Dienstag, Februar 4

Unternehmen und begüterte Privatpersonen zahlen an den günstigsten Orten in der Schweiz nur etwa halb so viele Steuern wie in den «Steuerhöllen». Das zeigt der neuste Vergleich zu den Einkommens- und Gewinnsteuern.

Welche Aufgaben übernimmt der Staat, und wie soll er diese finanzieren? Das sind zu allen Zeiten zentrale Streitfragen in der Politik. Die Staatsausgaben wuchsen in den letzten fünfzehn Jahren etwa gleich stark wie die Volkswirtschaft. Zu den Haupteinnahmequellen des Staats zählen die direkten Steuern, vor allem auf Einkommen, Vermögen und Firmengewinnen. Der grösste Einzelposten betrifft die Einkommenssteuer – mit total über 60 Milliarden Franken pro Jahr.

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Die Spitzensteuersätze für hohe Einkommen liegen 2025 im Durchschnitt der kantonalen Hauptorte bei 33,2 Prozent. Das geht aus den neusten Daten hervor, die Pascal Hinny erhoben hat. Er ist Steueranwalt in Zürich und Professor an der Universität Freiburg. Die Spitzensteuersätze greifen laut Hinny in der Regel ab steuerbaren Einkommen zwischen 250 000 und 270 000 Franken.

Wie immer stecken hinter dem Landesdurchschnitt grosse Unterschiede je nach Kanton und Gemeinde. Im schwyzerischen Freienbach ist der Spitzensteuersatz mit 19,6 Prozent weniger als halb so hoch wie im Kanton Genf, wo die Gemeinden Steuersätze von bis zu 44,2 Prozent verlangen (vgl. Tabelle). Der Durchschnitt der Kantonshauptorte ist in den letzten fünf Jahren um etwa 0,7 Prozentpunkte gesunken.

Versteckte Lohnsteuern

Die Steuertabelle zeigt nicht das ganze Bild. Einerseits wohnen Grossverdiener eher an steuergünstigen Orten, so dass die effektive Steuerbelastung für diese Gruppe tiefer liegt als der offizielle Durchschnitt. Doch anderseits kommt für Grossverdiener noch eine versteckte zusätzliche Lohnsteuer von etwa 10 Prozentpunkten hinzu, weil Zwangsabgaben für die AHV auf Lohnteilen über etwa 90 000 Franken den Betroffenen keinen Rentennutzen bringen.

Hinzu kommt die kantonale Vermögenssteuer, die bei grösseren Vermögen typischerweise zwischen 0,1 und 0,7 Prozent liegt. Bei einem angenommenen Vermögensertrag von 3 Prozent pro Jahr und einer Vermögenssteuer von 0,3 Prozent entspräche dies faktisch einer Steuer von 10 Prozent des Vermögensertrags – zusätzlich zur normalen Einkommenssteuer auf Vermögenserträgen. Alles in allem dürften Grossverdiener im Mittel heuer ähnlich wie in den Vorjahren etwa 40 bis 45 Prozent ihrer deklarierten Einkommen als Steuern abliefern. Deutlich günstiger kann es dagegen mit der Zwischenschaltung von Firmenkonstrukten kommen.

Im interkantonalen Vergleich gehören der Kanton Zürich wie auch der Kanton Bern nach wie vor zu den Hochsteuerkantonen. Hinzu kommt in Zürich bei Liegenschaften die ab 2026 greifende Erhöhung der Eigenmietwerte (im Kantonsmittel um rund 10 Prozent) und der Vermögenssteuerwerte (um über 40 Prozent). An guten Lagen ist laut Hinny noch mit deutlich stärkeren Erhöhungen zu rechnen.

Aufregung um Vorsorgegelder

Der Kanton Zürich steht gemäss Hinny auch relativ schlecht da bei der Besteuerung von grossen Kapitalbezügen aus Pensionskassen. Dieses Thema beschäftigt derzeit die Politik: Der Bundesrat will auf Bundesebene die Steuerprivilegien von hohen Kapitalbezügen aus Vorsorgevehikeln im Vergleich zu Rentenbezügen deutlich reduzieren.

Der Kanton Zürich habe für Kapitalbezüge in Millionenhöhe im Vergleich zu anderen Kantonen eine sehr hohe Besteuerung, sagt Hinny. Und: «Ich habe schon manche Betroffene gesehen, die deswegen vor der Pensionierung in andere Kantone gezogen sind.» So zahlt zum Beispiel heuer laut Steuerrechner ein alleinstehender Mann bei einem Kapitalbezug von 2 Millionen Franken in der Stadt Zürich für Bund, Kanton und Gemeinde zusammen rund 328 000 Franken, in Luzern dagegen nur 141 000 Franken und in Chur 125 000 Franken.

Kommt die geplante Erhöhung der Besteuerung von Kapitalbezügen auf Bundesebene, werden sich die Bundessteuern bei Millionenbeträgen verdoppeln bis verdrei- oder vervierfachen. «Das wird in manchen Fällen zu Früh- und Teilpensionierungen führen, bevor die höheren Sätze greifen», sagt Hinny: «Dabei können die Betroffenen hohe Summen sparen.» Schon jetzt können Arbeitskräfte die Steuerprogression bei Kapitalbezügen aus der Pensionskasse brechen – durch Teilpensionierung in Form einer Reduktion des Arbeitspensums mit entsprechendem Teilbezug des Vorsorgekapitals. In der Säule 3a kann man die Steuerprogression durch das Führen mehrerer paralleler Vorsorgekonti mit gestaffelten Bezügen brechen.

Mindeststeuer für Grossfirmen

Bei den Firmengewinnsteuern sorgte in der Schweiz die Umsetzung der unter der Ägide des Ländervereins OECD vereinbarten Mindeststeuer für Grossfirmen von 15 Prozent des Gewinns für viel Diskussionsstoff. Gemessen am ordentlichen Gewinnsteuersatz in den Kantonshauptorten, liegen heuer immer noch 18 der 26 Kantone unter 15 Prozent. 15 dieser Kantone liegen mehr als einen halben Prozentpunkt unter dem OECD-Minimum. Die Berechnung des massgebenden Gewinns weicht indes bei den OECD-Regeln von der Berechnung nach Schweizer Regeln ab. Ob 15 Prozent nach OECD-Regeln eher 14 oder 16 Prozent nach Schweizer Regeln entsprechen, ist laut Fachleuten bis heute nicht klar und hängt von der Firma und auch vom Geschäftsjahr ab.

Direkt betroffen von den OECD-Regeln sind internationale Unternehmen mit weltweitem Jahresumsatz ab 750 Millionen Euro. Laut grober Bundesschätzung könnten etwa 200 Schweizer Konzerne und ungefähr 2000 Schweizer Ableger ausländischer Konzerne erfasst sein. Für diese Firmen greift in Fällen mit Steuerbelastung in der Schweiz von unter 15 Prozent des massgebenden Schweizer Gewinns eine spezielle Ergänzungssteuer – so dass die betroffenen Unternehmen insgesamt auf 15 Prozent Steuerbelastung gemäss OECD-Regeln kommen.

Laut Hinny ist unsicher, ob das globale System der Mindeststeuer wegen des Abseitsstehens und der Drohungen der USA kollabiert. Aber «vermutlich werden die OECD und die EU einen Dreh mit den USA finden». Die Schweizer Haltung werde primär von den Entwicklungen in der EU abhängen.

Die OECD-Mindeststeuer betrifft weniger als 1 Prozent der Schweizer Unternehmen direkt. Deshalb ist diese Steuer hier in der Tabelle ausgeklammert. Gemessen an der ordentlichen Gewinnsteuerbelastung in den Kantonshauptorten liegt heuer die durchschnittliche Belastung bei 14,4 Prozent und damit um etwa 0,3 Prozentpunkte tiefer als im Vorjahr.

Einige Kantone haben 2025 ihre Gewinnsteuersätze im Rahmen von längerfristig geplanten Programmen gesenkt (BL, SZ, TI). Der Kanton Zug hat dagegen für grössere Firmen eine deutliche Steuererhöhung angekündigt, um damit in die Nähe der OECD-Mindestbesteuerung von 15 Prozent zu kommen. Der Vorteil aus Zuger Sicht: Der Kanton kann die Erträge aus der Steuererhöhung voll behalten, während bei der vom Bund verordneten Ergänzungssteuer zurzeit ein Viertel (oder künftig vielleicht noch mehr) an den Bund abzuliefern ist. 2023 und 2024 hatten andere Kantone ähnliche Schritte gemacht.

Die steuergünstigste Gemeinde für Firmengewinne bleibt Meggen im Kanton Luzern: Mit rund 11 Prozent ist dort die Belastung nur halb so gross wie in der teuersten Gemeinde im Kanton Bern. Die grossen Kantone Bern und Zürich haben weiterhin die höchsten Steuerbelastungen (vgl. Tabelle).

Trotz gewissen Verschlechterungen im politischen Klima sei die Schweiz im internationalen Vergleich für Unternehmen und für wohlhabende Privatpersonen immer noch attraktiv, sagt Pascal Hinny. Er nennt Stichworte wie Sicherheit, Infrastruktur, Verlässlichkeit, tiefe Steuern an gewissen Standorten und Verschlechterungen im Ausland. Den Verweis auf das Ausland könnte man wie folgt übersetzen: Gemessen am politischen Klima, ist die Schweiz im europäischen Vergleich zurzeit so etwas wie die Einäugige unter den Blinden.

Pascal Hinny (Hrsg.): Steuerrecht 2025. Schulthess-Verlag Zürich. 2025.

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