Montag, September 30

In der Schweiz herrscht seit Jahren ein Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen. In den Städten zeigt sich das in besonders grossem Ausmass. Immobilienverwaltungen erklären, was es für eine aussichtsreiche Bewerbung braucht.

Wer in den urbanen Zentren der Schweiz eine Mietwohnung sucht, steht vor einer schwierigen Ausgangslage: Gemäss dem Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) entwickeln sich Angebot und Nachfrage nach wie vor in verschiedene Richtungen. Aufgrund des Bevölkerungswachstums steigt die Nachfrage nach Mietwohnungen stark. Diese Entwicklung trifft auf ein weiterhin nur schwach wachsendes Angebot.

Die vor zwei Jahren erfolgte Zinswende, steigende Baupreise, Verzögerungen beim verdichteten Bauen sowie Einsprachen hätten zur Verlangsamung des Angebotswachstums beigetragen, stellt das BWO in einem Bericht vom Mai 2024 fest.

Rückgang um 13 Prozent bei ausgeschriebenen Mietwohnungen

Vor allem in den urbanen Zentren der Schweiz sind Mietwohnungen knapp. Die Situation verschlechtert sich zunehmend: Zwischen April 2023 und März 2024 sank die Zahl der auf den wichtigsten Schweizer Immobilienportalen ausgeschriebenen Mietwohnungen um 13 Prozent auf 340 000 Wohnungen. Das zeigt der Online-Wohnungsindex (OWI) des Hauseigentümerverbands Schweiz und des Schweizerischen Verbands der Immobilien-Treuhänder (SVIT).

Im Kanton Zürich betrug die durchschnittliche Dauer für eine Inserierung 15 Tage, im Kanton Zug 9 Tage, im Kanton Schwyz 14 Tage und im Kanton Genf 17 Tage. Im Kanton Jura, der die höchste Leerwohnungsziffer aufweist, lag sie bei 54 Tagen.

Die Leerwohnungsziffer in der Stadt Zürich beträgt hingegen nur 0,06 Prozent (Stand: 1. Juni 2023). Auch bei Neubauwohnungen gibt es in Zürich kaum Leerstände. Zum Vergleich: In der Stadt Basel standen zum gleichen Zeitpunkt immerhin 1,1 Prozent aller Wohnungen leer, in der Stadt Zug waren es nur 0,42 Prozent. Aus Mietersicht stellt sich daher die Frage, wie man trotz knappem Angebot als Bewerber möglichst gute Karten im Bewerbungsverfahren hat.

Tempo ist alles

Die von der NZZ angefragten Immobilienexperten betonen: Im umkämpften Mietmarkt zählt vor allem eines: Tempo. Wem eine Wohnung nach einer ersten Besichtigung gefällt, der sollte seine Bewerbung so rasch wie möglich einreichen. Reto Aregger ist Kommunikationsleiter beim Immobilienunternehmen Allreal. Er sagt: «Vor allem bei vielen guten Bewerberinnen und Bewerbern bleibt oft nur die ‹first come, first serve›-Methode, um eine relative Fairness sicherzustellen.» Der erste Eindruck der Bewerber bei der Wohnungsbesichtigung könne zudem eine Rolle spielen, sei aber nicht das einzige Kriterium. Ein gewinnendes und freundliches Auftreten sei aber eine gute Visitenkarte.

Beim Immobilienverwalter Livit AG in Zürich zählt der persönliche Auftritt hingegen kaum. Gemäss der Livit-Sprecherin Barbara Buchegger werden die meisten Besichtigungen von den ausziehenden Mietern durchgeführt. Der erste Eindruck im Rahmen einer Besichtigung habe daher keinen Einfluss auf eine allfällige Zusage.

Das «richtige» Anmeldeformular verwenden

Für einige Wohnungen verwenden Immobilienunternehmen ein individuelles Bewerbungsformular, das man oft erst bei der Besichtigung oder online per QR-Code erhält. Beim Ausfüllen sind Fragen zur politischen, konfessionellen Ausrichtung, sexuellen Orientierung, Familienplanung und zu chronischen Krankheiten unzulässig. Auch Informationen über den alten Mietvertrag, wie Laufzeit, Name der Hausverwaltung und Höhe der Miete, sind nicht erlaubt.

Bei Fragen, die rechtlich klar unzulässig sind, wie zum Beispiel der Frage nach einer Mitgliedschaft bei einer Mieterschutzorganisation, ist es erlaubt, Falschangaben zu machen – ähnlich wie bei einem Bewerbungsgespräch für eine neue Arbeitsstelle. Lügen ist jedoch im Hinblick auf das künftige Mietverhältnis nicht empfehlenswert. Anstatt dessen sollte man besser das Gespräch mit der Vermittlerperson suchen und klären, warum diese Fragen wichtig sind. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, das Antwortfeld leer zu lassen.

Rechtlich zulässig sind hingegen Fragen nach dem Beruf, dem ungefähren Jahreseinkommen und allfälligen Betreibungen. Erlaubt sind auch Fragen nach Haustieren. Finanzielle Nachweise wie Lohnabrechnungen oder Betreibungsauszüge dürfen nur verlangt werden, wenn die betreffende Person ernsthaft als Mieter oder Mieterin in Betracht gezogen wird.

Tipp: Wer nichts zu verbergen hat, sollte sich mit Informationen nicht zurückhalten, um die Chancen zu erhöhen. So kann es zum Beispiel helfen, wenn man erwähnt, dass man im Quartier aufgewachsen ist oder die Kinder bereits in der Nähe zur Schule gehen.

Automatische Bonitätsprüfung bei Livit

Auf begehrte Wohnungen muss man sich oft zuerst online bewerben, bevor es überhaupt zu einem Besichtigungstermin kommt. Barbara Buchegger vom Immobilienverwalter Livit in Zürich sagt, bei Livit laufe der Bewerbungsprozess seit 2018 vollständig digital ab. Potenzielle Mieterinnen und Mieter bewerben sich über ein Online-Formular, wodurch Unterlagen wie Foto, Lebenslauf usw. entfallen. Alle Bewerbungen durchlaufen im Hintergrund eine automatische Bonitätsprüfung. Ein Betreibungsauszug sowie zusätzliche Referenzen sind nicht erforderlich.

«Die Objektivität ist durch die automatische Bonitätsprüfung, die in Sekundenschnelle im Hintergrund abläuft, gewährleistet», so Buchegger. Bei Livit sei es also entscheidend, dass die Bewerber das Online-Formular korrekt, vollständig und schnell ausfüllen würden.

Persönliche Motivationsschreiben und Referenzen

Reto Aregger von der Allreal-Gruppe sagt, ein kurzes Bewerbungsschreiben sei zudem hilfreich, um einen guten Fit mit der bestehenden Mieterstruktur sicherzustellen. Rebecca Blum vom Immobilienverwalter Helvetia Versicherungen in St. Gallen ergänzt: «Wenn mehrere Bewerbungsdossiers auf Grundlage der internen Prüfung berücksichtigt werden können, kann ein persönliches Anschreiben von Vorteil sein.»

Verwaltungen in der Schweiz ist es grundsätzlich erlaubt, Referenzen über Wohnungsinteressenten einzuholen. Dafür müssen diese aber auf dem Anmeldeformular klar als solche ausgewiesen sein – und auch den Referenzpersonen dürfen Verwaltungen keine rechtlich unzulässigen Fragen stellen. Wichtig ist zudem, dass die gewählte Referenzperson (Arbeitgeber, bisherige Vermieterschaft) einverstanden ist und informiert wurde.

Referenzen sind gemäss Reto Aregger von Allreal von Vorteil: «Wir überprüfen diese routinemässig, und sie unterstützen uns dabei, ein umfassenderes Bild der Mietpartei zu erhalten.» Bei Allreal gebe es aber keine allgemeingültige Liste von Auswahlkriterien. Entscheidend sei, ob Bewerber die Miete langfristig tragen könnten. Weitere Faktoren würden vom Objekt und von der Mieterstruktur abhängen.

Fazit: Die Wohnungssuche in Gemeinden mit wenig Leerstand und kurzer Insertionsdauer ist herausfordernd und erfordert Geduld sowie gründliche Vorbereitung. Ein vollständiges und gut vorbereitetes Dossier ist entscheidend. Schnelle Reaktion und professionelles Auftreten können den Unterschied ausmachen, da viele Verwaltungen Bewerbungen in der Reihenfolge des Eingangs berücksichtigen.

Bei der Suche sollten das eigene Netzwerk, Online-Plattformen und E-Mail-Benachrichtigungen genutzt werden, um von freien Wohnungen zu erfahren. Bezüglich Preis und Ausstattung ist in urbanen Zentren Flexibilität gefragt. Verläuft die Suche in den Städten erfolglos, bleibt nur das Ausweichen auf Regionen mit höheren Leerstandsquoten wie den Kanton Solothurn oder den Jura aus. Besonders bei Grosswohnungen mit 5 und mehr Zimmern stehen die Chancen gut, da es davon in der Schweiz eher zu viele als zu wenige gibt.

Checkliste für die Wohnungssuche

  • Netzwerken: Nutzen Sie Kontakte zu Freunden, Familie und Kollegen. Auch Suchinserate in Briefkästen können hilfreich sein.
  • Unterlagen bereithalten: Bewerbungsdossier, aktuelle Betreibungsauskunft, Einkommensnachweise und Empfehlungsschreiben. Eine vorläufige Mietkautionsbescheinigung kann nützlich sein.
  • Bewerbungsschreiben: Persönlich, freundlich und individuell. Geben Sie einen Überblick über sich selbst, und betonen Sie Zuverlässigkeit und finanzielle Stabilität.
  • Erscheinungsbild: Pünktlich und gepflegt bei Besichtigungsterminen erscheinen.
  • Besichtigungstermin: Wichtige Punkte im Voraus überlegen, gezielte Fragen stellen, Bewerbungsunterlagen mitnehmen und Interesse zeigen.
  • Ehrlichkeit: Bei Rückfragen ehrlich sein, rechtlich unzulässige Fragen müssen nicht beantwortet werden.
  • Erreichbarkeit: Immer unter der angegebenen Anschrift, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse erreichbar sein.
  • Nachfassen: Eine Woche nach Besichtigung per Anruf oder E-Mail nachfassen.
  • Portale, Stiftungen und Genossenschaften: Nutzen Sie Newsletter und Suchmöglichkeiten grosser Immobilienportale, aber auch Angebote von städtischen Liegenschaftsverwaltungen (Zürich: https://www.stadt-zuerich.ch/fd/de/index/wohnen-und-gewerbe/vermietungen.html), Stiftungen und Wohnbaugenossenschaften. Seit 2022 gibt es etwa gnossiZH.ch (https://gnossizh.ch). Für eine monatliche Gebühr von 4.50 Franken bekommt man freie Genossenschaftswohnungen gemeldet.
  • Professionelle Hilfe: Holen Sie bei Bedarf Unterstützung bei seriösen Wohnungsvermittlungen. Für AHV-Rentner bietet die Fachstelle Zürich im Alter am Standort Wipkingen die Dienstleistung «Unterstützung bei der Wohnungssuche» an.
  • Mieterselbstauskunft: Stellen Sie sowohl persönliche als auch finanzielle Informationen bereit. Wer keine Schuldscheine oder Betreibungen hat, sollte sich mit Informationen nicht unnötig zurückhalten.
  • Zahlungsfähigkeit (Bonität): Bessere Chancen bei der Wohnungssuche hat, wer seine finanziellen Verhältnisse von Anfang an offenlegt. Ein aktueller Betreibungsauszug und regelmässige Einkommensnachweise sollte man spätestens auf Nachfrage vorlegen. AHV-Rentner sollten Kopien von Steuerbescheinigungen der AHV, Ergänzungsleistungen, der Pensionskasse und der letzten Steuerrechnung beilegen.
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