Einen Duft für sich selbst auszusuchen, ist schon schwierig. Für andere? Eine grosse Herausforderung. Christof Hoerler von der Zürcher Parfümerie Spitzenhaus erklärt, wie man dabei am besten vorgeht und was eine gute Beratung ausmacht.

Parfum als Geschenk – ist das ein Thema im Spitzenhaus?

Ja, auf jeden Fall. Ein Duft ist ein sehr schönes, sehr emotionales Geschenk. Aber auch etwas vom Schwierigsten, muss man auch sagen. Denn die Zeiten haben sich geändert. Früher hatte man lebenslang das gleiche Parfum. Das kann man fast vergleichen mit olfaktorischen Socken. Ich hatte viele Kunden, die ihr Parfum stapelweise im Bad hatten, weil sie immer von der Grossmutter das Gleiche gekriegt haben.

Und heute?

Heutzutage sehen viele einen Duft als Teil ihrer Persönlichkeit, das Business ist weniger markengetrieben. Auch unsere Kundinnen und Kunden wollen keinen Mainstream. Sie wollen sich beraten lassen.

Ich komme ins Spitzenhaus und sage: Ich möchte meinem Partner einen neuen Duft schenken. Wie geht es dann weiter?

Wenn ich nur diese Information habe, wird es ein bisschen schwierig. Das wäre, wie wenn ich zum Arzt gehe und ihn frage, was mir fehlt, ohne meine Symptome zu beschreiben. Also muss ich mehr über die Person erfahren. Die beste Information ist natürlich immer, was nutzt sie bereits, was mag sie?

Und wissen die Kundinnen und Kunden das dann?

Gerade die Männer sind da manchmal ein bisschen schlecht informiert und erklären etwa: Es ist eine transparente Flasche mit einem schwarzen Deckel. Ah! Dann ist man so schlau wie vorher. Aber sonst kann man anhand der Duftgarderobe, also der Parfums, die man bereits besitzt, schon etwas herleiten.

Was fragen Sie noch ab?

Es gibt auch emotionale Informationen, die man hat. Wenn man sich etwa bei einem Waldspaziergang kennengelernt hat, kann ich das bei meinen Vorschlägen berücksichtigen. Dann präsentiert man ein paar Düfte und fragt, ob da vielleicht etwas dabei ist. Dem Partner oder der Partnerin muss es ja auch gefallen.

Wie viele Düfte wählen Sie zum Zeigen aus?

Wir beschränken uns grundsätzlich auf vier, fünf Düfte, diese können die meisten noch gut unterscheiden. Wenn man darüber hinausgeht, wird es kompliziert. Dann wird man geruchsblind.

Wie viele Düfte haben Sie im Spitzenhaus?

Etwa 800 bis 900. Wir kennen jeden, sonst könnten wir eine solche Beratung gar nicht machen.

Wie viel Zeit sollte man mitbringen?

Wenn man für jemanden einen neuen Duft als Geschenk aussuchen möchte, mindestens 20 Minuten, besser mehr. Schenken sollte ja etwas Schönes und kein Stress sein.

Welche Rolle spielt die Verpackung, der Flakon?

Ich habe schon ein paar wenige Kundinnen und Kunden, die sehr Design-affin sind und dann sagen: «Diesen Duft müssen sie mir gar nicht zeigen. Diese Flasche kann ich mir nicht jeden Tag anschauen.» Andersherum gibt es das natürlich auch, jemand sieht eine lustige Flasche und will wegen ihr am Duft riechen. Aber schlussendlich geht es dann um den juice.

Haben Sie eine hohe Erfolgsquote?

Ja, fast zu hundert Prozent, weil wir wirklich viel Wert auf die Beratung legen. Aber bei den Geschenken machen wir natürlich eine Probe auf die Geschenkverpackung. Dann kann jederzeit umgetauscht werden.

Wie halten Sie es mit Gutscheinen?

Wir stellen viele Gutscheine aus, wie jedes andere Geschäft auch. Aber wir füllen sie mit Inspirationen, also Pröbchen. Dafür machen wir ebenfalls eine Anamnese, was die Person mag, und füllen die Gutscheinboxen entsprechend.

Haben Sie einen Parfum-Bestseller im Spitzenhaus?

Ja, «Blue Talisman» von Ex Nihilo. Er ist einfach vom ersten Moment an highly addictive. Man kann ihn tatsächlich zehn Leuten zeigen, und achtmal ist er verkauft.

Also quasi Mainstream in der Nische?

Mainstream ist ein hartes Wort, ich bezeichne beliebte Düfte lieber als «Crowdpleaser». Düfte also, welche wie ein Magnet wirken und uns in den Bann ziehen. Wie ein süffiger Wein, von dem man sich gerne noch ein zweites Glas einschenkt . . . oder ein drittes.

Sie haben eine sehr internationale Kundschaft. Gibt es kulturelle Unterschiede, was das Verschenken von Parfums angeht?

Im Mittleren Osten gehört es zum guten Ton, Düfte zu verschenken. Da werden dann durchaus einmal 20, 30, 40 Düfte eingekauft, pro Kunde. Dort wächst man von Düften umgeben auf, Parfums, aber auch Räucherwerk. Daher ist er auch ein ganz wichtiger Markt für europäische Parfummarken.

Was empfehlen Sie, wenn ein Geschenk für jemand entfernt Bekanntes gesucht wird? Gibt es die Klassiker wie Badesalz noch?

Badeprodukte sind meiner Meinung nach schwierig, weil es immer mehr Wohnungen gibt, die keine Badewanne mehr haben.

Also Duschgel?

Wenn man jemanden nicht sehr gut kennt, rate ich absolut ab von Produkten, die den Eindruck erwecken könnten, dass man mal wieder eine Dusche empfehlen würde. Duschgel ist also schon schwierig. Deo geht natürlich gar nicht.

Wird Skincare als Geschenk gekauft?

Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder weiss die Kundin, der Kunde schon, was der oder die Beschenkte nutzt. Dann ist es safe. Sonst würde ich additive Produkte empfehlen. Also eine Maske, die man auch in ein bestehendes Regime einbauen kann. Dann vielleicht eine Handcrème. Lippenbalsam. Eine Eye-Cream. Ampullen oder ein Kur-Serum.

Wieso haben Sie eigentlich keinen Online-Shop?

Wir haben uns natürlich schon überlegt, ob wir ins E-Commerce gehen wollen. Aber das ist einfach nicht unser Konzept. Ich bin wirklich fest davon überzeugt, dass der menschliche Kontakt immer noch seine Berechtigung hat.

Dann würden Sie wohl auch nicht KI nutzen, um einen passenden Duft zu finden?

Hat das dann noch etwas Emotionales? Wenn Menschen von Partnerfindungsapps zusammengebracht werden, klappt das ja auch nicht unbedingt. Man muss sich riechen können.

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