Sonntag, September 29

Die Kursentwicklung eines Unternehmens hängt entscheidend von der Kapitalallokation ab. Eine allzu hohe Dividende kann Mittel absorbieren, die besser in Wachstum investiert werden sollten. Ein klassisches Beispiel ist das britische Modehaus Burberry, das nun zur Turnaround-Wette wird.

Als Value-Investoren konzentrieren wir uns bei Smead Capital Management auf die Aktionärsfreundlichkeit der Unternehmen, die wir analysieren. Denn wir glauben, dass dieser Faktor die langfristige Performance eines Investments wesentlich beeinflussen kann.

Warren Buffett sagt dazu humorvoll: «Halten Sie ein Unternehmen, das selbst ein Fünfjähriger leiten kann. Dies, nur für den Fall, dass tatsächlich einer den CEO-Posten übernimmt!» In diesem Beitrag möchten wir unsere Denkweise bezüglich Kapitalallokation und Aktionärsfreundlichkeit deshalb beispielhaft an einem Unternehmen erläutern, mit dessen Aktien wir bisher Geld verloren haben.

Aktien von Luxusgüterunternehmen haben sich in jüngster Zeit schlecht entwickelt, zumal die Blüten des konsumfreudigen Verhaltens von Verbrauchern weltweit verwelken. Bis vor kurzem waren wir von den Problemen der Branche nicht sonderlich betroffen. Wir hatten im Rahmen unserer internationalen Anlagestrategie in Burberry investiert. Wir kauften die Aktien des britischen Luxusgüterkonzerns, nachdem der Kurs vom Allzeithoch von über 25 auf fast 10 £ eingebrochen war.

Zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen nicht gut für Erfolg aufgestellt. Um das Problem zu erklären, beginnen wir am besten mit einigen grundsätzlichen Gedanken zur Kapitalallokation.

Die regelmässige Auszahlung einer Dividende bedeutet für die Leitung eines Unternehmens de facto eine Last. Die Erklärung dafür: In dem Moment, in dem eine kontinuierliche Barausschüttung angekündigt wird, wird sie zu einer Verbindlichkeit in der Bilanz des Unternehmens. Anleger können von diesen regelmässigen Auszahlungen abhängig werden, da sich ein Unternehmen im Prinzip bis in die Ewigkeit dazu verpflichtet.

Falsche Prioritäten bei der Kapitalallokation

Burberry ist ein in London kotiertes Modehaus. Es wurde 1856 von Thomas Burberry gegründet und ist für seinen britischen Modestil weltbekannt geworden, speziell dank seiner ikonischen Trenchcoats. Burberry ist allerdings nicht so erfolgreich wie andere Luxusmarken, die weitaus grössere Gewinne erzielt haben. Zudem fehlte eine kompetente Führung. Der vorletzte CEO wurde 2021 ausgewechselt, und nach enttäuschenden Nachrichten kam es Mitte Juli erneut zu einem Führungswechsel.

Burberry ist nicht nur eine britische Modemarke, sondern auch ein Beispiel für die Denkweise des britischen Establishments, wenn es um die Kapitalallokation geht. Für das Geschäftsjahr 2023 hatte das Unternehmen eine Dividende in der Höhe von 0.61 £ pro Aktie ausgezahlt, was zum derzeitigen Kurs einer Rendite von fast 9% entsprechen würde.

Wie erwähnt, betrachten wir Barausschüttungen als zukünftige Verpflichtung eines Unternehmens gegenüber den Aktionären. Der Betrag entsprach 60 bis 70% des freien Cashflows. Angesichts der Tatsache, dass die Titel 60% gefallen waren, hätten wir es auf diesem tiefen Kursniveau für besser gehalten, den freien Cashflow für Aktienrückkäufe zu verwenden.

Die unsinnige Ausschüttungspolitik wurde damit begründet, dass zum Aktionariat von Burberry eine Kategorie einkommensorientierter Anleger zähle, welche die hohe Dividende ausgesprochen schätzen würden. Diese Mentalität ist typisch für britische Investoren. Wenn ein Aktienmarkt wie die Börse London lange Zeit schlecht läuft, wollen manche Leute dafür als Gegenleistung mit mehr Dividenden kompensiert werden.

Wir bezeichnen diese Art von Investoren auch scherzhaft als Zwerge, die engstirnig auf ihren Tribut pochen. Sobald die Dividende einmal gekürzt wird, sollten diese kleinwüchsigen Fabelwesen demgemäss auf magische Weise aus dem Aktionariat verschwinden.

Dividende oder Aktienrückkäufe?

Aus Gründen, die sich unserer Kenntnis entziehen, werden Aktienrückkäufe in Grossbritannien demgegenüber verachtet. Wir konnten bisher nicht herausfinden, warum das so ist. Im Gegensatz dazu setzen amerikanische und kontinentaleuropäische Unternehmen dieses Instrument der Ausschüttung meistens clever ein. Rückkäufe sind auch keine permanente Verbindlichkeit, da sie im Ermessen des Unternehmens liegen und jederzeit sistiert werden können.

Nur damit keine Missverständnisse entstehen: Bei altehrwürdigen Unternehmen, die mehr Kapital erwirtschaften, als sie für ihr operatives Geschäft benötigen, kann die Rückführung über eine Dividende durchaus sinnvoll sein. Das Gleiche gilt für Unternehmen, die nicht genügend Aktien zurückkaufen können, um etwas zu bewegen (sprich: Berkshire Hathaway).

Doch bei Burberry ist dies nicht der Fall. Das Unternehmen versucht, seinen Marktanteil im strukturell wachsenden Kundensegment der wohlhabenden Weltbevölkerung auszubauen. Unternehmen, die sich auf Wachstum konzentrieren, zahlen in der Regel wenig oder gar keine Dividenden aus, da sie Kapital für die Expansion benötigen. Wenn ein Unternehmen eine rosige Zukunft vor sich hat, doch Mr. Market anderer Meinung ist, sollte es seine Aktien folglich denjenigen Investoren abkaufen, die seine Geschäftsaussichten negativ einschätzen.

Im Fall von Burberry lautet die entscheidende Frage deshalb: Wer ist dafür verantwortlich, dass mehrere Wechsel in der operativen Leitung und eine schlechte Kapitalallokation durch zu hohe Dividenden den freien Cashflow und damit die Kapitalstruktur des Unternehmens belastet haben? Die Antwort liegt auf der Hand: Der Verwaltungsrat, angeführt vom derzeitigen Präsidenten.

Damit fragt sich weiter, warum das Aufsichtsgremium angesichts dieses Mangels an weitsichtiger Unternehmensführung nicht vollständig ausgetauscht wird. Die Antwort darauf hängt massgeblich mit der Gruppe von Aktionären zusammen, die das Unternehmen zur Auszahlung ungesund hoher Dividenden drängen.

Mit anderen Worten: Es ist vornehmlich eine britische Angelegenheit. Das Problem, dass Veränderungen zugunsten des eigenen sozialen Umfelds oder persönlicher Freundschaften statt zugunsten aller Aktionäre vorgenommen werden, basiert auf pervertierten Anreizstrukturen für Verwaltungsräte im Allgemeinen und bei Verwaltungsräten britischer Unternehmen im Speziellen.

Ein Fall für Value-Investoren

Mit Josh Schulman hat Burberry jetzt einen neuen, kompetenten CEO. Auch wurde die bisher viel zu hohe Dividende vollständig gestrichen, was die eigensinnigen Zwerge im Aktionariat vertreiben dürfte. Der Analystenkonsens rechnet damit, dass der Konzern 2024 trotz seiner Schwierigkeiten rund 235 Mio. £ an freien Mitteln erwirtschaften wird, was einem Rückgang von über 30% gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Noch wichtiger: Burberry erzielt selbst auf dem aktuellen Tiefpunkt des operativen Geschäftsgangs immer noch eine Eigenkapitalrendite von über 20%. Dies, bei einer Verschuldung, die dem freien Cashflow von etwa zwei Jahren entspricht. Aus unserer Sicht ist die Bilanz somit grundsolid.

Als Minderheitsaktionäre müssen wir dem Management und den Verwaltungsräten eines Unternehmens vertrauen können. Wir sind der Meinung, dass sich Burberry um einen völlig neuen Vorstand mit CEO Schulman als Präsidenten bemühen sollte. Das würde zusätzliche Dynamik ins Unternehmen bringen, nachdem sich der Verwaltungsrat bisher als inkompetent erwiesen hat und das vorherige Management eine miserable Leistung erbrachte.

Eine verbesserte Führungsstruktur ist keine Erfolgsgarantie. Aber sie stellt sicher, dass sich Burberry auf nachhaltiges Wachstum konzentrieren kann, und sie verhindert, dass irgendwelche Bremser die Vision von CEO Schulman durchkreuzen, wohin er das Geschäft bringen will und wie das Kapital dafür am besten eingesetzt wird.

Das Letzte, was wir tun möchten, ist, einen kritischen Brief an den Vorstand zu schreiben, der mit «Lieber Herr Verwaltungsratspräsident» beginnt. Das wäre der wertvollste Dienst gewesen, den frühere Aktionäre dem Unternehmen hätten erbringen können.

Die englische Fassung des Artikels ist abrufbar unter: smeadcap.com

Bill Smead

Cole Smead ist CEO und Portfoliomanager bei Smead Capital Management. Die auf Value-Strategien spezialisierte Investmentfirma mit Sitz in Phoenix, Arizona, wurde von seinem Vater Bill Smead und ihm 2007 gegründet. Cole entscheidet über alle Anlagen ausserhalb der USA. Vor dem Start von Smead Capital arbeitete er als Finanzberater für Wachovia Securities. Cole und Bill Smead teilen ihre Einschätzung zum aktuellen Geschehen an den Finanzmärkten regelmässig im Blog «Missives». Zudem publiziert Smead Capital regelmässig einen hörenswerten Podcast.
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