Mittwoch, Februar 5

Kompagnon oder Kompatriot: Die Nachfolge von André Simonazzi könnte doch noch spannend werden.

Die Landesregierung sucht ein neues Gesicht und vor allem eine neue Stimme. Nach dem plötzlichen Tod von André Simonazzi im Frühjahr hat Bundeskanzler Viktor Rossi eine Findungskommission eingesetzt. «Sie sind Dreh- und Angelpunkt der Regierungskommunikation», hiess es im Stelleninserat an die Adresse der Interessierten.

Deren Begeisterung hält sich aber offenbar in Grenzen. Während sich bei einer Vakanz im Bundesrat jeder Hinterbänkler das Amt zutraut und sich medienwirksam eine Kandidatur zumindest «überlegt», verzichten die valablen Bundesratssprecher auf den Rummel in eigener Sache. Mehrere Kandidaten, die infrage gekommen wären, haben schon früh abgewinkt und vor allem: «non» gesagt.

Von New York nach Bern?

Die linguistische Diversity der Schweiz gebietet es, dass auf den Welschwalliser Simonazzi ebenfalls eine französischsprachige Stimme folgt – zumal mit Kanzler Rossi und Vizekanzlerin Rachel Salzmann schon zwei Deutschschweizer die Stabsstelle des Bundesrats führen. Doch Nicole Lamon, Nicolas Bideau sowie Romain Clivaz wollen nicht, wie die Titel von CH-Media bereits Ende Juni berichteten.

Lamon war Kommunikationschefin unter Alain Berset und ist heute die Inlandchefin von «Le Temps». Clivaz, der persönlicher Mitarbeiter von Karin Keller-Sutter war, ist ebenfalls zurück im Journalismus und in der gleichen Westschweizer Tageszeitung gelandet. Bideau war als Chef von Präsenz Schweiz für die Wahrnehmung der Eidgenossenschaft im Ausland zuständig, heute ist er Kommunikationschef von Aussenminister Ignazio Cassis.

Die Absagen der Welschen könnten nun Guy Parmelin ins Dilemma stürzen. Dem Vernehmen nach soll sich der Waadtländer im Hintergrund dafür ausgesprochen haben, dass ein Romand die Stelle bekommt. Jean-Blaise Defago sei etwa im Gespräch gewesen, heisst es. Der SVP-Stallgeruch des langjährigen Weggefährten von alt Bundesrat Ueli Maurer sei dann aber wohl doch zu stark gewesen.

Ein Name, der in Bundesbern immer noch kursiert, ist der von Pierre Gobet. Der langjährige RTS-Journalist (unter anderem in Zürich, in Bundesbern sowie in den USA) ist heute Kommunikationschef der ständigen Mission der Schweiz bei der Uno in New York unter Pascale Baeriswyl. Auch bei diesem Stallgeruch dürften manche die Nase rümpfen.

Die SP-Bundesräte Elisabeth Baume-Schneider und vor allem Beat Jans, der Teile seines baselstädtischen SP-Netzwerks mit Baeriswyl teilt, dürften hingegen einer Kandidatur Gobets offen gegenüberstehen. Die Zustimmung von Cassis, Gobets oberstem Chef, liegt auf der Hand.

Und Parmelin? Urs Wiedmer, sein Kommunikationschef und einer seiner engsten Vertrauten, soll sich ebenfalls für das Amt des Bundesratssprechers interessieren. Wie es aus dem Umfeld des SVP-Bundesrats heisst, sei dieser darüber gar nicht erfreut. Parmelin will 2026 sein zweites Präsidialjahr bestreiten.

Der Winzer und der frühere SRF-Journalist funktionieren gut miteinander, weil dieser den klassischen PR-Fehler in Bundesbern vermied und aus Parmelin nie jemanden machen wollte, der dieser nicht ist. Es gibt in Bundesbern kaum einen authentischeren Bundesrat, mit allen negativen und positiven Seiten.

Wiedmer oder Gobet – soll sich Parmelin für seinen langjährigen Kompagnon oder für den linguistischen Kompatriot entscheiden? Oder sind noch weitere Kandidaturen offen, über die weniger laut spekuliert wird? Der Bundesrat dürfte nach den Sommerferien über die Personalie entscheiden – auf Antrag von Kanzler Rossi. «Kein Kommentar», lassen Wiedmer und Gobet aus ihren Ferien verlauten.

Beide bringen das Rüstzeug für das Amt mit. Die Nebengeräusche waren anderswo zu hören. Es gibt Stimmen in Bundesbern, die es bedauern, dass man keine grundsätzliche Debatte über die Funktion des Sprechers geführt hat. Sind die Strukturen noch zeitgemäss?

Erste Leaks nach erster Sitzung

André Simonazzi war stets bemüht, die Kommunikation zwischen den Departementen besser abzustimmen und Leaks zu verhindern. Doch während der Corona-Krise ist die Institution Bundesrat fast auseinandergefallen. Während der Sprecher versuchte, die Kommunikation der Landesregierung zu vereinheitlichen, kam es zwischen den Stäben der verschiedenen Departemente zu regelrechten (Des-)Informationskämpfen.

Die Intensität der Indiskretionen hat seither etwas abgenommen. Aber sie sind nach wie vor an der Tagesordnung. Derzeit läuft ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses rund um die Departementsverteilung vom vergangenen Dezember. Von Baume-Schneiders Wechsel ins Innendepartement überrumpelt, wurde in anderen Departementen Kritik laut an der Sitzungsführung von Bundespräsidentin Amherd. Die erste Indiskretion nach der ersten Sitzung der neu gewählten Regierung.

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