Donald Trump gehört als Ex-Präsident der USA zu den wohl am besten beschützten Menschen der Welt. Und trotzdem ist er am 13. Juli 2024 nur Millimeter am Tod vorbeigeschrammt. Ist er doch nicht so gut beschützt, wie wir glauben?
Wir zeigen, wieso es am Samstag gefährliche Lücken im Sicherheitskonzept gegeben hat.
Der amerikanische Secret Service ist seit über 120 Jahren für die Sicherheit des amtierenden US-Präsidenten zuständig. Inzwischen geniessen auch ehemalige Präsidenten den Schutz des Secret Service, wenn auch nicht im selben Ausmass wie das aktuelle Staatsoberhaupt der USA.
Bei Wahlkampfveranstaltungen, wie am 13. Juli in Butler, Pennsylvania, eine stattgefunden hat, arbeitet der Secret Service eng mit der lokalen Polizei zusammen. Die Verantwortung für das Sicherheitskonzept liegt aber beim Secret Service.
Die Sicherheitskonzepte zum Schutz einer Einzelperson sehen immer ähnlich aus: Der Secret Service denkt in «Ringen» rund um die zu schützende Person herum. Im innersten Ring wird die zu beschützende Person von Bodyguards von äusseren Einwirkungen direkt abgeschirmt. Hier arbeiten speziell ausgebildete Leute vom Secret Service.
Im mittleren Ring werden die Zuschauerinnen und Zuschauer durchsucht und überwacht, beispielsweise mit Metalldetektoren und Spürhunden. Der äussere Ring umfasst das Areal rund um die Veranstaltung. Dafür sind oft Scharfschützen zuständig sowie Polizeipatrouillen.
Wie sahen also die Ringe konkret aus am 13. Juli 2024 in Butler?
Hier sehen wir die Männer und Frauen, die sich schützend vor Trump werfen, nachdem die ersten Schüsse gefallen sind. Sie sind die vom Secret Service angestellten Bodyguards für den inneren Ring. Sie sorgen auch dafür, dass Trump nach den Schüssen in Sicherheit gebracht wird.
Im mittleren Ring arbeiten Secret Service und Polizei meistens zusammen, wobei wie beim ganzen Sicherheitsdispositiv der Secret Service die führende Kraft ist. Mehrere ehemalige Secret-Service-Agenten und Ex-Polizisten haben in den letzten Tagen gesagt, dass es sich beim mittleren Ring meistens um das Areal mit den Zuschauerinnen und Zuschauern handle.
Am 13. Juli standen rund um das Podium Tribünen und Stühle für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Sie alle sind durch einen Metalldetektor gelaufen, ehe sie ihre Plätze eingenommen haben. Das ist gängiges Sicherheitsprotokoll bei Wahlkampfveranstaltungen in den USA.
Es gab aber weitere Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich ausserhalb dieses abgesicherten Geländes aufgehalten haben, nur knapp hundert Meter von Trumps Podium entfernt. Teilweise mussten sie dafür keine Sicherheitskontrollen passieren.
Das spricht dafür, dass das Dach, von welchem der Schütze die Schüsse abgefeuert hat, im äusseren Ring liegt.
In Butler waren neben der lokalen Polizei Scharfschützen-Teams für den äusseren Ring zuständig. In Videoaufnahmen sieht man, wie die Scharfschützen sich neu ausrichten und sich in Richtung des Dachs drehen, noch bevor die ersten Schüsse fallen. Sie haben aber erst nach der Schussabgabe des Schützen auf dem Dach eingegriffen.
Noch ist unklar, zu welchem Zeitpunkt die Scharfschützen über den bewaffneten Mann auf dem Dach informiert wurden.
Die Polizisten im äusseren Ring wurden nämlich bereits vor der Schussabgabe auf den Schützen aufmerksam gemacht. Das zeigen Videoaufnahmen von Zuschauerinnen und Zuschauern aus dem äusseren Ring. Ein Polizist soll danach ebenfalls aufs Dach geklettert sein. Der Schütze habe sich mit der Waffe zu ihm gedreht, weshalb sich der Polizist geduckt habe und anschliessend vom Dach gefallen sei. Danach sind die ersten Schüsse in Richtung Rednerpult gefallen.
Die Frage ist: Hat der Polizist vorher den Secret Service auf eine allfällige Gefahr hingewiesen?
Die Ausrichtung der Scharfschützen vor der Schussabgabe spricht dafür. Das späte Eliminieren des Schützen spricht dagegen.
Grundsätzlich ist es immer der Secret Service, der entscheidet, wie ein Gelände abgesichert wird und wer dementsprechend wo welche Aufgaben übernimmt. Das scheint in Butler nicht funktioniert zu haben. Fakt ist nämlich: An diesem Samstag gingen Informationen verloren.
Ob die Sicherheitslücke bereits beim Sicherheitskonzept entstanden ist oder doch erst bei der Kommunikation zwischen der Polizei im äusseren Ring und den Scharfschützen oder irgendwo dazwischen, ist nun Teil von Untersuchungen.
Das FBI wird die Untersuchungen über den Vorfall leiten. Der Secret Service hat ebenfalls interne Untersuchungen in Auftrag gegeben. Die Chefin des Secret Service, Kimberly Cheatle, hat gegenüber ABC News selbstkritisch gesagt: «Die Verantwortung liegt bei mir. Ich bin die Direktorin des Secret Service. Das war inakzeptabel. Und das darf nie mehr passi»

