Ballung von Demonstrationen und Anlässen: Für die Zürcher Sicherheitskräfte herrscht während dreier Tage Ausnahmezustand.

Auf dem Bürgenstock diskutieren am Wochenende Vertreter von über achtzig Staaten über den Ukraine-Krieg. Die Konferenz wird von einem massiven Sicherheitsaufgebot begleitet.

Tausende von Einsatzkräften aus dem ganzen Land werden aufgeboten. Vor allem in den Innerschweizer Kantonen ist so viel Personal gebunden, dass zahlreiche Polizeiposten geschlossen bleiben.

So dramatisch ist die personelle Situation im Kanton und in der Stadt Zürich zwar nicht, Wachen werden keine geschlossen. Auch werden die Patrouillen nicht reduziert. Aber der Sondereinsatz in der Innerschweiz wird auch hier zum Sondereffort für die Sicherheitsbehörden. Wie alle anderen Schweizer Polizeikorps stellen auch die Zürcher Polizeien Personalkontingente.

Die Kantonspolizei steht mit einem Grossaufgebot im Einsatz, die Anzahl der eingeteilten Polizisten ist geheim. Der Sicherheitsdirektor Mario Fehr sagt: «Im Rahmen der Friedenskonferenz von Mitte Juni leistet die Kantonspolizei Zürich einen zentralen Beitrag. Sie ist zuständig für das gesamte Sicherheitsdispositiv am Flughafen Zürich. Dazu gehört auch der Schutz der völkerrechtlich geschützten Konferenzteilnehmenden – sowohl am Flughafen selbst wie während deren Verschiebung zwischen dem Flughafen und dem Tagungsort.» Daneben sorge sie weiterhin für die kantonsweite polizeiliche Grundversorgung.

Zu einer besonderen Ausgangslage führt das «Bürgenstock-Wochenende» in der Stadt Zürich. Denn gleichzeitig finden hier Grossdemonstrationen und eine Vielzahl von Events statt, etwa der Frauenstreik, die Zurich Pride, Public Viewings der beginnenden Fussball-EM, die «Oper für alle», ein Food-Festival sowie das Stolze-Open-Air.

Ein Wochenende, wie es die Polizei auch noch nicht erlebt hat

Es sei zwar nicht aussergewöhnlich, dass mehrere Veranstaltungen auf dasselbe Wochenende fielen, sagt Judith Hödl, Sprecherin der Stadtpolizei. Aber an eine «solche Ballung von personalintensiven Anlässen» wie an diesem Wochenende könne sie sich nicht erinnern.

Die Ausgangslage führe dazu, dass die Stadtpolizei am Wochenende entsprechende Prioritäten setzen müsse. Es wird «Abstriche in gewissen Bereichen» geben, wie die Sprecherin Hödl weiter ausführt: «So können wir zum Beispiel nicht an jede Lärmklage ausrücken, oder es gibt unter Umständen Wartezeiten für Sachen, die nicht Leib und Leben betreffen.»

Was hat das für Folgen, wenn die Polizei ankündigt, dass sie weniger oder nur ab einer bestimmten Schwelle eines Vergehens ausrückt? Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention an der ZHAW, sagt, im Aufkommen von Kriminalität dürften sich solche Ankündigungen kaum niederschlagen. Straftäter würden deswegen nicht dazu ermutigt, die Situation auszunutzen.

Einem Notruf, einer Anzeige wegen Einbruchs oder wegen Körperverletzung werde die Polizei weiterhin schnell und konsequent nachgehen. Zudem sei die Ankündigung unkonkret: Rational vorgehende Straftäter – unter diese fallen laut Baier Diebe, weniger aber Gewalttäter – könnten nicht sicher wissen, wann und wo genau die Polizei ihre Aktivitäten reduziere, um ihr Handeln danach auszurichten.

Baier verortet ein anderes Problem. «Allein das Reden über solche Massnahmen dürfte am positiven Bild der Polizei in der Bevölkerung kratzen.» Wenn die Polizei Dienstleistungen zurückfahre, werde das von der Bevölkerung immer sehr skeptisch gesehen. Die Bevölkerung habe kein Verständnis hierfür, auch wenn die grosse Mehrheit von den Einschränkungen und dem reduzierten Personal gar nichts mitbekomme.

Dass deswegen das Vertrauen in die Polizei dauerhaft leiden könnte, glaubt Baier allerdings nicht. Die Polizei geniesse hierzulande ein sehr hohes Ansehen. Eine andere Tendenz beobachtet Baier in Deutschland. Dort habe das Vertrauen in die Polizei signifikant abgenommen, etwa wegen Fällen von übermässiger Gewalt oder Rechtsextremismus unter den Polizisten.

Regierungsvertreter reisen über Flughafen Zürich an

Ausnahmezustand herrscht dieses Wochenende auch rund um den Flughafen Zürich. Das Gros der Regierungsvertreter reist über Kloten an. Der Luftraum ist deswegen für sämtliche sonstigen Flüge mit Helikoptern und Privatjets gesperrt. Der reguläre Linienverkehr soll hingegen nicht beeinträchtigt sein. An- und Abflüge von Regierungsmaschinen können aber zu Verspätungen bei Starts und Landungen führen. Verspätete Linienflüge dürfen dieses Wochenende bis zwei Uhr morgens starten und landen, für Regierungsmaschinen gilt dies die ganze Nacht hindurch.

Die Zuschauerterrasse des Flughafens bleibt von Freitag bis Sonntag geschlossen. Rund um das Flughafenareal herum könne es entlang des Zauns zu zusätzlichen Sicherheitsmassnahmen kommen, sagt Andrea Bärwalde, Sprecherin des Flughafens Zürich: «Die Konferenz ist in Bezug auf die Sicherheitsanforderungen beispiellos.» Das Ausmass sei viel grösser als etwa dasjenige während des Weltwirtschaftsforums.

Verkehr am Freitag und Samstag eingeschränkt

Zu guter Letzt bringt das Wochenende auch einige Herausforderungen für den Verkehr in Zürich. Der Frauenstreiktag mobilisiert Zehntausende von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, daher ist am Freitag mit grösseren Verkehrseinschränkungen zu rechnen. Betroffen ist die Innenstadt. Die Demonstration beginnt um 17 Uhr 30. Die Umzugsroute verläuft vom Bürkliplatz via Bahnhofstrasse in Richtung Helvetiaplatz.

Am Samstag wird es ebenfalls zu temporären Verkehrseinschränkungen kommen. Dies wegen der Zurich Pride von 9 bis etwa 17 Uhr, und zwar auf dem Gebiet der Innenstadt sowie entlang des unteren Seebeckens zwischen Bellevue und Landiwiese. Die Demonstration beginnt um 14 Uhr am Helvetiaplatz und führt via Stauffacher und Paradeplatz über das General-Guisan-Quai zum Mythenquai. Die Stadtpolizei empfiehlt, die Innenstadt grossräumig zu umfahren.

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