Freitag, Februar 28

Maschinenhersteller und Chemieunternehmen blicken auf ein erneut schwieriges Geschäftsjahr zurück. Die Zölle, welche die USA auf breiter Front einführen wollen, schlagen bei Bucher Industries und Clariant auf die Stimmung.

Die Tirade laufend neuer Androhungen von Zöllen aus Washington hält Schweizer Konzernchefs auf Trab. Jacques Sanche, dem Chef des vor allem auf Landmaschinen ausgerichteten Zürcher Konzerns Bucher Industries, fällt es sichtlich schwer, den Überblick zu behalten. Zugleich versucht er, ruhig Blut zu bewahren. «Es ist nicht sinnvoll, in diese Situation reinzuspringen, bevor klar ist, welche Produkte die USA aus welchen Ländern mit Zöllen belegen werden», sagte er an der Bilanzmedienkonferenz der Firma am Freitag.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Erhöht Trump Subventionen für Farmer?

Für eine gewisse Erleichterung sorgt bei Bucher, dass Landmaschinen bis anhin nicht als Kandidaten für Zölle genannt wurden. Der Industriekonzern kann zudem darauf vertrauen, dass die Bauernschaft in den USA bei Republikanern traditionell viel Goodwill geniesst.

Die Stimmung unter amerikanischen Farmern ist seit längerem angespannt. Wegen der stark gesunkenen Preise für Getreideprodukte erlitten viele Betriebe hohe Einkommenseinbussen. Im Moment gehen die meisten Marktbeobachter davon aus, dass die neue Regierung unter Donald Trump Landwirten mit Subventionen unter die Arme greifen wird. Dies könnte die eine oder andere Farm ermuntern, in den Maschinenpark zu investieren.

Umsatzeinbruch und Stellenabbau bei Bucher

Bucher könnte neue Aufträge gut gebrauchen. Im vergangenen Jahr schrumpfte der Gesamtumsatz um 12 Prozent auf knapp 3,2 Milliarden Franken. Weil es an Arbeit mangelte, musste der weltweite Personalbestand um 750 Mitarbeitende beziehungsweise 5 Prozent reduziert werden. Per Ende 2024 waren bei Bucher noch 14 100 Personen beschäftigt.

Obschon noch nichts spruchreif ist, rechnet das Unternehmen aus Niederweningen alle möglichen Szenarien durch, wie sich die Belastung durch allfällige Zölle der USA verringern liesse. Eine Option wäre, die Montage von Landmaschinen und anderen Produkten, die das Industriekonglomerat herstellt, in den USA auszubauen. Aus Europa würde man dann nur noch kritische Komponenten wie gewisse Gussteile beziehen, sagte Sanche.

Clariant vertraut auf weltweites Produktionsnetz

Das Thema Zölle treibt auch das Management des Baselbieter Chemiekonzerns Clariant um. Der Konzern fühlt sich dank seiner dezentralen Organisation gut aufgestellt, um die Auswirkungen in Grenzen zu halten. Clariant betreibe weltweit 68 Produktionsstätten, die typischerweise nicht für den Export, sondern für lokale Kunden tätig seien, sagte der Konzernchef Conrad Keijzer ebenfalls am Freitag. «Wir rechnen mit einem sehr bescheidenen direkten Einfluss auf unser Geschäft.»

Mehr Sorge bereitet dem Niederländer, was die Zölle indirekt bewirken könnten. «Zölle sind nicht gut für Geschäftsaktivitäten im Allgemeinen, das Wirtschaftswachstum und mit Blick auf die Teuerung», rief er in Erinnerung.

Dezimierte europäische Chemieproduktion

Ähnlich wie Maschinenhersteller mussten auch Chemiefirmen in den letzten zwei, drei Jahren mit einem deutlichen Nachfrageeinbruch fertigwerden. Neben der schwachen Weltkonjunktur lasteten hohe Lagerbestände bei Kunden auf den Geschäften.

Besonders ausgeprägt war der Abschwung in Europa. Weil viele Betriebe wegen der stark gestiegenen Strom- und Gaspreise nicht mehr konkurrenzfähig waren, mussten reihenweise Werke geschlossen werden. Laut Clariant liegt die branchenweite Chemieproduktion in Europa noch immer 20 Prozent unter dem Niveau, das vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie beziehungsweise des Kriegs in der Ukraine erreicht wurde.

Erst im vergangenen Jahr kam es im europäischen Chemiesektor zu einer Bodenbildung. Die bescheidene Erholung von jüngst 2 Prozent könnte angesichts der heftigen Handelsstreitigkeiten im laufenden Jahr aber bereits wieder ins Gegenteil umschlagen.

Starke Abhängigkeit von den USA und China

Für europäische Anbieter von Chemieprodukten kommt erschwerend hinzu, dass ihr Geschäft stark von Exporten in andere Weltregionen abhängig ist. Wie der Firmenchef von Clariant vorrechnete, entfallen 25 Prozent des Umsatzes der chemischen Industrie in Europa auf Geschäfte mit US-Kunden. China steuert weitere 10 Prozent bei.

Wegen der grossen Unsicherheit rechnet der Konzern selbst 2025 nur mit einer Umsatzsteigerung von ungefähr 3 Prozent in Lokalwährungen. Im vergangenen Jahr musste Clariant – ebenfalls bereinigt um Wechselkursveränderungen – einen Rückgang der Verkäufe von 3 Prozent auf knapp 4,2 Milliarden Franken hinnehmen.

Die Umsatzrendite auf Stufe Betriebs-Cashflow (Ebitda) stieg unter Ausschluss von Einmaleffekten vor allem im Zusammenhang mit Restrukturierungsaufwendungen zwar von 14,6 auf 16 Prozent, doch hatte sich der Markt mehr erhofft. Für Anleger war dies neben dem verhaltenen Ausblick offensichtlich Grund genug, um die seit Jahren schwächelnden Aktien von Clariant abermals auf Talfahrt zu schicken. Bis zum frühen Nachmittag brach die Notierung um rund 8 Prozent auf unter 10 Franken ein.

Die Konzernführung von Bucher äusserte sich zum erwarteten Geschäftsverlauf ebenfalls vorsichtig. Sie rechnet in Lokalwährungen und ohne Berücksichtigung von Akquisitionen lediglich mit einem stagnierenden Umsatz. Auch die Ebit-Marge dürfte sich noch nicht erholen und entsprechend auf dem gedrückten Vorjahresniveau von 9 Prozent verharren.

Wechsel an der Konzernspitze von Bucher

Dennoch kletterte die Notierung der Bucher-Aktien um 3 Prozent auf über 390 Franken. Für gute Stimmung sorgte vor allem die Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms. Dieses wird helfen, die komfortable Nettoliquidität von 400 Millionen Franken ein Stück weit zu reduzieren. Manche Marktbeobachter kritisieren seit langem, Bucher horte viel zu viel Geld auf der Bank.

Sanche, der seit 2016 CEO von Bucher ist, wird zudem nur noch ein gutes Jahr in seiner Position verbleiben. Ab der Generalversammlung im kommenden Jahr soll mit Matthias Kümmerle ein jüngerer Manager die Konzernleitung übernehmen. Kümmerle, der 1973 geboren wurde und schweizerisch-deutscher Doppelbürger ist, leitet seit 2021 die Sparte Emhart Glass. Diese ist auf die Herstellung von Maschinen für die Produktion von Glasbehältern spezialisiert.

Wegen weltweiter Überkapazitäten in der Glasproduktion erlitt auch Emhart im vergangenen Jahr einen Umsatzeinbruch. Die Verkäufe schrumpften um 12 Prozent auf noch knapp 460 Millionen Franken.

Exit mobile version