Dienstag, November 26

Der grösste Teil der Liechtensteiner Medienförderung geht an das staatliche Radio Liechtenstein. Die Oppositionspartei droht nun mit einer Initiative zur Privatisierung des Senders.

Der Staatsbeitrag, den Radio Liechtenstein als öffentlich-rechtlicher Sender erhielt, reichte in den letzten Jahren nicht aus, um das Überleben zu sichern. Regelmässig ersuchte die Regierung deshalb das Parlament um Nachtragskredite, die jeweils zwar bewilligt, aber zunehmend von kritischeren Anmerkungen über das «Fass ohne Boden» begleitet wurden.

Mit dem Budget 2024 genehmigte das Parlament dennoch einen erhöhten Staatsbeitrag von 3,4 Millionen Franken. Die Regierung hatte rund eine Million mehr gefordert, im Gegenzug aber vorgeschlagen, der Radiosender solle künftig auf Werbung verzichten, um andere private Medien auf dem angespannten Werbemarkt nicht mehr zu konkurrenzieren.

Auf das Werbeverbot ist das Parlament nicht eingetreten. Dafür aber wurde der Regierung der Auftrag erteilt, ein Konzept für die zukünftige Ausrichtung des Radios im Kontext der generellen Medienförderung auszuarbeiten. Die Oppositionspartei Demokraten pro Liechtenstein ging noch einen Schritt weiter und forderte die Privatisierung des Radiosenders.

Seither hängt die Drohung in der Luft, dass die Partei eine Volksinitiative zur Privatisierung des Senders lancieren werde. Eine entsprechende Vorlage zur Änderung des Rundfunkgesetzes sei ausgearbeitet, gab die Oppositionspartei kürzlich bekannt.

Wenn das Stimmvolk die Gesetzesinitiative annehme, solle die Privatisierung des Radios auf den 1. Januar 2026 erfolgen. Laut Berechnungen der Demokraten pro Liechtenstein erhält Radio Liechtenstein rund 70 Prozent der gesamten Medienförderung des Staates. Diese Bevorzugung gegenüber den privaten Medienunternehmen sei nicht gerechtfertigt: «Das Radio muss wie alle anderen Medienunternehmen unter die allgemeine Medienförderung gestellt werden, was nur mit einer Privatisierung erreicht werden kann.»

Mobbingvorwürfe und Entlassungen

Ausser mit finanziellen Problemen hatte Radio Liechtenstein in jüngster Zeit auch noch mit Personalproblemen zu kämpfen. Auf Mobbingvorwürfe an Mitarbeiterinnen folgten Entlassungen, die vor Gericht angefochten wurden und zum Rücktritt des Verwaltungsratspräsidenten führten. Auf Jahresanfang bestellte die Regierung an die Spitze des Senders deshalb einen Aussenstehenden, den Präsidenten des Verbands Schweizer Privatradios Jürg Bachmann.

Die bisher verfolgte strikte Ablehnung der Privatisierung durch die Regierung und die Radioverantwortlichen hat mit ihm eine gewisse Aufweichung erfahren. Bachmann erklärte in einem Interview mit dem «Liechtensteiner Vaterland» seine Offenheit gegenüber den Varianten öffentlich-rechtlicher Rundfunk oder Privatradio. Beide Modelle hätten Vor- und Nachteile, sagte Bachmann, und er drückte seine Hoffnung aus, die Frage der Privatisierung ergebnisoffen angehen zu können, nicht belastet durch einen Abstimmungskampf aufgrund der angekündigten Gesetzesinitiative.

Im Fall einer Privatisierung, bei der Qualität und Unabhängigkeit im Zentrum stehen müssten, wäre für ihn eine breite Medienträgerschaft eine gute Lösung. Als problematisch hingegen erachtet er eine Übernahme des Senders durch Investoren mit anderen wirtschaftlichen oder politischen Interessen oder durch Amateure, die den Sender hobbymässig betreiben möchten.

Rückkehr zu den privaten Ursprüngen?

Die Hoffnung, dass der neue Verwaltungsratspräsident die Abklärungen und die Gegenüberstellung von Staatsradio und Privatradio in Ruhe angehen kann, wird sich kaum erfüllen. Die Demokraten pro Liechtenstein haben die baldige Lancierung ihrer Initiative zur Radioprivatisierung angekündigt. 2024 ist zudem ein Vorwahljahr und bietet für die Parteien deshalb eine gute Gelegenheit, sich den Wählerinnen und den Wählern mit Vorstössen in Erinnerung zu rufen.

Die Demokraten haben ausserdem mit ihrer Initiative zum Erlass der Krankenkassenfranchise für Rentner einen grossen Erfolg beim Stimmvolk erzielen können. Ebenso mit ihrer Initiative zur Senkung der Preise für Reisepässe auf schweizerisches Niveau, die so viele Unterschriften verzeichnen konnte, dass das Parlament auf eine Volksabstimmung verzichtete.

Mit ihrer Argumentation, an Radio Liechtenstein seien schon genug Millionen Franken an Steuergeldern geflossen, können die Demokraten bei der Privatisierungsinitiative auf Zustimmung in einem Teil der Bevölkerung rechnen. Möglicherweise überzeugt auch der Slogan «Wir brauchen kein Staatsradio», denn Staatsmedien gebe es vor allem in totalitären Staaten, die ihre Meinung verbreitet haben wollten.

Sollten die Demokraten pro Liechtenstein mit ihrer Privatisierungsinitiative Erfolg haben, kehrt der Radiosender dorthin zurück, wo er angefangen hat. Der Start von Radio Liechtenstein erfolgte am 15. August 1995, am Staatsfeiertag Liechtensteins. Nach acht Jahren zog sich der Hauptsponsor zurück, der nach eigenen Angaben rund 12 Millionen Franken in das Unternehmen gesteckt hatte.

Die Rettung des Radiosenders war mangels Investoren nur möglich, weil sich die Regierung bereit erklärte, Radio Liechtenstein auf den 1. Januar 2004 in einen öffentlich-rechtlichen Sender umzuwandeln. Damit war vorgezeichnet, dass der Staat den Hauptanteil an den Kosten zu tragen hatte, weil die Werbeeinnahmen nie ausgereicht hatten, um den Sender zu betreiben.

Schon 1999 hatte die Regierung die Rundfunkgebühren abgeschafft, die bis dahin zum überwiegenden Teil an die SRG als Abgeltung für die Verbreitung schweizerischer Radio- und Fernsehprogramme geflossen waren. Die Pläne für eine Wiedereinführung der Rundfunkgebühren verwarf die Regierung im Jahr 2015 wieder, weil sich diese Massnahme zur damals geplanten Sanierung des Staatshaushalts in der Bevölkerung als nicht umsetzbar erwies.

Exit mobile version