Dienstag, November 26

Ausdauer und Rumpfkraft sind wichtige Indikatoren für die Fitness – je besser sie sind, desto geringer ist das Risiko für eine Vielzahl von Krankheiten und Verletzungen.

70 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer bewegen sich mindestens zwei Stunden pro Woche. Die Schweiz hat damit in Europa eine der sportlichsten Bevölkerungen, wenn es um den Breitensport geht. Mehr wird nur in Finnland und Schweden trainiert.

Diese Erkenntnis resultiert zwar unter anderem daraus, dass in der Studie «Sport Schweiz 2020» auch Wandern als Sport eingestuft wurde. Beliebt sind aber auch Schwimmen, Velofahren, Jogging, Skifahren oder Fitnesstraining – mehr als 1,1 Millionen Menschen haben hierzulande ein Abonnement für ein Zentrum.

Doch wie lässt sich herausfinden, wie fit eine Person für ihr Alter ist? Und welchen Effekt die wöchentlichen Joggingrunden, die Velotouren oder die Group-Fitness-Kurse haben?

Es gibt zahlreiche Institutionen, die Leistungsdiagnostik anbieten, meist in einer Arztpraxis oder einer Klinik. Dort wird eine Vielzahl von Parametern erhoben, die beispielsweise als Grundlage für die Erstellung von Trainingsplänen dienen. Eine Annäherung an den eigenen Fitnessstand lässt sich aber auch daheim erreichen – unter anderem mit folgenden einfachen Übungen und Messungen.

Ausdauer: 12-Minuten-Lauf

In der Oberstufe oder an der Aushebung im Militär war er verhasst: der 12-Minuten-Lauf. Doch mit dem auf ihm basierenden Cooper-Test lässt sich ungefähr eruieren, wie es um die Ausdauerleistung bestellt ist – je besser diese ist, desto geringer ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme und andere Erkrankungen wie Krebs.

Um eine Vorstellung von der eigenen Ausdauerfähigkeit zu bekommen, braucht es keinen Gang in ein Labor oder eine Laktatmessung. Eine Annäherung an die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit im Körper (VO2max) lässt sich auch mit dem einst so unbeliebten 12-Minuten-Lauf erreichen. Der VO2max-Wert zeigt an, wie viele Milliliter Sauerstoff der Körper unter Belastung pro Minute maximal verwerten kann. Er gilt als einer der wichtigsten Indikatoren für die Ausdauer.

Um den VO2max-Wert zu ermitteln, sollte nach zehn bis fünfzehn Minuten lockerem Aufwärmen entweder auf dem Laufband, einer Rundbahn oder auf einer flachen Strecke im Freien während zwölf Minuten gelaufen oder gegangen werden. Es gibt zahlreiche Apps – zum Beispiel Strava oder Runtastic –, mit denen sich die Distanz messen lässt. Es empfiehlt sich, mit einer gleichmässigen Geschwindigkeit zu starten, die man sicher über die gesamte Zeitdauer halten kann. Sind gegen Ende noch Reserven vorhanden, kann dann schneller gelaufen werden.

Danach wird mit folgender Formel gerechnet: VO2max = (Gelaufene Distanz in Meter minus 504,9) / 44,73. Für Mathematikmuffel gibt es im Internet auch VO2max-Rechner inklusive Tabellen, die das Resultat einordnen und das ungefähre Leistungsniveau anzeigen.

Hanspeter Betschart ist Chefarzt der Berit Sport-Clinic in Speicher (AR) und Chief Medical Officer bei Swiss Olympic. Aus seiner Sicht spricht nichts gegen individuell durchgeführte Leistungstests. Betschart sagt aber: «Wie genau solche Berechnungen sind, ist schwierig zu sagen. Und je nach Test sehr unterschiedlich.»

Der VO2max-Wert ist von verschiedenen Faktoren abhängig – vom Alter, dem Geschlecht oder der Genetik. Bei einem 40 Jahre alten Mann gilt ein VO2max-Wert von 40 als «ausreichend», bei einer gleichalterigen Frau hingegen als «ausgezeichnet», Profi-Langstreckenläufer erreichen sogar Werte von 80 bis 85.

Sportlerinnen und Sportlern, die beim Laufen schneller werden wollen oder sich sogar auf einen Wettkampf vorbereiten, empfiehlt Betschart einen Leistungstest in einer von Swiss Olympic anerkannten medizinischen Institution. Daraus könne abgeleitet werden, welche Trainingsmethode für sie sinnvoll sei. So oder so gilt, dass Intensität, Tempo und Dauer im Lauftraining variiert werden sollten. Betschart sagt: «Die wenigsten Hobbysportler werden etwas mit dem Begriff ‹VO2max› anfangen können.» Es sei natürlich motivierend, wenn man über die Wochen einen Trainingseffekt sehe. Betschart rät Laien aber, sich dazu an der Durchschnittszeit pro Kilometer statt am VO2max-Wert zu orientieren.

Eine Einstufung der Ausdauerleistung über die Altersgruppen mit Distanzen statt einem VO2max-Wert gibt es auch in folgender Tabelle.


Kraft: Plank

Zur Rumpfmuskulatur zählen Bauch- und Rücken- sowie Teile der Gesäss- und Oberschenkelmuskeln. Diese Muskelgruppen stabilisieren den Bewegungsapparat, sorgen für Balance und die richtige Körperhaltung. Sind sie zu wenig trainiert, drohen Rückenschmerzen.

Auch in Schweizer Fitnesscentern hat sich der englische Begriff «core training» für das Training der Rumpfmuskulatur durchgesetzt. Doch wie ist es um deren Stärke bestellt? Auch dafür gibt es eine einfache Übung: die Plank.

Dabei auf dem Boden oder einer Yogamatte mit den Unterarmen aufstützen, die Beine sind gestreckt und mit den Zehenspitzen abgestützt. Der Körper ist dabei gestreckt, wie ein Brett (englisch «plank»). Diese Übung so lange halten, wie sie korrekt ausgeführt werden kann, also ohne Durchhängen des Beckens oder gebeugten Rücken. Und dabei die Zeit messen.

Eine Empfehlung, wie lange man die Plank halten können sollte, kann der Sportarzt Betschart nicht abgeben. Wie bei der Ausdauer hängt die Rumpfstärke von verschiedenen Faktoren ab. Verschiedene Trainingswissenschafter vertreten allerdings die Meinung, dass sowohl Frauen als auch Männer unabhängig vom Alter fähig sein sollten, die Plank mindestens eine Minute lang zu halten. Wer länger als drei Minuten schafft, dessen Rumpfmuskulatur gilt als «aussergewöhnlich stark».

Die Plank gilt als eine der effektivsten Übungen, um die Rumpfmuskulatur mit dem eigenen Körpergewicht zu stärken. Dabei empfiehlt es sich, die Übungen pro Einheit mindestens zwei- oder dreimal zu wiederholen und mehrmals pro Woche zu trainieren. Die Haltedauer kann über die Zeit sukzessive gesteigert werden, zum Beispiel um fünf bis zehn Prozent von Woche zu Woche.

Eine ganzheitliches Training aus Übungen mit dem eigenen Körpergewicht findet sich hier.


Kraft: Dead-Hang

War der 12-Minuten-Lauf in der Schule unbeliebt, dann waren Klimmzüge verhasst. Doch so weit kommt es bei diesem Test nicht, es reicht bei dieser Übung, an einer Reckstange zu hängen – zum Beispiel auf einem Vitaparcours.

Forscherinnen und Forscher der Universität Glasgow haben in einer 2018 publizierten Studie Erstaunliches herausgefunden. Die Griffstärke der Hand korreliert mit einer tieferen Herzfrequenz, einer geringeren Wahrscheinlichkeit von Atemwegserkrankungen und einem geringeren Krebsrisiko. Das dürfte zwar auch daran liegen, dass Menschen mit grosser Kraft in der Hand öfter körperlich tätig und deshalb fitter sind als Personen, deren Griff weniger kräftig ist. Amerikanische Sportwissenschafter plädieren aber dafür, die Hand- und somit Griffkraft beim Training nicht zu vernachlässigen.

Eine Vorstellung von der eigenen Griffkraft bekommt man mit dem Hängen an einer Reckstange, in der Fitness-Szene Dead-Hang genannt. Diese Übung kräftigt die Hand-, Arm- und Rumpfmuskulatur. Konkrete Empfehlungen für die Hängedauer kann der Sportarzt Betschart wie bei der Plank nicht abgeben. Er sagt: «Nach einigen Wochen Training verbessert sich vielleicht die Hängedauer. Wenn die Person gleichzeitig an Gewicht verloren hat, sagt das nichts über einen Kraftzuwachs aus.» Gewichtsschwankungen müssten berücksichtigt werden.

Ein Sportwissenschafter der University of California sagte gegenüber der «New York Times», bei Männern seien beim Dead-Hang weniger als 30 Sekunden «Anfänger-Level», bei Frauen schaffen Anfängerinnen 20 Sekunden. Eine mittelmässige Griffkraft attestiert er Männern bei 30 bis 60 Sekunden, Frauen bei 20 bis 40 Sekunden. Werte, die darüberliegen, gelten als solche von «Fortgeschrittenen».

Die drei Tests bieten keine genaue Messungen der Leistung. Als Standortbestimmung und um den Trainingsfortschritt mit einfachen Mitteln zu messen, genügen sie allemal.

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