Donnerstag, März 13

Der französische Senator Claude Malhuret hat eine feurige Rede auf das Weltgeschehen und die Politik von Donald Trump gehalten. Seitdem wird er von Kritikern des amerikanischen Präsidenten rund um die Welt gefeiert.

Landet Claude Malhuret bald auf einer schwarzen Liste des amerikanischen Aussenministeriums? Muss sich der 75-jährige französische Senator auf ein Einreiseverbot in die Vereinigten Staaten gefasst machen? Das liegt seit seiner Brandrede auf Donald Trump, Elon Musk und das politische Weltgeschehen im Bereich des Möglichen.

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Es begann alles ganz harmlos. Europa, erklärte Malhuret vergangene Woche bei einer Debatte über die Lage in der Ukraine im französischen Senat, befinde sich an einem Wendepunkt seiner Geschichte: «Der amerikanische Schutzschild schwindet, die Ukraine droht im Stich gelassen zu werden, und Russland wird gestärkt.»

«Aufrührerischer Kaiser, unterwürfige Höflinge»

Dann legte der Franzose los: «Washington ist zum Hof Neros geworden: ein aufrührerischer Kaiser, unterwürfige Höflinge und ein Hofnarr auf Ketamin, der mit der Säuberung des öffentlichen Dienstes beauftragt ist.» Dies sei eine Tragödie für die freie Welt, aber in erster Linie für die Vereinigten Staaten, so Malhuret. Trump mache klar, dass es sinnlos sei, sein Verbündeter zu sein, denn: «Er wird Sie nicht verteidigen, er wird Ihnen mehr Zölle auferlegen als seinen Feinden, und er wird damit drohen, Ihre Gebiete zu beschlagnahmen, während er die Diktatoren unterstützt, die bei Ihnen einfallen.»

Guerre en Ukraine : "Washington est devenu la cour de Néron", lance Claude Malhuret

Mit dem «Hofnarren auf Ketamin» war der Tech-Milliardär Elon Musk gemeint, der seinen Drogenkonsum nicht verheimlicht und im Auftrag Trumps radikal die Bürokratie seines Landes zerschlägt. Schon das mag für die meisten französischen Politiker eine Horrorvorstellung sein. Aber Malhuret machte klar, dass für ihn der wahre Wahnsinn in der Abkehr von den humanitären Werten liege, für die Amerika bisher gestanden habe: «Wir waren im Krieg mit einem Diktator, jetzt kämpfen wir gegen einen Diktator, der von einem Verräter unterstützt wird.»

Donald Trump, ein Verräter? Genau so müsse man das sagen, lobten Kritiker des Präsidenten in den USA, wo Malhurets achteinhalb Minuten lange Rede seither in Ausschnitten oder in ganzer Länge millionenfach angeklickt und weiter verbreitet wird. «Ein kraftvoller Vortrag über Trumps Verrat an der demokratischen Welt», schwärmte die «New Yorker»-Kolumnistin Susan Glasser, die sich auf X die Frage stellte, warum die Opposition in Amerika bisher eigentlich keine vergleichbar wortgewaltige Anklage gegen Trump zustande gebracht habe.

Auch CNN, die «New York Times» und die «Washington Post» (deren Eigentümer Jeff Bezos neuerdings auf einen Trump-freundlicheren Kurs umgeschwenkt ist) berichteten über den wütenden französischen Senator. Das liberale Magazin «The Atlantic» übersetzte seine Rede unter dem Titel «Trump ist Nero, während Washington brennt» in voller Wortlänge. In Grossbritannien applaudierte der konservative Abgeordnete und ehemalige Minister Graham Stuart; hier habe jemand «brillant» aufgezeigt, was der «Verrat der USA» an ihren Verbündeten für den Westen bedeute.

Auch Linke kriegen von Malhuret ihr Fett ab

In Frankreich ist Claude Malhuret durchaus bekannt für seine scharfzüngigen Reden. Der Politiker der Mitte-rechts-Partei Horizons aus der Region Auvergne-Rhône-Alpes hat in dem sonst eher verschlafenen französischen Oberhaus schon einige unterhaltsame Auftritte hingelegt. So bezeichnete er etwa den linken Volkstribun Jean-Luc Mélenchon als «Che Guevara der Calanques» und «obersten Führer Frankreichs, der Putin untersteht, gekleidet in einem Ledermantel, der in den 1930er Jahren der letzte Schrei gewesen wäre».

Der Rechtsnationalistin Marine Le Pen hielt Malhuret vor, Frankreich vorzuwerfen, «auf der Titanic zu tanzen», dabei aber «selbst der Eisberg» zu sein, und mit ihren Diskursen «auf schäbige Weise Putins Drecksarbeit zu erledigen». Auch gegenüber den Impfgegnern sparte der Senator, der selbst von Beruf Arzt ist und lange Jahre die Organisation Médecins Sans Frontières leitete, nicht an Hieben. Er bezeichnete ihre Theorien während der Pandemie als «halluzinogenen Pilz der Wissenschaft» und warf ihnen vor, keine Ahnung zu haben, wo ihre Gallenblase sitze, aber eine unumstössliche Meinung zu mRNA-Vakzinen zu haben.

Repräsentativ für Frankreichs offiziellen Kurs gegenüber den USA ist Malhurets krawalliger Stil nicht. Auch Emmanuel Macron warnt derzeit davor, die Ukraine im Stich zu lassen und das transatlantische Bündnis zu schwächen. Im Gespräch mit Trump tritt der französische Präsident aber konziliant und kumpelhaft auf – denn auch in Paris will man keine Türen zuschlagen, die vielleicht doch noch einen Spalt weit offen stehen sollten.

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