Donnerstag, November 28

Der Besuch im neuen E-Pulsive Health Club in Küsnacht fühlt sich eher an wie ein Wellnesstag denn wie eine Sportlektion. Ein bisschen Leiden gehört dennoch dazu.

Erst einmal merke ich gar nichts. Man würde meinen, beim Betreten einer Eiskammer mit minus 110 Grad sei einem kalt, eiskalt. Doch da ist nichts. Eine, zwei, drei Sekunden warten. Immer noch nichts. Es ist eng in diesem Gefrierfach, das optisch einem übergrossen Kühlschrank gleicht. Was, wenn ich hier nicht mehr rauskomme? Noch vor der Kälte kommt dieses Unbehagen. Und dann wird mir plötzlich eiskalt.

Einatmen, ausatmen. Ich erinnere mich an die Instruktorin, die mir vor Betreten der elektrischen Kryotherapie-Kammer erklärt hat, wie ich mich verhalten soll. Meine Härchen am Arm sind gefroren, ich beginne sie zu zählen, das lenkt mich ab. Ich weiss, dass ich jederzeit die Tür öffnen kann, um abzubrechen. Besser ist aber, ich bleibe mindestens zweieinhalb Minuten hier drin (Geübtere halten bis zu maximal vier Minuten durch). Also blicke ich wieder geradeaus. Schaue zu, wie der Wind mir um die Ohren bläst, die zum Glück mit flauschigen Wärmern bedeckt sind. Die Füsse sind in dicke Pantoffeln gepackt, weil man sich sonst Verbrennungen zuziehen würde vom kalten Boden, die Hände stecken in Handschuhen, und über den Kopf habe ich ein Baumwolltuch gezogen. Abgesehen davon trägt man hier drin nur Badebekleidung.

Ziel der Behandlung: Verjüngung und Erholung. Zumindest sollen Studien belegen, dass ein Besuch in der Kältekammer die Schlafqualität verbessern, Entzündungen reduzieren und die körperliche Leistungsfähigkeit steigern kann. Ausserdem soll es helfen, Cellulite und Hautschwellungen zu vermindern und die Haut zu straffen. Eine Session kostet 80 Franken. Und während der erste Besuch noch ziemlich viel Überwindung braucht, erzählen andere, die diese Therapie regelmässig machen, dass sie schon fast süchtig danach seien.

Das im Juli 2024 eröffnete Fitness- und Wellnesscenter E-Pulsive in Küsnacht setzt auf einen holistischen Ansatz. Im Fokus steht ein Konzept, das gerade in vieler Munde ist: Longevity. Anders als oft angenommen geht es dabei nicht darum, länger zu leben, sondern besser. Seinen Ursprung hat das Konzept in London, wo die beiden Betreiber Christian Koch und Eladio de León Martínez ihr Fitness-Angebot bereits in drei Studios erprobt haben – in Kensington, Hampstead und im 180 Health Club der Member-Club-Kette Soho House. Küsnacht ist ihr erster Standort in der Schweiz und ihr erstes eigenständiges Studio.

Biohacking – was wird darunter verstanden?

E-Pulsive ist kein gewöhnliches Fitnesscenter, aber auch nicht einfach ein Spa. Nebst der Kryotherapie-Kammer gibt es eine Infrarot- und Photobiomodulations-Sauna sowie einen Raum für Gesichtsbehandlungen und Massagen. In Kollaboration mit dem medizinischen Team von Ivilounge werden ausserdem Vitamininfusionen angeboten. Die sogenannten Drips sollen, im Vergleich zur oralen Einnahme, eine schnellere und effizientere Nährstoffaufnahme ermöglichen. Um zu wissen, was der Körper benötigt, erfolgt vorab ein Gesundheitscheck mit Blutanalyse.

Die Angebotspalette lässt sich unter dem Wort Biohacking zusammenfassen, ebenfalls ein Trendbegriff. Gemeint ist damit, «dass das eigene Biosystem quasi wie ein Computer gehackt wird», erklärt Christian Koch. «Oder anders gesagt: Gesundheitsoptimierung.»

Entspannung und Aktivierung

Klingt nach Arbeit und Fleiss. Und tatsächlich gehört wohl auch ein bisschen Leiden zu einem Besuch im E-Pulsive Health Club dazu, sei es beim ersten Besuch in der Eiskammer oder im EMS-Training, das im Anschluss folgt. Mehr aber noch ist der Besuch ein Luxuserlebnis.

Vom Fitnessraum, der mittels einer Holztüre in zwei Bereiche geteilt werden kann, damit auf der einen Seite das klassische Personal Training und auf der anderen eine EMS-Session stattfinden kann, blickt man auf den Zürichsee. Der Raum ist hell gestaltet, mit Holzverkleidungen in warmem Farbton und modernen Betonelementen. Christian Koch, der ursprünglich Innenarchitektur studiert hat und für das Interior-Konzept verantwortlich zeichnet, sagt: «Wir wollten eine beruhigende und gleichzeitig energetisierende Atmosphäre schaffen.»

Beinahe kommt Wellness-Stimmung auf, aber dafür ist es noch zu früh. Vor dem EMS-Training wird mir eine schwarze Weste angezogen, in der die Elektroden angebracht sind, über welche niederfrequente elektrische Impulse ausgelöst werden. Ich schaue mich im Spiegel an und fühle mich wie Lara Croft. Kurzes Briefing, dann geht es los.

Die Privatstunde dauert gerade einmal zwanzig Minuten, das Training ist auf Effizienz ausgelegt. Auf dem Programm stehen bekannte Eigengewichtübungen wie Kniebeugen, Ausfallschritt oder die Plank-Position. Die elektrischen Impulse sind zu Beginn nur schwach spürbar. Je nach Muskelpartie und nach Absprache erhöht die Trainerin die Intensität. Sie überprüft jede meiner Bewegungen genau, korrigiert Fehlhaltungen und hilft mir, die Atmung dem Training anzupassen: Jeweils vier Sekunden gibt es eine Kontraktion der Muskeln, dann folgt eine Pause von vier Sekunden.

Optimierungsprinzip

Das Ganzkörpertraining ist intensiv. Laut Studien werden bis zu 98 Prozent aller Muskeln beansprucht. Nach zwölf Wochen soll eine Steigerung der Kraft um bis zu 30 Prozent gemessen werden können. Der Muskelkater am nächsten Tag hat gezeigt: Zwanzig Minuten Sport sollten keineswegs unterschätzt werden.

Mit diesem Ansatz, wenig Zeitaufwand mit grossem Ergebnis, sprechen die Betreiber von E-Pulsive Health Club eine Zielgruppe vielbeschäftigter Menschen an, die zwar einen gesunden Lifestyle pflegen wollen, aber das gerne möglichst rasch und wirksam. Doch es gehe nicht nur ums Zeitsparen, sagt Christian Koch. «Bei uns trainieren sowohl Sportmuffel, die froh sind, wenn sie nicht Stunden im Fitnesscenter verbringen müssen, als auch Leute, die noch ein Extra aus ihrem Training herausholen wollen.» Weil das Training ohne Widerstand als gelenkschonend gilt – EMS hat seinen Ursprung in der Physiotherapie –, ist es auch für ältere Personen geeignet.

Die Übungen machen Spass, sind beim ersten Mal aber auch herausfordernd, weil die Abstimmung der Atmung auf die elektrischen Impulse eine gewisse Koordination erfordert. Ich bin froh, dass die zwanzig Minuten schnell vorbeigehen.

Nach dem Training, so viel Zeit muss dann doch sein, gönne ich mir noch dreissig Minuten Entspannung in der Infrarot- und Photobiomodulations-Sauna. Über einen Lautsprecher schliesse ich mein Smartphone an, um die Musik einzustellen. Danach wird die Schutzbrille aufgesetzt, und ich setze mich in die angenehm warme Kabine. Vielleicht liegt es an diesem letzten Programmpunkt, dass ich mich nach dem Training fühle wie nach einem Spa-Besuch, entspannt im Kopf und angenehm träge im Körper. Für dieses Gefühl gehe ich gern auch wieder in die Gefrierkammer.

Information

Adresse

E-Pulsive Health Club
Kohlrainstrasse 6b
8700 Küsnacht
e-pulsive.ch

Öffnungszeiten

Montag bis Donnerstag: 07.00–21.00 Uhr
Freitag: 07.00–20.00 Uhr
Samstag: 08.00–17.00 Uhr

Preise Kryotherapie

Intro Biohacking (1× Kryo und 1× Sauna): 100 Franken
Single-Kryotherapie: 80 Franken
«Unlimited Biohacking»: 500 Franken pro Monat

Preise EMS-Training

Intro EMS (Probetraining): 80 Franken
Single Private EMS Session: 180 Franken
Single Partner EMS Session: 160 Franken

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