Dienstag, März 18

Helene Budliger Artieda ist gerade in Washington, um mit der neuen US-Regierung zu reden. Harmonische Töne und eine Abgrenzung zur EU sollen dafür sorgen, dass die Schweiz von Zöllen verschont bleibt.

Wenn Diplomaten ein Treffen vereinbaren, müssen sie in ihrer Agenda normalerweise Wochen oder Monate in die Zukunft blättern, bis sie den nächsten freien Termin finden.

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Mit der neuen US-Regierung scheinen die Dinge anders zu laufen: Helene Budliger Artieda, Chefin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), erfuhr vor wenigen Tagen, dass sie diese Woche in Washington erwartet wird. Sie soll sich am Montag und Dienstag mit Vertretern der neuen US-Regierung austauschen, bestätigt das Seco.

Zum genauen Programm halten sich die Schweizer Behörden jedoch bedeckt: Wen Budliger trifft und welche Themen sie mit der Trump-Administration bespricht, teilt das Seco auf Anfrage nicht mit.

Naheliegend wäre jedoch, dass Budliger mit der Mission anreist, Zölle gegen die Schweiz zu verhindern.

Denn US-Präsident Donald Trump hat seine Berater beauftragt, bis Anfang April sämtliche Handelsbeziehungen der USA auf «unfaire Praktiken» zu untersuchen. Auch die Schweiz wird dabei überprüft: In einem Dokument des Amtes des US-Handelsbeauftragten (USTR) von Ende Februar wird sie explizit erwähnt, weil die Schweiz im Austausch von Gütern mit den USA einen beträchtlichen Handelsbilanzüberschuss ausweist.

Die Schweizer Charmeoffensive

Bereits vergangene Woche hat das Seco den Kontakt zu den Amerikanern aufgenommen: In einem Brief an das Büro des USTR schreibt Botschafterin Andrea Rauber Saxer, Leiterin des Bereichs bilaterale Wirtschaftsbeziehungen im Seco, die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der USA sei eine Erfolgsgeschichte.

Die Botschafterin betont in ihrem Schreiben, wie marktfreundlich die Schweiz eingestellt sei: «Wir regulieren mit Vernunft, verzichten auf unnötige Hürden für Firmen.» Die Schweiz erhebe keine Steuern auf digitale Dienste und verzichte auf eine «belastende Regulierung von künstlicher Intelligenz (KI)». Ohne die EU direkt zu nennen, grenzt Rauber Saxer damit die Schweiz von ihren europäischen Nachbarn ab. Die Schweiz sei für viele amerikanische Firmen eine «Brücke nach Europa».

Zudem betont die Schweizer Botschafterin die enge Verbindung der beiden Volkswirtschaften: Die Schweiz schaffe mit ihren Investitionen Arbeitsstellen in den USA – etwa Peter Spuhler, der mit Stadler Rail in Salt Lake City eine Fabrik betreibt. Schweizer Firmen stünden im regen Austausch mit amerikanischen Forschern. Bei den Dienstleistungen exportierten die USA mehr als die Schweiz umgekehrt. Und die allermeisten amerikanischen Güter kämen zollfrei in die Schweiz.

«Wir zählen darauf, dass die US-Regierung diese für beide Seiten vorteilhafte Beziehung fortsetzen möchte», schreibt Rauber Saxer. Denn die Schweiz sei ein «wahrer Freund der USA». Es sind Töne, die auch Helene Budliger Artieda bei ihrem Besuch in Washington anstimmen dürfte.

Alle wollen zu Trump

Ob die Argumente bei Donald Trump verfangen, ist jedoch offen. Die Schweiz dürfte nicht das einzige Land sein, das seine Diplomaten nach Washington schickt, um noch vor Trumps Stichtag drohende Zölle abzuwenden.

Viele Beobachter begrüssen dennoch, dass Budliger das Thema offensiv angeht. Michael Ambühl, ehemaliger Staatssekretär im Eidgenössischen Finanzdepartement, sagt: «Es ist sehr wichtig, dass die Schweiz der neuen US-Regierung ihre Position erklärt und nicht einfach abwartet, bis das Land von Massnahmen betroffen ist.»

Die USA sind das grösste Abnehmerland für Schweizer Exporte, knapp ein Fünftel aller Warenausfuhren aus der Schweiz gehen dorthin. Wichtig ist dabei allen voran der Export von Pharmaprodukten: Sie machen 60 Prozent aller Warenexporte in die USA aus.

Was macht die EU?

Doch selbst wenn es Staatssekretärin Budliger gelingt, US-Zölle auf Schweizer Güter zu verhindern, sind die Probleme für die Schweizer Wirtschaft nicht vollständig weggeräumt. Indirekt wäre sie beispielsweise davon betroffen, wenn der Zollstreit zwischen den USA und der EU eskaliert.

Als Donald Trump 2018 während seiner ersten Amtszeit als US-Präsident Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium erhob, reagierte die EU, indem sie Schutzmassnahmen auf bestimmte Stahlimporte einführte. Um WTO-Recht nicht zu verletzen, machte sie diese gegenüber sämtlichen Drittstaaten geltend – und traf damit auch die Schweizer Industrie. Unter Wirtschaftsvertretern ist die Nervosität gross, dass die Schweizer Wirtschaftsbeziehungen zu den europäischen Nachbarstaaten erneut belastet werden.

Helene Budliger Artieda stehen intensive Wochen bevor. Vielleicht muss sie nach ihrer Rückkehr aus Washington schon bald eine Reise nach Brüssel planen.

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