Donnerstag, Oktober 3

Am Dienstagnachmittag treffen sich Vertreter von «Ampel», Union und Ländern im Bundesinnenministerium, um Wege zur Migrationsbegrenzung zu finden. Der Druck ist gross, auch weil erneut eine Landtagswahl im Osten ansteht

Die Migration nach Deutschland ist ausser Kontrolle geraten. Das Attentat von Solingen war nicht das erste, auch nicht das schwerste, es war eher der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Zudem geschah es kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, bei denen Erfolge der AfD befürchtet wurden. Inzwischen weiss man, wie gut die AfD abgeschnitten hat. Das alles erzwingt ein Handeln der «Ampel»-Regierung, zumal am 22. September auch noch Wahlen in Brandenburg anstehen. An diesem Dienstag um 15 Uhr wollen sich die relevanten Akteure daher zu einem weiteren Migrationsgipfel zusammensetzen.

Damit geht es schon los. Ob die CDU überhaupt teilnimmt, war zunächst unklar. Warum sollte sie auch? Die Ampel kann Gesetze selbst ändern, die Union wird eigentlich nur benötigt, falls man an die Verfassung heran will. Das Thema Migration als solches ist undankbar. Dennoch sagte die CDU am Vormittag schliesslich ihr Kommen zu. So ist nun ein Treffen zwischen der Regierung, der Union als grösster Oppositionskraft im Bund sowie Ländervertretern geplant, Beginn ist 15 Uhr im Bundesinnenministerium.

Oppositionsführer Friedrich Merz hätte am liebsten schon einmal einige Zusagen vorab bekommen, insbesondere die, dass an den deutschen Aussengrenzen künftig Zurückweisungen stattfinden. Zurückweisungen seien ein entscheidendes Kriterium für die Union, ob weitere Gespräche in dem Format Sinn ergäben, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei in der ARD. Die Unionsfraktion vermisse weitere Details zur Rechtssicherheit von Zurückweisungen. Frei wird von Friedrich Merz als Verhandler geschickt. Laut Innenministerium hat man diese Informationen allerdings mitgeteilt.

Die sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser hat sich erst spät dazu entschlossen, überhaupt an den Grenzen kontrollieren zu lassen. Dabei wurden viele illegale Einreisen festgestellt. Die Grenzkontrollen wurden daraufhin beibehalten. Montag kündigte Faeser eine Verschärfung des Grenzregimes an. Ab 16. September soll es für zunächst sechs Monate Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen geben. Das hat freilich nur Sinn, wenn auch Zurückweisungen möglich sind. Bis anhin wurde jedoch stets vorgetragen, das Europarecht lasse diese nicht zu. Inzwischen ändert sich diese Einschätzung jedoch. Man habe ein «Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt», hiess es vom Innenministerium. Dies habe man der Unionsfraktion mitgeteilt. Bisher werden nur Personen zurückgewiesen, die Einreiseverbot haben, und solche, die keinen Asylantrag stellen wollen.

Deutschland ist von sicheren Drittstaaten umgeben. Diese leiten bisher Migranten in grosser Zahl nach Deutschland durch, die sie eigentlich selbst erfassen und ins Asylverfahren nehmen müssten. Wenn Deutschland diese Menschen nun zurückweist, so bedeutet dies, dass die Nachbarstaaten plötzlich mit einer viel grösseren Zahl von Migranten konfrontiert sind, um die sie sich kümmern müssen. Dazu hat keiner dieser Staaten Neigung. Österreich hat bereits angekündigt, solche Migranten nicht zurückzunehmen.

Womöglich stellt sich dann der Effekt ein, dass diese Länder ihre Aussengrenzen besser sichern. Diesen Effekt erhofft sich jedenfalls die CDU. SPD-Chefin Saskia Esken sagte den Funke-Zeitungen, es komme aber auch darauf an, dass Deutschland «ein freundliches Gesicht» behalte. Es wird sich jedoch kaum vermeiden lassen, dass Deutschlands Gesicht plötzlich nicht mehr ganz so freundlich aussieht.

Nachdem die Wähler in Thüringen und Sachsen mit ihrem Wahlverhalten klar zum Ausdruck gebracht haben, welches ihre Wünsche sind, ist anzunehmen, dass man ein ähnliches Ergebnis in Brandenburg zu erwarten hat, wenn nicht vorher spürbar und sichtbar Entschlossenheit im Kampf gegen die irreguläre Migration gezeigt wird. Dementsprechend sehen Kritiker in der neuen Aktivität auch eher einen symbolischen Akt und befürchten, dass der Ehrgeiz zur Eindämmung der Migration nach der Wahl schlagartig nachlässt.

Wird weiter ausgebaut.

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