Montag, Oktober 7

Seit dem Coming-out des früheren Rennfahrers Ralf Schumacher sezieren die Medien die geschiedene Ehe mit Cora Schumacher. Über eine toxische Beziehung mit der Öffentlichkeit.

Vergangene Woche erfuhr man aus den Medien folgende Details über die Beziehung zwischen Cora und Ralf Schumacher: welches Kleid sie trug, als sie ihn für sich gewann (ein «Heute-will-ich-es-wissen-Kleid»), ob sie während ihrer Ehe miteinander geschlafen haben («natürlich»), wie er sich ihr gegenüber verhielt («manchmal wie ein echter Schürzenjäger») und wie ihr Sohn entstanden ist («schnell und auf natürlichem Weg»).

Seit der ehemalige Rennfahrer Ralf Schumacher im Juli auf Instagram seine Beziehung zu einem Mann öffentlich gemacht hat, sezieren die Medien die Beziehung zu seiner früheren Frau Cora. Die beiden waren von 2001 bis 2015 miteinander verheiratet, seit 2009 lebten sie getrennt. Das Paar führte seine Ehe vor einem Millionenpublikum: er als Formel-1-Pilot, sie als attraktive Frau an seiner Seite. Schon früh gab es Gerüchte, Schumacher sei homosexuell. Sie habe ihn immer wieder darauf angesprochen, sagt Cora Schumacher, doch er habe stets dementiert.

Ein unkontrollierbares System

Der «Spiegel» hat für seine vergangene Ausgabe mit Cora Schumacher gesprochen. Das Magazin hat dafür viel Kritik geerntet, unter anderem von Ralf Schumacher. Über seine Anwälte liess er vor Erscheinen des Artikels mitteilen, eine Berichterstattung über familiäre Angelegenheiten verletze seine Privatsphäre, die seines Sohnes und auch die seiner früheren Ehefrau Cora. Leser beklagten fehlende Relevanz und das Ausschlachten privater Angelegenheiten.

Tatsächlich erfährt man in dem Text einige Details. «Ich fühle mich benutzt, meiner besten Jahre beraubt», sagt Cora Schumacher, die heute 47 Jahre alt ist. Gleichzeitig macht der «Spiegel» deutlich, dass es um mehr geht. «Es ist die Erzählung über eine Frau, die versucht, ihr Bild in der Öffentlichkeit zu korrigieren – und dabei immer wieder an die Grenzen der Privatsphäre stösst», heisst es in einer Info-Box.

Eine schwierige Aufgabe. Natürlich lasse sich das eine vom anderen schwer trennen, schreibt der Medienjournalist Stefan Niggemeier: «Man kann die Geschichte darüber, wie jemand sein Privatleben öffentlich verhandelt, nicht erzählen, ohne sein Privatleben öffentlich zu verhandeln.» Tatsächlich erhält man in dem Bericht über die Beziehungsdetails hinaus einen interessanten Einblick in ein Phänomen, das nicht nur Cora Schumacher betrifft, sondern alle, die wie sie durch Reality-Formate oder Nacktfotos auf Ruhm hoffen.

Es kann gefährlich sein, wenn man als Prominente von der Aufmerksamkeit der Medien abhängig ist, das wird deutlich. Doch auch der «Spiegel» kommt nicht ohne persönliche Details aus. Cora Schumacher weine bei dem Treffen «oft», heisst es, und sie unterbreche sich «immer wieder» selbst.

Der Bericht hat viele Texte mit teilweise grotesken Schlagzeilen ausgelöst: «Ex Eric Sindermann springt Cora im Ralf-Streit zur Seite», «Ralf Schumacher postet neues Pärchenfoto mit Étienne – aber ein Detail fällt auf», «Rosenkrieg bei den Schumachers: So schätzt ein Paartherapeut die Situation ein». Sogar Cora Schumachers Mutter wurde befragt: «Ingrid, ich sage dir, ich bin definitiv nicht schwul», soll der Rennfahrer dieser einmal versichert haben.

Süchtig nach Aufmerksamkeit

Cora Schumacher war 24 Jahre alt, als sie ihren Mann heiratete. An der Seite des Rennfahrers wurde sie in die Öffentlichkeit katapultiert und bediente das Image der «sexy Cora». Fotografen verfolgten die «Königin der Boxengasse». Schumacher hat die Aufmerksamkeit genossen: «Es hat mir vielleicht die notwendige Selbstbestätigung gegeben, die ich gerade zu diesem Zeitpunkt so sehr gebraucht habe. Ich habe stattgefunden, es wurden teilweise schöne Sachen gesagt.»

Es ist eine verhängnisvolle Nähe zur Öffentlichkeit, denn von ihr profitieren mehrere Parteien: die Stars und Sternchen, die Medien sowie das Publikum, das nach solchen Geschichten giert. Auch der vorliegende Artikel ist Teil des Systems. Zu dessen Spielregeln gehört, dass man es kaum kontrollieren kann. Der frühere «Bild»-Chefredaktor Kai Diekmann sagte einmal: «Wer mit ‹Bild› im Fahrstuhl nach oben fährt, fährt mit ihr auch wieder runter.» Dieser Satz gilt für den gesamten Boulevard, und die Geschichte um Cora Schumacher zeigt, wie wahr er ist.

Das Problem ist: Haben einen die Medien einmal nach oben gespült, wird man nach diesem Rausch süchtig. «Toxisch» nennt man das heute, «giftig», auch Liebesbeziehungen können so sein. Zuerst ist alles wunderbar. Man wird mit Liebe überschüttet, doch dann kommen die Tiefschläge. Man könnte gehen, aber weil man weiss, wie schön es sein kann, bleibt man. Der «Spiegel» hat das Verhältnis von Cora Schumacher zur Öffentlichkeit ebenfalls «toxisch» genannt. Auch sie hätte sich zurückziehen können, doch sie blieb.

Schumacher sagt, schlimm sei gewesen, dass ihr Ex-Mann sie über sein Coming-out nicht vorab informiert habe. Vom Lebensgefährten habe sie wie alle anderen erfahren: über das Internet. Ralf Schumacher bestreitet das. Er hat auf Instagram einen Chat-Verlauf veröffentlicht, der seine Sicht belegen soll.

Die Medien halten mit solchen Informationen ihr Geschäft am Laufen. Doch während die Leser schnell konsumieren und sich bald meist anderen Themen zuwenden, bedeutet für die Betroffenen jeder Schnipsel einen kleinen Kontrollverlust.

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