Freitag, Oktober 25

In der Champagne sorgt eine junge Generation von Winzern und Winzerinnen mit aufsehenerregenden Schaumweinen für Furore. Wir stellen ein Trio vor, das man sich merken sollte. Die exklusiven Produkte haben ihren Preis.

Zu den spannendsten Entdeckungen im prestigeträchtigen französischen Anbaugebiet Champagne gehören die sogenannten Winzerchampagner. Die Produzenten keltern ihre perlenden Preziosen ausschliesslich aus eigenen Trauben, im Unterschied zu den grossen Häusern, welche Früchte dazukaufen. Wir haben drei junge Winzerinnen und Winzer gefunden, die einiges gemeinsam haben. Sie arbeiten biologisch oder biodynamisch, stellen die Herkunft ihrer Produkte in den Fokus, vermitteln damit Emotionen – und ihre gefragten sowie exklusiven Champagner sind nicht ganz günstig.

Da ist der 35-jährige Guillaume Selosse, ein wahrlich berühmter Name in der Champagne. Sein Vater Anselme wurde zum Vorreiter der Winzerchampagnerbewegung. Der Visionär setzte neue Massstäbe, produzierte im Familienbetrieb Jacques Selosse naturnah und biologisch und verwendete für den Ausbau der Grundweine Barrique-Fässer, gerne auch Neuholz. Sein Sohn will diese Philosophie fortsetzen: «Ich verfolge aber etwas andere Wege», erklärt Guillaume Selosse, der jetzt die Leitung auf dem 8,2 Hektaren grossen Betrieb übernommen hat. Er nimmt sich ein Zitat des Vaters zu Herzen: Auf dem Gut gebe es kein allgemeingültiges Rezept.

Für Selosse ist ein Champagner eine Symbiose zwischen dem Boden, auf dem die Reben wachsen, dem eigenen Know-how sowie der Zeit. Jede abgefüllte Flasche sei ein Kunstwerk, erzähle eine Geschichte des Terroirs, der familiären Tradition und sei ein Teil ihrer ewigen Suche nach Exzellenz. So reflektieren die meist aus einer Rebsorte bestehenden Schaumweine den Ort ihrer Geburt, also den Rebberg und den Jahrgang. «Ich suche das Gleichgewicht zwischen Oxidation und Reduktion», fügt Guillaume hinzu. Die Selosse-Weine sind denn auch immer charakterstark, eigenwillig, einnehmend, von herausragender Qualität wie etwa der Brut Initial aus 100 Prozent Chardonnay.

Streben nach Exzellenz

Wegen der geringen Verfügbarkeit und hohen Nachfrage werden die Champagner kontingentiert zugeteilt. Vom Ballett zum Wein Etwas einfacher kommt man zu den Champagnern der 37-jährigen Aurore Casanova. Die Winzerin und ehemalige Balletttänzerin, die vor knapp zehn Jahren die Bühne gegen die Natur eingetauscht hatte, führt heute zusammen mit ihrem Mann Jean-Baptiste ein 4,5 Hektaren kleines Gut – ohne Mitarbeitende. Die Rebberge sind auf 26 Parzellen in den Herkünften Côte de Blancs, la Montagne de Reims, la Vallée de la Marne sowie les Côteaux d’Epernay verteilt. Die Weine werden entsprechend separat vinifiziert. Total füllt Casanova rund 22000 Flaschen pro Jahr ab.

Ihr Weinstil? «Ich versuche, nicht zu produzieren», umschreibt die Winzerin ihre Philosophie. Sie wolle vielmehr den einzelnen Rebberg verstehen, die Eigenschaften des jeweiligen Jahres sowie den Einfluss der Natur auf die Vegetation an diesem Ort in die Flasche transportieren. Selbstverständlich spielten die Bodenbeschaffenheit, das Alter der zum Teil bis zu 100-jährigen Reben sowie die Arbeit auch eine wesentliche Rolle. Inzwischen sind fast alle Rebberge Bio-zertifiziert. Casanovas Ziel besteht darin, möglichst reintönige, komplexe, jedoch puristische Champagner zu produzieren. «Die Weine sollen den Kunden wie beim Theater Emotionen bescheren und in bester Erinnerung bleiben», wünscht sich Aurore Casanova. Zum Beispiel mit dem eleganten Brut Sans Année aus Chardonnay, Pinot noir und Pinot Meunier.

Wie Casanova ist auch Elise Bougy ein Name, der eine verheissungsvolle Zukunft vorausgesagt wird. Die Winzerin ist vorläufig erst Insidern bekannt, aber Liebhaber und Liebhaberinnen reissen sich um ihre charaktervollen Champagner. Nicht verwunderlich: Gerade einmal gut 7000 Flaschen werden jährlich abgefüllt. Bougy, die vor sechs Jahren bei null begonnen hatte, stützt sich auf Rebberge von lediglich 2,8 Hektaren. «Ich produziere meine Champagner mit Herz. Sie sollen bei den Kunden etwas auslösen», umschreibt die Französin und zweifache Mutter ihre Vorstellungen.

Sie arbeitet aus Überzeugung nach biodynamischen Grundsätzen. Im Keller werden die Grundweine spontan mit Naturhefen vergoren, mindestens elf Monate im Holzfass ausgebaut, weder filtriert noch geschönt. In der Flasche reifen die Schaumweine mindestens zwei Jahre. Künftig ist eine längere Zeit geplant. Bougys Perlen sind Brut Nature, also mit null Gramm Zucker versehen – so etwa der höchst gelungene, puristische Le Chétillon de Haut, ein Blanc de Blancs aus Chardonnay.

Drei Produzenten – drei exzellente Schaumweine

Winzerchampagner sind individuelle Schaumweine, die im Idealfall ihre Herkunft perfekt widerspiegeln. Die Produkte von Guillaume Selosse, Aurore Casanova und Elise Bougy erfüllen diese Vorlage auf souveräne Art und Weise.

Brut Initial Grand Cru, Jacques Selosse

Der überragende Champagner aus Chardonnay ist aromatisch, vielschichtig, körperreich, elegant, frisch, eigenständig und lang anhaltend und trotz den Perlen fast wie ein «Wein». Er reift bis zu 54 Monate auf den Hefen. Ein Erlebnis der Extraklasse und ein perfekter Speisenbegleiter.

Brut Sans Année, Aurore Casanova

Die gelungene Assemblage aus Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier überzeugt mit einer feinen Perlage, einem Duft von weissen Früchten und schönen Hefenoten. Im Gaumen trocken, mittelschwer, cremig, frisch und ausgewogen.

Le Chétillon de Haut, Elise Bougy

Der finessenreiche Blanc de Blancs aus Chardonnay weiss mit Spannung, Energie und einem schönen Trinkfluss zu punkten. Wer es puristisch und geradlinig mag, kommt mit diesem eigenständigen Champagner voll und ganz auf seine Rechnung.

Event-Tipp

Winzerchampagner-Tasting in Zürich

Am 16. November findet im Hotel Widder in Zürich eine grosse Winzerchampagner-Degustation statt. Probiert werden können nebst den im Haupttext erwähnten Schaumweinen von Jacques Selosse und Aurore Casanova auch die exzellenten Erzeugnisse von Vouette et Sorbée, Jules Brochet, Dhondt-Grellet, La Rogerie sowie Thibault Tassin. Die Degustationen werden in zwei Sequenzen (17–19 Uhr sowie ab 20 Uhr) durchgeführt. Begleitet werden die exzellenten Schaumweine von drei Gerichten, beziehungsweise von einem Sechsganggourmetdinner von Sternekoch Stefan Heilemann. Anmelung und weitere Infos: grains-nobles.ch/event (chu.)

Dieser Artikel ist im Rahmen der «NZZaS»-Verlags-Beilage «Wein & Genuss» erschienen.

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