SPD und Union wollen Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur ausgeben. Doch das Vorhaben können sie alleine nicht umsetzen. An einer Sondersitzung werben sie um die Zustimmung der Grünen.
Friedrich Merz macht einen beachtlichen Schritt auf die Grünen zu. Während einer Sondersitzung des Deutschen Bundestags zur Lockerung der Schuldenbremse und Investitionen in die Infrastruktur hat er der Partei ein Angebot gemacht. Von den geplanten Investitionen in die Infrastruktur wolle man bis zu 50 Milliarden dem Klimaschutz zuteilen. Der CDU-Chef Merz rief den Grünen zu: «Was wollen Sie mehr?»
Will Merz die geplanten Investitionen von Union und SPD rasch beschliessen, ist er auf die Grünen (oder die FDP) angewiesen. Denn um die für das Investitionspaket nötigen Änderungen des Grundgesetzes beschliessen zu können, brauchen Union und SPD im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit. Das dürfte im alten Bundestag schwieriger sein als im neuen. Denn im neuen Bundestag verfügen die Linkspartei und die AfD über eine Sperrminorität.
Doch wie sich in den vergangenen Tagen zeigte, machen die Grünen da nicht einfach mit. Vor wenigen Tagen sagten sie ihre Zustimmung ab und machten einen Gegenvorschlag. Die FDP tat es ihnen gleich.
Wie die Sitzung am Donnerstag zeigt, sind Union und SPD nun bereit, den Grünen Zugeständnissen zu machen. Das sagte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe Alexander Dobrindt ganz konkret: «Wir werben um die Zustimmung in der politischen Mitte».
SPD-Chef Klingbeil: «Es ist eine historische Chance»
Der SPD-Chef Lars Klingbeil und der CDU-Chef Friedrich Merz erinnerten bei ihren Reden im Bundestag auch an die geopolitische Lage und die Rolle Deutschlands in der Welt. Klingbeil sagte, bei den Investitionen in die Verteidigung gehe es auch darum, eine historische Chance nicht zu verspielen.
Merz unterstrich ebenfalls die Dringlichkeit der Investitionen. Er sagt, er habe in den vergangenen Tagen gute Gespräche mit den Grünen geführt und sei bereit, ihnen entgegenzukommen. Neben den Investitionen in den Klimaschutz will er auch den Begriff der Verteidigung bei den geplanten Investitionen breiter fassen. Ähnlich, wie es die Grünen in ihrem Entwurf von Montag vorgeschlagen hatten.
Merz will den Begriff der Verteidigung breiter fassen und auch Geld in die Nachrichtendienste, den Zivilschutz und in die Unterstützung der Ukraine investieren.
Grüne wollen über Infrastruktur und Verteidigung separat abstimmen
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge trat direkt nach Merz ans Rednerpult und begann mit grosser Kritik in seine Richtung. Sie sagt, die Grünen würden seit Monaten eine Reform der Schuldenbremse fordern. Investitionen, wie Union und SPD vorschlagen, seien schon lange nötig. Dröge: «Warum haben Sie nicht früher gehandelt?».
Dröge reagierte auch auf den Vorschlag von Merz, 50 Milliarden des geplanten Sondervermögens in den Klimaschutz zu investieren. Die Grünen wollten verhindern, dass Geld von einem Topf in den anderen verschoben werde, sagte Dröge. Aber man sei gesprächsbereit. Dröge: «Wir verhandeln bis zum Ende». Sie äusserte zudem die Forderung der Grünen, separat über die Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur abzustimmen.
Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Hasselmann kritisierte das Vorgehen der Union, sie sagte: «Ich zweifle am Verhandlungsgeschick mancher Kollegen». Und: «Angebote für Änderungen an Gesetzesentwürfen macht man nicht auf der Mailbox und nicht im Plenum». Hasselmann spielt dabei auf eine Episode vom Wochenende an, als Merz ihr vor Abschluss der Sondierungsgespräche eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen hatte, statt das Gespräch zu suchen.
FDP und Grüne stellen Zeitpunkt des Vorschlags infrage
Es ist eine sonderbare Veranstaltung, die an diesem Donnerstag in Berlin stattfindet. Das Plenum debattiert über Milliardeninvestitionen der voraussichtlich neuen Regierung. Und das in einem Bundestag, dessen Amtszeit in wenigen Tagen endet.
Dass die Situation kompliziert ist, zeigte auch der Auftakt der Sitzung. Die AfD stellt zu Beginn einen Antrag zur Absetzung der Debatte. Laut dem Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, sei es gegen den Wählerwillen, solche umfassenden Investitionen nach der Bundestagswahl mit alten Mehrheiten zu beschliessen.
Der Bundestag lehnte den Antrag der AfD ab, doch auch von den anderen Parteien kam Kritik an dem Vorgehen von Union und SPD. Irene Mihalic, die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin richtete sich an Friedrich Merz und sagte: «Sie tun so, als sei dieser Investitionsbedarf am Tag nach der Wahl vom Himmel gefallen».
Mehr folgt.