Dienstag, November 26

Eine Vereinigung aus der Türkei will den Döner Kebab in der Europäischen Union als «garantiert traditionelle Spezialität» schützen lassen. Berlin passt das nicht, und es legt Einspruch ein. Worum geht es bei dem Streit?

In Deutschland geht die Angst um. Die Angst um den Döner. Auslöser ist ein Antrag der International Doner Federation aus der Türkei bei der Europäischen Union. Sie fordert, dass künftig nur Fleisch von Lämmern oder von mindestens 16 Monate alten Rindern für einen Döner verwendet werden darf.

Für die vielen Döner-Buden in Deutschland wäre das ein Problem. Sollte der Antrag durchkommen, dürften im beliebten Fast-Food-Gericht kein Kalb- und Jungrindfleisch sowie Putenfleisch landen, wie es in Deutschland verbreitet ist.

Konkret geht es im Antrag darum, den Döner in der EU als «garantiert traditionelle Spezialität» zu schützen. Einen solchen Antrag können auch Drittstaaten stellen. Die Bezeichnung steht für eine festgelegte traditionelle Zusammensetzung und Herstellung eines Lebensmittels. Rund 90 Lebensmittel sind in der EU darunter geschützt. Dazu gehören etwa der Serrano-Schinken aus Spanien oder Mozzarella und die Pizza Napoletana aus Italien.

Weiter hat die International Doner Federation genaue Vorstellungen davon, wie das Fleisch vom Spiess geschnitten werden soll. Es muss laut dem Antrag von oben nach unten in zwei bis fünf Millimeter dicke Streifen geschnitten werden – und zwar mit einem 55 Zentimeter langen Döner-Messer aus speziellem Edelstahl. Das wäre das Ende für die kleine Maschine, liebevoll «der Gerät» genannt, die das Fleisch automatisch vom Spiess schneidet. Auch die Würzung des Fleisches wäre genau vorgegeben.

Einspruch aus Berlin

Das deutsche Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) habe den Antrag mit «einiger Verwunderung» zur Kenntnis genommen, heisst es in Medienberichten. Man habe daher bei der EU-Kommission diese Woche Einspruch eingelegt.

Die Vorstellungen der türkischen Vereinigung entsprächen nicht den Standards der deutschen Gastronomie. Der Eintrag als «garantiert traditionelle Spezialität» wäre ein Eingriff in den deutschen Markt und hätte «spürbare wirtschaftliche Auswirkungen», teilte das BLE mit. Der Döner, wie er in Deutschland hergestellt und verkauft werde, sei «nicht nur eine sehr beliebte Speise, sondern für viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auch eine einträgliche Einnahmequelle».

Was in Deutschland als Döner gilt, ist in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des BLE definiert. Das «Fleischerzeugnis Döner Kebab» besteht aus «grob entsehntem Schaf-, Rind- oder Geflügelfleisch». Der Hackfleischanteil darf maximal 60 Prozent betragen. Die Verordnung wurde 1992 aufgenommen, um eine gewisse Qualität sicherzustellen.

Kommt der Antrag durch, hat das Folgen

Sollte der Antrag aus der Türkei Erfolg haben, müssten sich die Döner-Buden in Deutschland – und in anderen EU-Mitgliedsländern – entscheiden: Sie können entweder weiter Döner Kebab verkaufen, müssen sich dabei jedoch an die strengen neuen Vorgaben halten. Das könnte auch Folgen für den Preis haben, über den in Deutschland bereits eine heftige Debatte geführt wird.

Oder sie bleiben beim alten Produkt, verkaufen es aber unter einem anderen Namen. Als mögliche Alternative gilt etwa die Bezeichnung «Drehspiess». Döner-Verkäufer könnten auch dazu übergehen, in Zukunft einfach Schawarma zu verkaufen. Schawarma ist eine arabische Variante des Döner und unterliegt in der EU keiner geschützten Bezeichnung. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband äussert in der ARD jedoch die Befürchtung, dass solche Namensänderungen «Unklarheiten, Intransparenz, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten» zur Folge hätten.

Der Döner ist immer wieder Streitthema

Es ist nicht das erste Mal, dass es rund um den Döner zwischen Deutschland und der Türkei Streit gibt. Im April brachte der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Staatsbesuch in der Türkei einen 60 Kilogramm schweren Döner-Spiess mit. In der Türkei wurde das teilweise als Affront wahrgenommen, obwohl die Geste als Würdigung der Leistung türkischer Migranten in Deutschland gedacht war.

Der Döner – also auf einem senkrechten Spiess grilliertes Fleisch – soll Ende des 19. Jahrhunderts im Norden der heutigen Türkei erfunden worden sein. Gegessen wurde das Gericht auf einem Teller. Ins Brot kam der Döner jedoch in den 1970er Jahren in Berlin. So wurde er gemeinsam mit Salat, Zwiebeln und Sauce zum Mitnehmen von türkischen Gastarbeitern serviert.

Der Döner wurde zur Erfolgsgeschichte. Laut Angaben des Vereins türkischer Döner-Hersteller in Europa machte die Branche in Deutschland 2023 einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro. In ganz Europa waren es rund 3,5 Milliarden Euro.

Wie es mit dem Döner nun weitergeht, wird in Brüssel entschieden. Nach dem Einspruch aus Deutschland wird die EU-Kommission ein «Konsulationsverfahren» einleiten. Dieses soll innerhalb von sechs Monaten zu einer Einigung führen. Dann geht der Fall wieder zurück an die Kommission, die entscheidet, ob der Döner zur «garantiert traditionellen Spezialität» wird.

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