Freitag, Oktober 4

Die Medien in der Schweiz stehen unter Druck. Gleichzeitig beläuft sich die hiesige Medienförderung mittlerweile auf umgerechnet rund 140 000 Franken pro Journalist. Es ist höchste Zeit, diese Mittel besser einzusetzen.

Vor kurzem hat die TX Group eine weitere Sparrunde mit Entlassungen bekanntgegeben. Das nach der SRG zweitgrösste Medienhaus des Landes verlegt unter anderem den «Tages-Anzeiger» und die «Berner Zeitung». Rasch wurde der Ruf nach einem Ausbau der Medienförderung laut.

Doch derzeit stehen die Zeichen beim Bund auf Sparen, neue Subventionen werden einen schweren Stand haben. Das gilt besonders für Branchen, die bereits stark gefördert werden und deren Unterstützung jüngst angewachsen ist. Beides trifft auf die Medienbranche zu.

Es wäre genug öffentliches Geld da

Seit der Jahrtausendwende hat sich die Medienförderung (Serafe-Abgabe und weitere Subventionen) um über 20 Prozent erhöht. Im Jahr 2020 flossen 1,5 Milliarden Franken in den Mediensektor; die Mehrwertsteuervergünstigungen sind dabei nicht mit eingerechnet.

Diese Zahlen sind vor dem Hintergrund der Branchengrösse beachtlich. So zählte 2020 das Bundesamt für Statistik rund 11 000 Journalistinnen und Journalisten. Das bedeutet, dass sich die Medienförderung pro Journalist auf rund 140 000 Franken beläuft.

Für die Medienbranche als Ganzes steht somit viel öffentliches Geld zur Verfügung. Die Vermutung liegt nahe, die Mittel würden nicht richtig eingesetzt. In der Tat sind sich fast alle Experten einig: Die Schweizer Medienpolitik ist veraltet und entsprechend suboptimal.

Beinahe 90 Prozent der Schweizer Medienförderung fliessen in zwei historisch gewachsene Instrumente: die SRG und die Zeitungszustellung. So liegt die ursprüngliche Legitimation für die SRG in den 1930er Jahren: Das damals neue Radio bedingte eine öffentliche Finanzierung.

Die Schweizer Medienpolitik finanziert lieber Druckwalzen und Tinte statt Journalistinnen, die mutig auf Missstände im Land aufmerksam machen.

Diese technologischen Gründe sind längst weggefallen. Dasselbe gilt für die Zustell-Ermässigung bei Zeitungen. Wie die jährlichen Umfragen des Reuters Institute festhalten, hat das bedruckte Papier als Informationsquelle mittlerweile eine untergeordnete Bedeutung.

Dass die Politik nicht handelt, ist fahrlässig. Denn den Medien kommt eine wichtige Funktion in der Gesellschaft zu, und sie stecken in einer Krise. Die heutige Medienpolitik erhält jedoch veraltete Strukturen künstlich am Leben, statt dafür zu sorgen, die Bevölkerung optimal mit Informationen zu versorgen.

So hält auch die TX Group trotz Sparmassnahmen an den gedruckten Zeitungen fest. Mit ein Grund dafür dürfte die Zustell-Ermässigung vom Bund sein – die Schweizer Medienpolitik finanziert lieber Druckwalzen und Tinte statt Journalistinnen, die mutig auf Missstände im Land aufmerksam machen.

Es braucht einen klaren Transformationsplan

Vorschläge für eine Reform der Schweizer Medienförderung gibt es seit langem. Die Professoren Peter Hettich und Mark Schelker empfehlen etwa, dass voneinander unabhängige Medienkommissionen publizierte Medieninhalte untersuchen; anhand des öffentlichen Mehrwertes sowie des Konsums soll dann eine Subvention gewährt werden.

Der Think-Tank Avenir Suisse wiederum hat sich für eine Weiterentwicklung der SRG zu einem Public Content-Provider ausgesprochen, der seine Medieninhalte nicht mehr selbst ausspielt, sondern privaten Medienorganisationen zur Verfügung stellt.

Diese Vorschläge brächen einer technologie- und wettbewerbsneutralen Medienförderung Bahn. Öffentliche Gelder würden nicht mehr veraltete Strukturen am Leben erhalten. Damit ist aber auch klar, dass all jene etwas verlieren, die sich in diesen Strukturen gut eingerichtet haben.

Die Beharrungskräfte sind entsprechend stark. Zwar würden auch viele von einer solchen Modernisierung gewinnen. Aber sie sind sich der Verbesserungen oft nicht bewusst oder trauen ihnen noch nicht ganz – etwa die Bürgerinnen und Bürger oder neue Medien-Startups.

Diese politökonomische Mechanik gilt es in der Medienpolitik zu beachten. Es braucht Klarheit, Verbindlichkeit und Zeit. Das alles könnte ein konkreter Transformationsplan schaffen. An dessen Ende sollte eine technologie- und wettbewerbsneutrale Medienförderung wie oben skizziert stehen.

Die neuen Instrumente wären per sofort aufzugleisen. Die Finanzierung sollte jedoch gestaffelt und aus den bestehenden Mitteln erfolgen. Mit einem 15-jährigen Transformationsplan bis 2040 könnten so «budgetneutral» jedes Jahr rund 100 Millionen in die neuen Instrumente übergeführt werden.

Gerade in Zeiten klammer Staatsfinanzen dürfte das die einzige realistische Möglichkeit sein, die veraltete Medienförderung in eine moderne Form umzugiessen. Ein weiterer Ausbau ist derzeit nur schwer zu legitimieren, das zeigt auch die klare Ablehnung des Medienpakets 2022 durch den Souverän. Die Branche tut also gut daran, nicht einfach nach neuen Subventionen zu rufen, sondern endlich eine nachhaltige Transformation der Schweizer Medienpolitik in Angriff zu nehmen.

Jürg Müller ist Direktor des Think-Tanks Avenir Suisse.

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