Sonntag, September 8

Seit mehreren Jahren befürworten diverse Institutionen den Nutri-Score. Es handelt sich dabei um eine Lebensmittelampel, die eine sogenannt «gesündere Wahl» der Lebensmittel vereinfachen soll. Vom Prinzip her funktioniert der Nutri-Score analog den Energieklassen bei Elektrogeräten. Während ein grünes «A» ein Gerät mit geringem Energieverbrauch markiert, soll ein grünes «A» bei einem verpackten Lebensmittel das gesündere «unter Gleichen» hervorheben.

Für die Sportnahrung ist der Nutri-Score sinnfrei. Ein Sportgetränk muss zum Beispiel Energie in Form von Zucker liefern. Da ist der Zuckergehalt ein positives Merkmal, während Zucker in Süssgetränken als negativ einzustufen ist. Die Swiss Sports Nutrition Society lehnt daher den Score ab.

Aber im Sport besteht die Ernährung nicht nur aus Sportnahrung. Es stellt sich somit auch im Sport die Frage, ob der Nutri-Score generell sinnvoll ist oder nicht. Darüber wurde kürzlich auch im eidgenössischen Parlament debattiert, das vom Bundesrat eigene Regeln für den Nutri-Score will.

Die Forschungszentren der Europäischen Union haben die Frage untersucht, ob der Score generell sinnvoll sei. Ihre Schlussfolgerung lautet: Ob die Nutzung des Nutri-Scores und ähnlicher Systeme die Gesundheit beeinflussen, ist aufgrund mangelnder Evidenz unklar.

Wenn aber das Ziel des Nutri-Scores, also eine bessere Gesundheit durch eine «bessere» Wahl der Lebensmittel, nicht belegt ist, darf man den Score nicht empfehlen. Alles andere wäre eine Irreführung der Konsumentinnen und Konsumenten – und diese ist explizit durch das Lebensmittelgesetz verboten.

Italien hat dies erkannt und lehnt den Nutri-Score ab. Die Begründungen lauten: Der Score ist irreführend, wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt und berücksichtigt den Nährwert der Lebensmittel nicht.

Diese Einstufung ist korrekt. So bestimmt die konsumierte Menge eines Lebensmittels den Nährwert, der Nutri-Score ignoriert aber die konsumierte Menge. Der Score teilt des Weiteren eine Auswahl an wenigen Nährstoffen in ungesunde und gesunde Stoffe ein. Dieses Prinzip ist aber überholt, und ein führender französischer Ernährungswissenschafter meinte deswegen, der Score basiere auf einer Philosophie der 1980er Jahre.

Und schliesslich ignoriert der Nutri-Score, wie ein Lebensmittel hergestellt wird. Genau dies ist aber von zentraler Bedeutung. Es spricht somit vieles gegen den Nutri-Score, und man darf ihn daher im Sport – aber auch sonst – problemlos ignorieren.

Der Ernährungswissenschafter Dr. Paolo Colombani ist Mitgründer und Redaktor des Kompetenzzentrums Notabene Nutrition.

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