Mittwoch, Februar 5

Obwohl seine Tochter in den Ausstand getreten ist, sorgt die Ernennung von Alain Bachmann für böses Blut. Innerhalb der SP fliegen die Fetzen.

An seiner Kompetenz zweifelt niemand: Alain Bachmann hat ein Masterstudium in Informatik abgeschlossen und zudem ein Ingenieurdiplom in der Tasche. Seit über dreissig Jahren arbeitet er für den Kanton Genf, viele Jahre davon in einer Kaderfunktion. Es erscheint also wie der logische Karriereschritt, dass ihn die Regierung am Mittwoch vor einer Woche zum neuen Generaldirektor des kantonalen Amts für Informationssysteme und Digitales ernannt hat.

Nur: Der 60-Jährige ist nicht nur ein ausgewiesener IT-Experte, er ist dummerweise auch der Vater von Delphine Bachmann. Und diese ist seit Frühling 2023 Genfer Staatsrätin (Mitte). Früher hatte gar ein weiteres Regierungsmitglied – die Finanzdirektorin Nathalie Fontanet – eine indirekte familiäre Bindung zu ihm. Ihr damaliger Ehemann war der Bruder von Alain Bachmanns Frau.

Für eine Ernennung auf dieser Kaderstufe ist in Genf die Gesamtregierung zuständig. Das Gesetz sieht vor, dass Familienmitglieder bei solchen Beschlüssen gegebenenfalls in den Ausstand treten. Delphine Bachmann habe dies selbstverständlich getan, teilt ihr Departement auf Anfrage mit – und zwar nicht nur für die finale Entscheidung, sondern auch für die «vorhergehenden Diskussionen».

«Strikte Einhaltung des Gesetzes»

Nathalie Fontanet hingegen habe sich nicht zurückziehen müssen, weil sie «weder einen Interessenkonflikt noch eine familiäre Bindung» mit Alain Bachmann habe. Ihre Ehe mit Delphine Bachmanns Onkel wurde schon vor über zwanzig Jahren geschieden. Kurz: Der Staatsrat habe seinen Entscheid «in Kenntnis der Sachlage und unter strikter Einhaltung des Gesetzes» gefällt, schreibt das Volkswirtschaftsdepartement. Mehrere Dutzend Kandidaturen seien für den hohen Posten eingegangen, die geeignetsten Personen seien danach von einem externen Komitee befragt worden.

Für das Departement hat der Staatsrat die Kompetenz von Alain Bachmann letztlich höher gewichtet als die Möglichkeit einer «Image-Wahl». Denn diese wäre rein politisch begründet gewesen, angesichts der strategischen Bedeutung des Postens aber nicht im Sinne der Bevölkerung, heisst es.

Eine Verschwörungstheorie?

Dies jedoch sehen naturgemäss nicht alle so. Am lautesten rufen in Genf die rechten Parteien aus. «Schon wieder eine Genferei», so empört sich das Mouvement citoyens genevois (MCG) in einem Communiqué. Bachmanns Ernennung sei «skandalös und schockierend».

Das MCG sieht gar einen verschwörerisch anmutenden Plan hinter der Personalie. Denn Delphine Bachmann hat als Generalsekretär für ihr Departement ausgerechnet den damaligen Informatikchef, also Alain Bachmanns Vorgänger, ausgewählt. Dadurch konnte sich ihr Vater überhaupt erst für dessen Nachfolge bewerben.

Die ebenso «schockierte» SVP reagierte gar mit einem Gesetzesvorschlag. Das Personalrecht müsse so abgeändert werden, dass Familienangehörige eines Regierungsmitglieds bis dritten Grades nicht mehr von der Verwaltung angestellt werden dürfen. Anderenfalls werde man den «staatlichen Nepotismus» nie los.

Nicht zum ersten Mal

Die in Genf marginale SVP bezieht sich dabei nicht nur auf den Fall Bachmann. Auch andere Personalgeschäfte sorgten in Genf jüngst für Aufsehen. Die frühere Volkswirtschaftsvorsteherin Fabienne Fischer hatte Mandate an Organisationen verteilt, bei denen ihr Ehemann aktiv war. Und der ehemalige Transportminister Serge Dal Busco hatte seinen Schwiegersohn als persönlichen Mitarbeiter engagiert.

Dass die rechtsbürgerlichen Parteien den Fall Bachmann dankbar aufnahmen, gehört zum üblichen politischen Geplänkel. Sie sind in der Regierung nicht vertreten und können ihre Oppositionsrolle entsprechend hemmungslos ausspielen. Brisanter ist, dass es auch ein SP-Mitglied – und nicht irgendeines – wagte, die Ernennung Bachmanns zu kritisieren. Für den kantonalen Parteipräsidenten Thomas Wenger stellt sich angesichts der familiären Verbandelungen «das potenzielle Risiko eines Interessenkonflikts».

«So etwas regelt man intern»

Wengers Stellungnahme ist umso bemerkenswerter, als dass an der Spitze des Departements, in dem Alain Bachmann künftig arbeiten wird, eine Sozialdemokratin amtet: Carole-Anne Kast. Diese hatte wenig Musikgehör für den Beschuss aus den eigenen Reihen.

Wenger habe selbstverständlich das Recht, nicht einverstanden zu sein. Doch so etwas regle man intern «und nicht, indem man öffentlich den Argwohn befeuert», sagte Kast gegenüber der «Tribune de Genève». Sie schrieb ihm zudem eine E-Mail, die auch an sämtliche Vorstandsmitglieder der SP Genf ging. Darin bezichtigte sie den Parteipräsidenten «populistischer und verschwörungstheoretischer Methoden».

Der sozialistische Hahnenkampf kommt nicht ganz von ungefähr. Vordergründig geht es um den Personalentscheid der Regierung. Doch dahinter lauert die Präsidentschaft der Kantonalpartei. Thomas Wenger möchte diese für eine weitere Amtszeit ausführen, Staatsrätin Kast jedoch unterstützt – wie sie schon vor Ausbruch der Polemik bekanntgegeben hat – zwei Gegenkandidaten, die ein Co-Präsidium anstreben. Für Stimmung an der Delegiertenversammlung vom Samstag ist gesorgt.

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