Montag, November 25


Aufruhr in der Medienbranche

Mitarbeitende des Medienhauses gingen am Dienstag in New York wegen angekündigter Massenentlassungen auf die Strasse. Damit stellt sich auch die Frage, wie es mit Anna Wintour, dem langjährigen Aushängeschild von Condé Nast, weitergeht.

Als am Dienstag in New York City ein roter Teppich ausgerollt wurde, hätte man Blitzlichtgewitter und Roben erwarten können. «Bosses wear Prada, workers get nada!», skandierten stattdessen Angestellte des Medienhauses Condé Nast. Sie wiesen damit auf den Hauptgrund für ihren Protest hin: die etwa 300 Entlassungen, die Condé Nast angekündigt hat. Die Gewerkschaft bezeichnete die zurzeit laufenden Verhandlungen über Abgangsentschädigungen als unlauter.

Proteste und eine streikende Anne Hathaway

Mehr als 400 Angestellte nahmen an dem 24-stündigen Streik teil. Er war absichtlich auf den Tag gelegt, an dem die Oscar-Nominationen verkündet wurden – üblicherweise ein vielbeschäftigter Tag für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Magazinen wie «Vanity Fair», «Vogue» und «Glamour».

Ausserdem rief die Gewerkschaft von Condé Nast auf Social Media dazu auf, während des Streiks die Websites der genannten Magazine nicht aufzurufen. Später folgten Berichte, dass die Schauspielerin Anne Hathaway ein «Vanity Fair»-Fotoshooting abrupt verlassen habe, als sie vom Streik erfahren habe.

Die Proteste kommen in einer turbulenten Zeit für Condé Nast, das einst für üppige Publikationen und verschwenderische Budgets bekannt war. Erst letzte Woche hatte das Medienunternehmen bekanntgegeben, dass die Musikpublikation «Pitchfork» in das Männermagazin «GQ» eingegliedert werde. Der Website wird eine wichtige Rolle im amerikanischen Musikjournalismus zugeschrieben; Condé Nast hatte sie erst 2015 gekauft. Mehreren Mitarbeitern wurde nun gekündigt, darunter die langjährige Chefredaktorin Puja Patel.

Und was ist mit Anna Wintour?

Einem Detail der «Pitchfork»-Kündigungen wird zurzeit besonders viel Aufmerksamkeit zuteil: Anna Wintour habe ihre charakteristische dunkle Sonnenbrille nicht ausgezogen, als sie Mitarbeitern die Nachricht deren Kündigungen überbracht habe. Auch an den Protesten am Dienstag wurde die Chief Content Officer von Condé Nast und «Vogue»-Chefredaktorin explizit erwähnt: «Say it loud, say it clear, winter is extra cold this year», skandierten Protestierende. Der Slogan spielt auf den Namen und die als kalt geltende Art von Anna Wintour an.

Dank ihrer einflussreichen Position und ihrer weltweiten Bekanntheit ist die 74-jährige Wintour für Condé Nast ein wichtiges, aber auch vielkritisiertes Aushängeschild. Spekulationen um ihre Zukunft beim Medienhaus sind nun erneut entbrannt. Unlängst war das auch 2020 der Fall, als sie sich in einem Brief für Rassismus und Diskriminierung sowohl auf den Seiten als auch hinter den Kulissen von «Vogue» entschuldigte und Besserung versprach.

Auf die jüngsten Vorwürfe hat Anna Wintour bisher nicht öffentlich reagiert. Zurzeit weilt sie in Paris, wo diese Woche die neuen Haute-Couture-Kollektionen gezeigt werden.

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