Donnerstag, Januar 23

Seit Jahresbeginn können SRF 1, SRF 2 und SRF 3 nicht mehr über UKW-Radios empfangen werden. Davon profitiert wohl ausgerechnet Roger Schawinski, der grösste Kritiker der UKW-Abschaffung.

Seit dem 1. Januar können Radiohörerinnen und Radiohörer die Sender der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) nicht mehr über die Ultrakurzwelle (UKW) empfangen. Obwohl der Bund die Nutzung noch bis Ende 2026 erlaubt, hat die SRG die Abschaltung frühzeitig vorgenommen. Neu soll vor allem über DAB+ und das Internet gesendet werden.

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Die SRG hat mit ihrem Entscheid, UKW abzuschalten, pro Tag wohl Hunderttausende Hörerinnen und Hörer verloren. Das zumindest hat eine Auswertung von Mediapulse ergeben. Die Firma erhebt im Auftrag von Medienunternehmen unter anderem Nutzungsdaten von Radiosendern.

Privatradios scheinen zu profitieren

Laut den Zahlen, die der NZZ vorliegen, haben in der zweiten Jahreshälfte 2024 pro Tag 2,1 Millionen Personen SRF 1, SRF 2 oder SRF 3 gehört. In den ersten beiden Wochen des neuen Jahres waren es noch knapp 1,6 Millionen. Der Sender SRF 1 zum Beispiel hat im Vergleich zum Vorjahr 23,3 Prozent seiner Hörer verloren. Bei SRF 2 waren es 17,1 Prozent, bei SRF 3 gar 24,7 Prozent.

Mediapulse ermittelt die Daten stichprobenartig mithilfe von Uhren, welche die Probanden tragen. An den Uhren sind Mikrofone befestigt, die erkennen, ob jemand Radio hört und welchen Sender.

Mediapulse veröffentlicht nur Zahlen, die einen längeren Zeitraum umfassen. Üblich sind Semesterzahlen. Denn je länger der Zeitraum der Messung, desto präziser ist das Bild, das sich ergibt. Kenner sagen jedoch, das Bild der gemessenen 14 Tage seit der UKW-Abschaltung dürfte sich nicht mehr allzu sehr verändern.

«Mit Einbussen gerechnet»

Die SRG wollte sich auf Anfrage nicht zu den Zahlen äussern, da Messungen über einen solchen Zeitraum «in der Regel wenig aussagekräftig» seien. Sie stellt jedoch in Aussicht, die Zahlen vom ersten Quartal dieses Jahres «bei genügender Aussagekraft» zu publizieren.

Gut möglich, dass die abgewanderten Hörerinnen und Hörer nicht im Besitz eines DAB+-Radios oder eines entsprechenden Adapters sind. In 30 bis 40 Prozent der Autos kann bis heute nur mit UKW Radio gehört werden. In diesem Fall ist nur Rauschen zu hören, wenn man heute SRF 1, SRF 2 oder SRF 3 hören will.

Die SRG schreibt, sie habe aufgrund der UKW-Abschaltung «mit gewissen kurzfristigen Einbussen gerechnet». Es könne schliesslich nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche Radiohörer bereits auf DAB+ umgerüstet hätten. Man müsse den Hörerinnen und Hörern jetzt Zeit geben, um umzustellen. «Wir gehen davon aus, dass sich das wieder einpendeln wird.»

Von den sinkenden Hörerzahlen der SRG scheinen die Privatradios zu profitieren. Sie dürfen noch bis Ende 2026 über UKW senden – und tun es auch noch. Der Innerschweizer Sender Radio Pilatus hat nun 9,4 Prozent mehr Hörer, Radio 24 hören 16 Prozent mehr und den Ostschweizer Sender FM1 gar 17,9 Prozent.

«Die Leute sind frustriert»

Am meisten profitiert hat ausgerechnet Radio 1, der Sender des schweizweit grössten Kritikers der UKW-Abschaltung Roger Schawinski. Der Sender verzeichnet in den ersten 14 Tagen des neuen Jahres über 50 Prozent mehr Hörerinnen und Hörer im Vergleich zur zweiten Jahreshälfte 2024.

Schawinski engagiert sich schon seit Jahren gegen die UKW-Abschaffung, 2021 lancierte er eine Petition. Angesprochen auf die Zahlen von Mediapulse, sagt er: «Man hat behauptet, UKW sei nur noch ein Auslaufmodell. Jetzt sehen wir, dass das nicht stimmt.» Die Leute seien frustriert, er bekomme das jeden Tag mit.

Dass die SRG den UKW-Empfang «ohne Not frühzeitig abgeschafft» habe, sei «das Gegenteil von Service public», sagt Schawinski. «Weil vielen Leuten die Möglichkeit genommen wurde, sich wie bisher zu informieren.»

SRG begründet mit dem Sparen

Die SRG hält an der UKW-Abschaffung fest. Sie hatte sich unter anderem auf den Standpunkt gestellt, damit sparen zu können. Aufgrund der schwierigen Finanzlage und der rückläufigen Werbeeinnahmen seien «weitere Investitionen in eine veraltete Verbreitungstechnologie nicht mehr vertretbar», schrieb die SRG vergangenen Sommer. Das Sparvolumen betrage 15 Millionen pro Jahr.

Der Technologiewechsel war schon lange geplant. 2013 kam die Radiobranche überein, ab Anfang der 2020er Jahre auf UKW-Antennen verzichten zu wollen. Sie wollte einheitlich auf das modernere DAB-System setzen, um Kosten zu sparen. Allerdings macht die Schweizer Bevölkerung den Wechsel in ihren Fahrzeugen und Wohnzimmern nur langsam mit.

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