Donnerstag, März 6

Dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski ist es gelungen, ein entspannteres Verhältnis zu Donald Trump zu finden. Doch laut dem CIA-Direktor hat Washington die Geheimdienstkooperation limitiert.

Am Montag stellten die USA die Militärhilfe an die Ukraine ein. Am Mittwoch bestätigte sich, dass es dabei nicht bloss um Waffenlieferungen oder die Ausbildung ukrainischer Soldaten geht. Wie der CIA-Direktor John Ratcliffe in einem Interview mit Fox Business erklärte, pausierte Washington auch die Lieferung von Geheimdienstinformationen. Präsident Donald Trump habe «echte Zweifel» gehabt, ob der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski dem Friedensprozess verpflichtet sei. Damit Selenski darüber nachdenken könne, habe Trump auch die Geheimdienstinformationen ausgesetzt, meinte Ratcliffe.

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Nicht ganz klar war am Mittwoch, wie umfassend die Aussetzung der geheimdienstlichen Zusammenarbeit ist. Gemäss der «Washington Post» geht es dabei vor allem um die Lieferung von Daten zur Erkennung russischer Ziele für präzise Angriffe – vor allem in Russland selbst. Die USA würden aber immer noch Informationen liefern, die Kiew brauche, um seine eigenen Truppen zu schützen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Laut der «Daily Mail» hat Washington dem britischen Geheimdienst derweil verboten, Informationen aus amerikanischen Quellen mit den Ukrainern zu teilen.

Die Ukraine ist geschwächt

Je nachdem, wie umfangreich der Stopp der Geheimdienstinformationen tatsächlich sei, könnte dieser auch die ukrainische Raketenabwehr schwächen, erklärte der ukrainische Sicherheitsexperte Mykola Bjeljeskow gegenüber Reuters. «Wir werden weniger Zeit haben, um zu reagieren. Das Resultat ist mehr Zerstörung und womöglich mehr Tote. Es wird uns alle sehr schwächen.» Ohne die amerikanische Militärhilfe könnten die ukrainischen Streitkräfte ihre Positionen nur noch für zwei bis drei Monate halten, sagte derweil ein ukrainischer Geheimdienstoffizier am Dienstag der «Financial Times». Es werde kein totaler Kollaps sein. Aber die Ukrainer müssten sich vermutlich schneller aus bestimmten Gebieten zurückziehen.

Deshalb stellt sich nun vor allem auch die Frage, wie lange die Pause der amerikanischen Militärhilfe noch andauern wird. Ratcliffe gab sich nach der Entspannung im Verhältnis zwischen Selenski und Trump optimistisch. Nach dem gehässigen Streit im Oval Office am Freitag bezeichnete der ukrainische Präsident das Wortgefecht am Dienstag als «bedauernswert.» Selenski zeigte sich in einem ersten Schritt offen für eine teilweise Waffenruhe. «Mein Team und ich sind bereit, unter Präsident Trumps starker Führung zu arbeiten, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen», schrieb der ukrainische Präsident auf X. Er sei auch jederzeit bereit, das ausgehandelte Rohstoffabkommen mit den USA zu unterzeichnen.

Trump reagierte in seiner grossen Rede vor dem Kongress am Dienstagabend positiv auf Selenskis Worte. Er habe einen Brief des ukrainischen Präsidenten erhalten, sagte der amerikanische Präsident und zitierte daraus. Wobei inhaltlich kaum ein Unterschied bestand zu der von Selenski zuvor auf X veröffentlichten Erklärung. «Ich bin dankbar, dass er diesen Brief geschickt hat.»

Selenskis Reaktion zeige, dass der amerikanische Druck funktioniere, meinte der CIA-Direktor Ratcliffe in seinem Interview. Selenskis Bereitschaft zu Verhandlungen unter Trumps Führung werde es erlauben, die ausgesetzte Militärhilfe wieder anlaufen zu lassen. «Und wir werden Schulter an Schulter mit der Ukraine zusammenarbeiten, um die bestehende Aggression einzudämmen.»

Selenskis Bedauern reicht noch nicht

Trumps Berater für nationale Sicherheit, Mike Waltz, gab sich am Mittwoch jedoch zurückhaltender. Selenskis Erklärung sei «ein guter, erster Schritt», sagte Waltz gegenüber Fox News. Nach dem Streit im Oval Office hätten sie sich ernsthaft gefragt, ob Selenski diesen Krieg jemals zu einem Ende bringen möchte. Es gehe deshalb zunächst darum, die weiteren Details mit Kiew auszuhandeln. Dabei scheint es um das Rohstoffabkommen und die Rahmenbedingungen für einen Waffenstillstand zu gehen. Es brauche zudem auch «vertrauensbildende Massnahmen», erklärte Waltz. Wenn diese Verhandlungen mit Kiew vorwärtsgingen, werde Trump genau darüber nachdenken, die Militärhilfe wieder aufzunehmen.

Selenski bestätigte am Mittwoch, dass die USA und die Ukraine ein neues Treffen für Verhandlungen vorbereiten. Auch nach den versöhnlicheren Tönen zwischen Kiew und Washington bleibt jedoch der Grundkonflikt bestehen, der zur Eskalation im Oval Office geführt hatte. Selenski scheint bereit zu sein für ein Ende des Krieges. Aber er möchte dafür von den USA und Europa echte Sicherheitsgarantien erhalten, damit Russland nicht in naher Zukunft einen neuen Feldzug beginnt. Trump will sich dazu jedoch nicht verpflichten. Bis jetzt bietet er der Ukraine höchstens ein Rohstoffabkommen an. Die Präsenz amerikanischer Unternehmen in der Ukraine würde den Kremlchef Wladimir Putin genügend abschrecken, meint der amerikanische Präsident. Doch dies dürfte kaum der Fall sein.

Während Trump die Ukraine unter Druck setzt, hat er gegenüber Moskau bisher nur Zugeständnisse gemacht. Putin sei auch an einem Frieden interessiert, beteuert der amerikanische Präsident. Doch in den vergangenen Tagen gingen die russischen Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine unvermindert weiter.

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