Erkältete Freizeitsportler sollten auf ihren Körper hören und die Belastung reduzieren, rät ein Sportkardiologe – und erklärt, worauf man dabei achten sollte.
Leserfrage: Mein Hals kratzt, ich habe etwas Husten und Schnupfen. Darf ich trotzdem joggen gehen?
Ein bisschen Schnupfen und Halskratzen ist doch kein Grund, auf Sport zu verzichten, dürften viele denken. Tatsächlich aber kann man sich bei einer viralen Infektion richtig schaden, wenn man sich zu sehr belastet.
So zeigte vor vielen Jahren eine Studie, dass Erkältungsviren vermehrt das Herz befielen, wenn Mäuse mit einer Infektion trainierten. Die Tiere mussten täglich 60 Minuten lang schwimmen, was für sie sehr stressig ist.
Bei diesen Tieren fanden die Forscher mehr Viren im Herzmuskel im Vergleich zu Mäusen, die mit einer Vireninfektion nicht trainieren mussten. Zudem war ihre Sterblichkeit deutlich erhöht.
Der Sportkardiologe Christian Schmied vom Universitätsspital Zürich erklärt: «Das war eine bahnbrechende Studie, die erstmals den Zusammenhang zwischen einer Vireninfektion und einer Herzmuskelentzündung aufzeigte.» Später wurde dies in weiteren Studien bestätigt.
Eine solche Entzündung, auch Myokarditis genannt, kann zu Herzrhythmusstörungen und akut sogar zum Herztod führen. Langfristig kann eine Herzschwäche entstehen.
Fachleute wissen schon lange, dass viele Viren, die Erkältungen, Grippe oder Durchfall auslösen, das Herz befallen können. Ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangte dies während der Sars-CoV-2-Pandemie. Damals hörte man vermehrt von plötzlichem Herzversagen und Todesfällen bei jungen Sportlern, die nach einer (milden) Covid-Erkrankung weiter trainierten.
Risiko für Rhythmusstörungen und Herzversagen
Tödlich sind Herzmuskelentzündungen zwar selten. Oft werden sie nicht bemerkt und verheilen wieder. Sie können aber Narben auf dem Herzmuskel hinterlassen. Je nachdem, wo und wie gross die Narben sind, kann das auf Dauer zu einer Herzschwäche führen.
«Das Problem wird stark unterschätzt», sagt Schmied. «Denn je mehr Narben sich über die Jahre ansammeln, desto höher ist das Risiko für eine gefährliche Rhythmusstörung oder ein Herzversagen. Es lohnt sich daher, sich auch bei einer Erkältung zu schonen.»
Allerdings weiss man von vielen Profisportlern, dass sie ihr Trainingsprogramm bei einem Schnupfen nicht unterbrechen. Laut Studien haben junge Erwachsene zwei bis sechs Virusinfektionen im Jahr. Oft ziehen diese mit moderaten Symptomen an einem vorüber.
Im Jahr 1998 zeigte eine Studie, dass moderates Training weder die Dauer noch den Schweregrad einer leichten Erkältung beeinflusst. Die Stärke der Studie ist, dass es sich um eine Intervention handelt. Das bedeutet, dass die Forscher eine Gruppe von normal sportlichen Probanden mit einer bestimmten Menge an Erkältungsviren infizierten – sie schmierten ihnen Viren in die Nasenlöcher.
Daraufhin absolvierte die Hälfte der Teilnehmer in einem Zeitraum von zehn Tagen sechs Mal ein leichtes Fitnessprogramm. Sie joggten auf einem Laufband oder fuhren auf einem Hometrainer Velo, wobei darauf geachtet wurde, dass ihr Herz nur moderat belastet wurde. Unter diesen Bedingungen hatte das Training keine Auswirkung auf die Dauer und den Schweregrad der Symptome.
Die Schwäche der Studie ist allerdings, dass nur fünfzig Probanden daran teilnahmen. Zudem verwendeten die Forscher aus Sicherheitsgründen ein Virus, das nur leichte Symptome verursacht und das Herz nicht befällt. Die Aussagekraft der Studie ist daher beschränkt.
Auf den eigenen Körper hören
Aber woher weiss man, wann man sich schonen sollte? Es ist naheliegend, keinen Sport zu treiben, wenn man Fieber und Gliederschmerzen hat. Aber wie sieht es bei einem Schnupfen aus?
Laut Schmied muss man jede Situation einzeln anschauen. Nach einer Covid-Infektion empfiehlt der Dachverband des Schweizer Sports Swiss Olympics eine Sportpause von fünf Tagen und dann eine graduelle Wiederaufnahme des Trainings unter ärztlicher Kontrolle.
Freizeitsportler sollten auf ihren Körper hören und die Belastung entsprechend anpassen. Schmied sagt: «Ich gehe mit einem Schnupfen nicht trainieren, weil ich als Sportkardiologe das Risiko fürs Herz kenne. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Panik ist nicht gerechtfertigt.»
Schliesslich steigt in der «Schnupfensaison» die Zahl der Herzprobleme nicht rasant an. Wenn aber jemand von einer Herzmuskelentzündung eine Narbe davontrage, was häufig sei, dann steige auf die Dauer das Sterblichkeitsrisiko.
Deshalb rät Schmied, die Intensität des Trainings auch bei einem Schnupfen herunterzuschrauben. Dabei hilft die sogenannte Sprechregel. Solange man sich beim Training normal unterhalten kann, ohne nach Luft zu schnappen, kann man die Belastung als leicht bis höchstens moderat und damit als verträglich bezeichnen.
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