIC von durchschnittlich weniger als 4% in den vergangenen neun Geschäftsjahren war der Konzern nicht rentabel – ganz im Gegensatz zu Nestlé.
Mit ein Grund für die schwache Entwicklung sind das verstaubte Produktportfolio und mangelnde Investitionen in die Weiterentwicklung. Das Angebot ist zu süss, zu fettig und mit zu vielen Zusatzstoffen angereichert. Stellvertretend dafür steht der Verkaufsschlager: Barbecue-Saucen. Zwar ist Kraft Heinz laut Euromonitor weiterhin globale Spitze in diesem Bereich, doch Ketchup und Co. sind mit Blick auf das Wachstum und die Marge wenig attraktiv.
Im Markt für Fertiggerichte liegt der US-Konzern hinter Nestlé, und im lukrativen Kaffeegeschäft konnte er seine Grösse nie ausspielen, mit Marken wie Maxwell House landen sie im hinteren Feld. Mit einem kalten Instantkaffee lancierte Kraft Heinz im Sommer 2023 das erste neue Kaffeeprodukt seit fast zehn Jahren. Nestlé besitzt mit Nescafé, Nespresso, Starbucks und Nescafé Dolce Gusto vier der fünf wertvollsten Kaffeemarken weltweit und entwickelt diese stetig weiter.
Zuletzt hat Kraft Heinz laut den Analysten von Bank of America einen Teil seines Rückstands aufgeholt und dank Neulancierungen Marktanteile gewonnen. Der Umsatz schrumpfte aber auch im ersten Halbjahr 2024, die Wachstumsprognose für das Gesamtjahr wurde auf –2 bis 0% gesenkt. Immerhin konnte der Konzern in einem von der schlechten Konsumstimmung geprägten Umfeld die Preise anheben und scheint bisher eine gute Mischung aus Aktionen für mehr Volumen und dem Schutz der Marge gefunden zu haben.
Auch in den kommenden Monaten werde sich das Interesse der Investoren um die Promotionsaktivitäten in den USA drehen, glaubt Andrew Lazar. Noch verfügt Kraft Heinz laut dem Barclays-Analysten über genügend Spielraum, um mehr für Marketing und die nötigen Produktanpassungen auszugeben. Mittelfristig bleibt er aber skeptisch: «Während die Umsatzentwicklung wie erwartet besser ausfällt, sind wir der Ansicht, dass die Kombination aus Inflation und Reinvestitionsbedarf [ins bestehende Portfolio] die Sichtbarkeit des potenziellen Gewinnanstiegs in den kommenden Jahren einschränkt.» Die Grossbank empfiehlt die Aktie zu halten.
Die Titel sind mit einem EV/Ebitda für 2024 von 9,8 nicht nur im Vergleich zur Konkurrenz, sondern auch gegenüber der eigenen Historie günstig bewertet. Doch der Abschlag scheint angesichts der grossen Herausforderungen im Hauptmarkt USA, die das Wachstum weiterhin lähmen, sowie der notwendigen Investitionen und der schwachen Kapitalrendite weiterhin gerechtfertigt. Immerhin hat der Konzern die Nettoverschuldung in den vergangenen vier Jahren um fast die Hälfte auf noch rund 20 Mrd. $ senken können. Für 2024 erwarten Analysten eine Dividendenrendite von 4,5%, deutlich mehr als für Nestlé (3,4%).
Konkurrentin in den Kategorien: Fertiggerichte, Produkte für Heimtiere
Die Pandemie liess bei General Mills die Kassen klingeln: Die Nachfrage nach Fertiggerichten und Hundefutter stieg deutlich an. Der Umsatz des US-Konzerns wuchs von knapp 17 Mrd. $ vor Corona auf erstmals mehr als 20 Mrd. im Geschäftsjahr 2022/23, die bereinigte operative Marge verbesserte sich leicht auf 17,2%.
Auch die Aktien liefen sehr gut – bis im Mai 2023.
Zur Skepsis über die künftige Nachfrage nach Mac’n’Cheese oder Pizzasnacks vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten in den USA kamen Aussagen des Managements rund um CEO und Präsident Jeff Harmening, wonach das Wachstum durch den Lagerabbau bei den Kunden bei verschiedenen Nahrungsmitteln zusätzlich gebremst werde. In der Zwischenzeit haben sich die Bedingungen verschlechtert, insbesondere in den USA hat sich die Stimmung weiter eingetrübt. Organisch ist das Unternehmen 2023/24 rund 1% geschrumpft und hat damit die Prognosen klar verfehlt, nur dank Preissteigerungen resultierte nicht ein deutlicheres Minus. Immerhin konnte auch die operative Marge gehalten werden.
Hoffnung setzen Analysten deswegen ins lange erfolgreiche Tierfuttergeschäft. Dieses hat General Mills – auch dank dem schnellen Marktwachstum während der Pandemie – in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. 2023/24 betrug der Umsatzanteil mehr als 30%. Zuletzt ist das Wachstum aber auch in diesem Markt zurückgegangen, die Normalisierung zeigt sich ebenso bei Nestlé.
General Mills leidet zusätzlich an hausgemachten Problemen. Laut UBS liegt die Ursache bei Lieferkettenproblemen und einer schwächeren Vermarktung. Analyst Cody Ross ist zuversichtlich, dass der US-Konzern über genügend Erfahrung verfügt, um die Probleme zu bewältigen. Ausserdem werde die Vergleichsbasis für die strauchelnden Marken im von nun an einfacher, betont JPMorgan-Analyst Ken Goldman.
Die Schwäche der Amerikaner eröffnet in den nächsten Monaten aber eine Chance für die Konkurrenz – spezifisch für Nestlé. Gerade im Bereich des nassen Hundefutters, der Hundesnacks und ausserhalb der USA, wo General Mills mit Problemen kämpft, hat sie Aufholpotenzial gegenüber Marktführerin Mars. In den vergangenen Jahren hat der Schweizer Konzern im Tierfutterbereich das umgesetzt, was CEO Freixe auf Gruppenebene plant: Milliarden wurden in die Produktentwicklung und den Ausbau der Produktion investiert, Übernahmen gab es seit 2017 dagegen nur wenige. 2023 war die Kategorie mit einem Umsatzanteil von gut 20% und einer operativen Marge von 20,7% die wohl wichtigste. Gelingt es Nestlé, General Mills Marktanteile abzujagen, könnte sie das Wachstum in der Kategorie trotz Gegenwind wieder beschleunigen.
Mehr Sorgen bereiten UBS-Analyst Ross und seinem Kollegen von JPMorgan mit Blick auf General Mills die Abschwächung im organischen Umsatzwachstum. Zwar beginne sich die Strategie, mittels Übernahmen zu wachsen, auszuzahlen. Die Prognose für das laufende Geschäftsjahr hält Analyst Goldman aber anders als üblich nicht für konservativ. Vor diesem Hintergrund sei auch die Bewertung nur scheinbar wenig anspruchsvoll. Auf Basis des Bloomberg-Konsens für 2024/25 kommt der Konzern auf ein EV/Ebitda von 12,7 und ein KGV von 16.
Der Vergleich mit der Konkurrenz macht deutlich, warum die Nestlé-Aktien auch nach dem Kurseinbruch der letzten Jahre mit einer Prämie bewertet sind – und das zu Recht. Bei vielen Kennzahlen wie Marktanteilen, organischem Umsatzwachstum, operativer Marge und Kapitalrendite liegt der Schweizer Konzern nach wie vor weit vorne. Er tut gut daran, sich auf Investitionen in das starke Kernportfolio zu konzentrieren. Transformative Akquisitionen bergen dagegen ein erhebliches Risiko, siehe Kraft Heinz. Der Erfolg der Tierfuttersparte und des Kassenschlagers Kitkat können als Vorbild dienen.
Am Beispiel von Unilever zeigt sich aber auch, dass Nestlé bei den Kosten und mit Blick auf die Portfoliobereinigung noch Potenzial hätte. Der Konzern scheut sich weiterhin vor Sparmassnahmen und macht es lieber auf «Nestlé-Art», sprich mit kleineren Schrittchen, wie Präsident Paul Bulcke am vergangenen Freitag an einer Telefonkonferenz erneut betonte. Die Abspaltung des Tiefkühl- und Süssigkeitengeschäfts war bei Analysten und Investoren immer wieder ein Thema, ebenso wie der Verkauf der Beteiligung an L’Oréal.
Zuletzt macht der Fall Danone deutlich, dass es lange – sprich mehrere Jahre –dauern kann, bis auch gute Transformationspläne greifen. Aus dieser Perspektive ist es vorteilhaft, dass bei Nestlé mit Laurent Freixe ein Mann übernimmt, der den Konzern, die Produkte und Konsumenten in- und auswendig kennt. Anleger müssen gleichwohl Geduld mitbringen, und der Konzern sollte sich Gedanken machen, wie er die Nachfolgeregelung an der Unternehmensspitze angehen will. Vielleicht steht mit Finanzchefin Anna Manz bereits eine Kandidatin für den Aufbau bereit.