Sonntag, November 24

Alkohol, um Mädchen gefügig zu machen: Ermittler haben eine Kinderpornografie-Plattform im Darknet abgeschaltet, führende Hintermänner sitzen in Untersuchungshaft.

(dpa) Mehrere hunderttausend Nutzer weltweit, Millionen Bilder mit Kinderpornografie allein auf einem Rechner: Fahnder haben eine riesige Plattform für kinderpornografische Inhalte mit Bildern und Videos im Darknet abgeschaltet und sechs mutmassliche Hintermänner aus Deutschland in Untersuchungshaft genommen.

«Es war ein Girl-Lover-Forum», berichtete der Leiter der Ermittlungskommission, Kai-Arne Gailer, am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Duisburg. Missbraucht worden seien ausschliesslich Mädchen, zum Teil Dreijährige und sogar Babys. «Wenn man die Tonspuren auf den Videos hört, kann einem schlecht werden.»

Die Ermittlungen gegen aktuelle und künftige Verdächtige gingen weiter: Mögliche Nutzer und Querverbindungen gebe es auf allen Kontinenten der Erde. Aus Ermittlungsgründen hielt sich der Fahnder sehr zurück bei Aussagen darüber, wie die Polizei den Verdächtigen auf die Spur gekommen ist. Nicht einmal den Namen der abgeschalteten Plattform wollte er nennen.

Razzien in sechs Bundesländern

In sechs Bundesländern hatte es im September Durchsuchungen gegeben – zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen in Minden und Jüchen. Die Ermittler hätten umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, zum Teil aus laufenden Rechnern. Insgesamt seien 1517 Asservate wie Laptops und Handys gefunden worden. Allein die sichergestellten DVD und Videokassetten füllten 94 Umzugskartons. Die exakte Datenmenge könne derzeit noch gar nicht abgeschätzt werden – genau wie die Zahl der Opfer, sagte Gailer.

Allein auf dem Rechner eines einzigen Beschuldigten sei eine Datenmenge von 13,5 Terabyte auszuwerten – das entspreche etwa 3,4 Millionen Fotos, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).

Bis zu 15 Jahre Haft

Die jetzt abgeschaltete Plattform im Darknet war nach Reuls Worten seit 2019 im Betrieb. Sie zähle damit zu den langlebigsten illegalen Plattformen für den Austausch der abscheulichen Bilder, sagte der Minister. Den Tatverdächtigen drohen Haftstrafen von 2 bis 15 Jahren, wie der Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW (ZAC), Markus Hartmann, sagte. Der Ermittlungserfolg sei ein «Paukenschlag», betonte NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne). Dies zeige den Tätern: «Ihr könnt euch nicht verstecken.»

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst lobte den «herausragenden Ermittlungserfolg». «Unsere Behörden werden alles dafür tun, weitere Tatverdächtige ausfindig zu machen und Missbrauch konsequent zu verhindern», versprach der CDU-Politiker auf X.

Der Ermittler Gailer schilderte die Abläufe: Geld sei in der Plattform nicht geflossen, aber die Teilnehmer mit oft langer Erfahrung in der Kinderpornografieszene hätten riesige Datenmengen getauscht, auch um sogenannte Reputationspunkte bei anderen Usern zu gewinnen und ihre Position und ihren Status in der Gruppe aufzubauen.

Weigerungen wurden nicht akzeptiert

Verständnis für die Zerstörung der Kinderseelen durch den Missbrauch habe er bei den zahllosen Videos nie gespürt, sagte Gailer. Über die kleinen Kinder sei in verstörender Weise als «reine Sexobjekte» geredet worden.

Weigerungen wurden nicht akzeptiert. «Kinder wurden durch Geschenke und Überredung gefügig gemacht. Es wurden Diskussionen darüber geführt, welche Alkoholika, welche Betäubungsmittel, welche Medikamente die Kinder willenlos machen», sagte Gailer.

Weitere Hintermänner im Ausland

Die jetzt in U-Haft genommenen Männer gelten als führende Organisatoren des deutschen Zweiges der Darknet-Plattform. Die Tatverdächtigen seien zwei 45 und 56 Jahre alte Männer aus Nordrhein-Westfalen, ein 43-Jähriger aus Schleswig-Holstein, ein 61-Jähriger aus Baden-Württemberg, ein 62-Jähriger aus Niedersachsen, ein 69-Jähriger aus Rheinland-Pfalz und ein 45-Jähriger aus Bayern, hiess es. Vermutlich etwa genau so viele Führungskräfte der Plattform hätten im Ausland agiert.

Appell an die Täter: Hilfe holen, Reue zeigen

Der Zugriff habe für erhebliche Unruhe in der Szene gesorgt und mache es den Täterinnen und Tätern schwer, sagte Minister Limbach. Er vermute, dass viele von ihnen auch die im Internet gestreamte Pressekonferenz verfolgten, sagte Chefermittler Gailer und wandte sich dann via Kamera direkt an die Täter: Noch bestehe die Chance, sich Hilfe zu holen und Reue zu zeigen, sagte er. «Wenn, dann jetzt.» Wenn die Polizei vor der Tür stehe, sei es dafür zu spät.

Der Fahndungserfolg sei wegen des riesigen Dunkelfeldes nur bedingt ein Grund zum Feiern, betonte der ZAC-Chef Hartmann. Seine Behörde habe seit der Gründung 2020 mehr als 25 000 Ermittlungsverfahren geführt. «Wir sind voll bis zum Anschlag ausgelastet.»

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