Sie lebt allein, nistet im Boden und fliegt nicht weiter als 300 Meter – trotzdem steht sie heute im Mittelpunkt: Die Aschgraue Sandbiene wurde zur Biene des Jahres gewählt.

Am 20. Mai ist Weltbienentag – ein Datum, das nicht nur Imker aufhorchen lässt. Denn kaum ein Insekt steht so symbolisch für das fragile Gleichgewicht zwischen Biodiversität und menschlichem Einfluss auf die Natur wie die Biene. Auch in der Schweiz schrumpft der Lebensraum vieler Wildbienenarten – durch Pestizide, Versiegelung, den Klimawandel. Das Bundesamt für Umwelt stufte im vergangenen Jahr 45 Prozent der einheimischen Wildbienen als gefährdet ein. Umso lauter wird der Ruf nach einem bewussteren Umgang mit den für die Natur unersetzlichen Bestäubern.

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Ein neuer Akzent in der öffentlichen Wahrnehmung kommt in diesem Jahr vom Imkerverband Bienen Schweiz, der die Plattform bienen.ch betreibt: Zum ersten Mal durften interessierte Bürgerinnen und Bürger die Biene des Jahres wählen. Mit der Initiative möchte die Plattform die wissenschaftliche Aufklärung und die emotionale Nähe zu verschiedenen Bienenarten verbinden. Zur Auswahl standen die Aschgraue Sandbiene, die Reseden-Maskenbiene und die Grosse Wollbiene.

Und die Schweiz hat entschieden: Die Aschgraue Sandbiene (Andrena cineraria) ist die Biene des Jahres 2025. Eine Wildbiene, die mit ihrem grau-weissen Pelz und dem glänzenden schwarzen Hinterleib auf den ersten Blick fast wie gezeichnet wirkt.

Hinter der symbolischen Kür steht ein ernster Hintergrund: Fast die Hälfte der 600 Wildbienenarten in der Schweiz gilt als gefährdet. Und während die Honigbiene als Symboltier gelegentlich ins Rampenlicht rückt, kämpfen viele ihrer wilden Verwandten ums stille Überleben.

Schweizer Bienen, asiatische Gefahren

Auf den Wiesen und in den Städten steht die Biene in der Schweiz vor so mancher Herausforderung. Experten sprechen in diesem Zusammenhang vom sogenannten «Gefahrenquartett» für hiesige Wildbienen.

Während Blühflächen im Mittelland oft nur im Frühling ausreichend Nahrung bieten, fehlt es im Sommer und Herbst an Vielfalt. Besonders für spezialisierte Wildbienen bedeutet das: zu wenig Futter, zu wenige Nachkommen, kein Fortbestand. Gleichzeitig nimmt die Zahl unversiegelter, offener Böden – essenziell für bodennistende Arten – weiter ab. Hinzu kommen Pestizide, deren Einfluss Orientierung und Vitalität schwächen.

Und auch künstliches Licht setzt vielen Insekten zu, selbst wenn Bienen weniger drastisch davon betroffen sind. In den Sommermonaten sterben in der Schweiz Tausende Insekten jede Nacht – angelockt von Strassenlampen, wo sie in der Lichtfalle verharren und an Erschöpfung sterben können.

Doch in den vergangenen Jahren hat sich eine neue Bedrohung massiv ausgebreitet: die Asiatische Hornisse (Vespa velutina). Sie jagt gezielt Bienen vor deren Stöcken und breitet sich invasiv und rasant aus.

Über 700 Nester wurden 2024 in der Schweiz registriert. Das ist eine Verdreifachung gegenüber dem Vorjahr. Besonders in der Westschweiz, aber zunehmend auch in Zürich, Luzern oder St. Gallen stellt die Asiatische Hornisse für Bienenvölker eine reale Gefahr dar. Die «Schweizerische Bienenzeitung» prognostiziert eine «unumgängliche Koexistenz».

«Biene des Jahres» gräbt sich an die Spitze

Im Gegensatz zur Honigbiene lebt die Aschgraue Sandbiene solitär – also ohne Königin oder arbeitsteiliges Bienenvolk. Jede Sandbiene ist für sich selbst verantwortlich: Sie baut ihr eigenes Nest, versorgt ihre Brut allein, trifft keine anderen Bienen zum sogenannten «Schwänzeltanz» – einer wesentlichen Kommunikationsform gewöhnlicher Honigbienen. Und doch: Man findet die Aschgraue Sandbiene oft in dichter Nachbarschaft zu Hunderten Artgenossinnen, jede mit ihrem eigenen kleinen Zuhause.

Als sogenannte Bodennisterin gräbt sie sich tief in die Erde, baut Kammern für ihren Nachwuchs und fliegt Blüten wie Löwenzahn, Schlehe oder Weide an. Sie ist keine Vielfliegerin: Ihre Sammelrunden bleiben meist im Radius eines Fussballfelds.

Die Aschgraue Sandbiene ist ökologisch wertvoll, doch wie viele bodennistende Arten ist sie bedroht. Um ihr zu helfen, raten Experten zu kleinen Gesten: offene Bodenstellen im Garten belassen, mit dem Mähen etwas länger warten – und für ein vielfältiges Blütenangebot sorgen.

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