Kurt Schwarz und Familie haben ihr Unternehmen 2006 verkauft. Seinen Fondsmanagern bei BlackPoint hilft der Brancheninsider mit seiner Expertise. Das Team sieht Pharmaaktien als günstige Wette auf die künstliche Intelligenz.
Das Team von BlackPoint Asset Management in München kann auf sehr unterschiedliche Erfahrungswerte zurückgreifen. Der Bayer Alexander Pirpamer war einst Gebirgsjäger bei der Bundeswehr und hat schon einen Schneesturm im Hochgebirge überlebt. Sein Co-Geschäftsführer Eduardo Mollo Cunha ist in São Paulo aufgewachsen: Der Brasilianer finanzierte als professioneller Balletttänzer sein Jurastudium und kam für ein Engagement nach Deutschland. Nach der Karriere bei Finanzdienstleistern startete das Duo 2021 den Fonds – mit prominenter Hilfe einer der reichsten deutschen Unternehmersippen.
Gründungsinvestor ist Kurt Schwarz aus der früheren Eigentümerfamilie von Schwarz Pharma, die 2006 an den belgischen Konzern UCB verkauft wurde. Am Family Office von Schwarz orientiert sich die Strategie von BlackPoint. Der Mediziner und Unternehmer hilft den Managern mit seiner Expertise, wenn es um Investments in der Gesundheitsbranche geht. «Wir stehen im Austausch mit Dr. Schwarz», sagt Pirpamer.
BlackPoint investiert in unterschiedliche Branchen und dort am liebsten in die Marktführer mit starker Marke. Der Brancheninsider und sein Team halten derzeit besonders die Aktien ausgewählter Pharmakonzerne für attraktiv. Der Sektor stehe nicht im Fokus des Anlegerinteresses, die Bewertungen seien daher günstig.
Vor allem aber sieht das Team erhebliche Chancen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in der Wirkstoffentwicklung: «Das bringt grosses Potenzial, das Unternehmen wie Roche oder Pfizer heben können», sagt Pirpamer.
Der Fondsmanager hält auch die Tech-Konzerne Meta und Apple im Portfolio. Ihre Titel seien allerdings kein Schnäppchen mehr, wegen der Anlegereuphorie über die künstliche Intelligenz und ihre Hauptprofiteure. «Healthcare dagegen ist günstig und wird ebenfalls von den Fortschritten bei der künstlichen Intelligenz profitieren.»
Warum Pfizer noch immer von BioNTechs Wissen profitiert
Wie sehr es sich lohnen kann, Brancheninsidern zu folgen, haben schon Andreas und Thomas Strüngmann den Anlegern gezeigt. Die Gründer des Generikaherstellers Hexal haben durch ihr Gründungsinvestment bei BioNTech 2008 das eigene Vermögen beträchtlich gemehrt. Die Zwillinge halten fast 44% der BioNTech-Anteile.
Die Schwarz-Fondsmanager sind dagegen nicht bei BioNTech engagiert, obwohl sie das Know-how der Mainzer sehr hoch einschätzen. «Moderna und BioNTech haben zehn Jahre Forschungsvorsprung gewonnen mit der mRNA-Technologie», sagt Pirpamer. Die grosse Hoffnung sei nun, dass die Entwickler der Covid-Impfstoffe auch Vakzine gegen verschiedene Krebsarten finden könnten. Doch noch hält er es für zu früh, um erkennen zu können, wer der Gewinner des Forschungswettstreits sein wird und welche Medikamentenkandidaten es an den Markt schaffen.
Für BioNTech spricht neben dem Technologievorsprung vor allem die Erfolgsgeschichte des Forscher-Ehepaars an der Unternehmensspitze. Chief Medical Officer Özlem Türeci und Konzernchef Uğur Şahin hatten zuvor schon Ganymed Pharmaceuticals aufgebaut und 2016 für einen dreistelligen Millionenbetrag nach Japan verkauft.
Die Arbeit an den Krebstherapiekandidaten von BioNTech kostet jedoch viel Geld. Bei der Vorstellung des Jahresberichts für 2023 sei nicht mehr die Rede gewesen von einer mittelfristigen Rückkehr zur Profitabilität nach den aussergewöhnlichen Einnahmen in der Covid-Pandemie, sagt Deutsche-Bank-Analyst Emmanuel Papadakis. Ob BioNTech 2025 wieder Gewinn machen werde? Da ist er sich nicht sicher. Er schaut deshalb lieber aus der Ferne zu, wie Türeci und Şahin mit dem Cash-Polster von mehr als 17 Mrd. € ihr künftiges Imperium aufbauen (so die Überschrift der Analystenstudie: «Watching the Empire build from afar»). Die Vermögensverwalter bei BlackPoint halten es genauso.
«Bei BioNTech dürfen Sie nicht zu früh investieren», warnt Pirpamer. Er hält sich an etabliertere Pharmakonzerne mit zahlreichen bereits zugelassenen Ertragsbringern, so wie den US-Konzern Pfizer. «Durch die Zusammenarbeit mit BioNTech am Covid-Impfstoff ist vermutlich auch viel Fachwissen bei Pfizer angekommen.»
Auskömmliche Eigenkapitalrendite als wichtiges Kriterium
Das Team sucht auch in der Pharmabranche nach den Marktführern. Eines der wichtigsten Auswahlkriterien ist die Eigenkapitalrendite. Dabei kommt es auf die langfristigen Aussichten an, auch bei Pfizer.
Im Jahr 2023 dagegen ist die Eigenkapitalrendite des US-Konzerns fast auf null gefallen. Der Hauptgrund dafür war die Übernahme des Pharmaunternehmens Seagen für 43 Mrd. $. Die bei Bloomberg erfassten Aktienanalysten erwarten jedoch, dass Kennziffern wie der Return on Equity und der Return on Assets schon 2024 wieder deutlich zweistellig sein werden. Beim Return on Invested Capital liegt Pfizer im Fünfjahresdurchschnitt seit vielen Jahren konstant oberhalb von 8%, zuletzt sogar deutlich zweistellig mit 12% (vgl. Grafik unten).
Das Ende der Pandemie bedeutete für Pfizer das Versiegen des Erlöses aus dem Covid-Impfstoff. Das Management um CEO Albert Bourla hat die Umsatzprognose für 2023 verfehlt. Der Aktienkurs ist auf ein Elfjahrestief gefallen. Das Desinteresse der meisten Anleger könnte eine Einstiegschance für langfristig orientierte Investoren sein.
Andere Pharmakonzerne im Portfolio sind noch deutlich profitabler, zum Beispiel Roche. Die Eigenkapitalrendite im Fünfjahresschnitt beträgt 26%. Im Jahr 2023 lag sie immer noch bei sehr auskömmlichen 23%. Solche Konstanz ist es, die Kurt Schwarz und seine Geldverwalter mögen.
Auch nach dem Auslaufen einiger Patente besitze Roche eine ganze Reihe sehr ertragreicher Wirkstoffe. Und durchaus das Potenzial, neue Blockbuster zu entwickeln. «In der Krebsforschung trauen wir Roche einiges zu», sagt der Fondsmanager.
Unpopulär und vergessen im KI-Hype
Trotz dieser Vorzüge ist Roche derzeit nicht teuer, im Gegenteil: Die Abkehr der Anleger hat den Kurs seit zwei Jahren unverhältnismässig tief fallen lassen. Die Konsequenz: «Das Unternehmen ist sehr attraktiv bewertet», urteilt Pirpamer. Das gilt auch für einen weiteren Portfoliowert, den US-Gesundheitskonzern Johnson & Johnson.
Der dänische Konzern Novo Nordisk sticht durch die – gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis – doppelt so hohe Bewertung aus der Gruppe hervor. Der Erfolg seiner Abnehmpräparate hat den Weltmarktführer bei der Herstellung von Insulin an der Börse auf ein ganz neues Niveau gehievt. Allerdings thront auch die Eigenkapitalrendite von mehr als 60% weit über den Werten der Konkurrenz.
Novo Nordisk ist mit einem Anteil von 4,4% des Aktienvermögens die fünftgrösste Aktienposition des BlackPoint Evolution Fund. Wegen der Alterung der Gesellschaft und des steigenden Wohlstands auch in Schwellenländern werde die Nachfrage nach Medikamenten gegen Diabetes und Übergewicht langfristig steigen, sagt Pirpamer: «Das Geschäft von Novo Nordisk ist fast zu gut, um wahr zu sein.»
Nebenwirkungen bei Abnehmmitteln nicht ausgeschlossen
Allerdings wird BlackPoint vorerst keine weiteren Novo-Nordisk-Aktien kaufen. Bei den relativ neuen Abnehmpräparaten bestehe durchaus das Risiko, dass irgendwann relevante Nebenwirkungen bekannt würden, warnt der Fondsmanager.
In der medizinischen Fachliteratur werden einige Studien zitiert, in denen Diabetespatienten, die mit den Novo-Nordisk-Präparaten Wegovy oder Ozempic behandelt wurden, erhöhte Raten von Entzündungen der Bauchspeicheldrüse aufweisen. Andere Studien bestätigten diesen Befund nicht. Allerdings hat die Odyssee des deutschen Chemiekonzerns Bayer durch die US-Gerichtssäle gezeigt, dass gerade ausländische Unternehmen in den USA auch dann zu milliardenschweren Entschädigungen verurteilt werden können, wenn die Datenlage für die Ursachen von Gesundheitsschäden eher dünn ist.
Auch bei einem kleineren Pharmaforscher sind die Vermögensverwalter engagiert: bei Crispr Therapeutics mit Unternehmenssitzen in Boston und Zug, dem Entwickler der sogenannten Genschere. Dabei handelt es sich um das Verfahren dafür, einen Strang des Erbguts an einer vorgegebenen Stelle zu durchschneiden und gezielt zu verändern. «Solche Dinge werden die Welt verändern», sagt Pirpamer. Als Beleg sieht er den Erfolg von Crispr bei der Entwicklung eines Verfahrens gegen die Blutkrankheit Sichelzellenanämie.
Einen Blick wert ist aus Sicht von The Market der Kooperationspartner Vertex. Mitte Januar hat Vertex die erste Zulassung in den USA für die Genscherentherapie von Crispr erhalten.
Unverzichtbar in jedem Notarztwagen
Zwei weitere Titel aus der Gesundheitsbranche begeistern Pirpamer durch die besondere Stabilität ihres Geschäftsmodells: die Medizintechnikhersteller Stryker und Thermo Fisher aus den USA.
Stryker besitze eine aussergewöhnlich starke Marktposition, sagt der Fondsmanager: «Die Kanülen des Unternehmens liegen in fast jedem Notarztwagen oder Krankenhaus.»
Ähnlich omnipräsent ist die Ausstattung von Thermo Fisher in den Forschungslaboren der Pharmaunternehmen. «Egal, ob sie Roche heissen oder Pfizer, für die Laborausrüstung finden sie nur wenige Anbieter, bei denen sie kaufen können.»
Die Unverzichtbarkeit ihrer Produkte führt zu auskömmlichen Preisen und Margen. Das spiegelt die Eigenkapitalrendite. Mit 8% (Thermo Fisher) und 11% (Stryker) liegen die US-Konzerne bei dieser Kennziffer deutlich vor den deutschen Medizintechnikrivalen Gerresheimer (Glasverpackungen) und Sartorius (Laborbedarf).
Die gute Nachricht für Anleger: Die US-Unternehmen mit ihrem stabilen und profitablen Geschäftsmodell sind derzeit zu relativ moderaten Kursen zu erwerben. «Medizintechnik ist fair bewertet, und das von langfristigen Trends unterstützte Geschäftsmodell dieser Unternehmen gefällt uns sehr», sagt Pirpamer.
Gut möglich also, dass der frühere Gebirgsjäger mit seiner Auswahl an Pharma- und Medizintechnikherstellern ins Schwarze trifft. Auch dank des fachkundigen Beistands seines Patrons.