Mittwoch, Oktober 2

Das Uno-Flüchtlingshilfswerk will seine Aktivitäten in Sri Lanka reduzieren und hat daher seine Hilfszahlungen an die dort lebenden Flüchtlinge eingestellt. Nun fragen diese sich verzweifelt, was aus ihnen werden soll.

Riffat Faridun ist verzweifelt: «Ich habe jede Hoffnung verloren. Seit Dezember erhalten wir keine finanzielle Unterstützung mehr, arbeiten dürfen wir nicht, und wir können nicht ewig Geld leihen. Wir werden in den Tod getrieben.» Faridun stammt aus Pakistan, aber seit zwölf Jahren lebt sie mit ihrem Mann Said und ihren Töchtern Fatima und Aisha in zwei winzigen Zimmern in Sri Lanka. Wie ihnen geht es Hunderten Flüchtlingen auf der Insel, seitdem das Uno-Flüchtlingshilfswerk Ende letzten Jahres die Hilfszahlungen eingestellt hat.

Zuvor erhielten anerkannte Flüchtlinge monatlich 19 500 Rupien, etwa 55 Franken, für Einzelpersonen. Doch das UNHCR will nach 35 Jahren in Sri Lanka seine Präsenz verringern. Zur Begründung erklärt es, es sei vor allem wegen der vielen Flüchtlinge in Sri Lanka gewesen, die im Zuge des Bürgerkriegs mit den Tamil Tigers vertrieben worden waren. Nachdem die Mehrheit der Binnenflüchtlinge an ihre Herkunftsorte zurückgekehrt sei, sei diese Arbeit getan.

Für Faridun und andere Flüchtlinge bedeutet dies, dass sie ohne Hilfe und ohne Aussicht auf Umsiedlung in ein Drittland in Sri Lanka feststecken. Die Frau stammt aus einer respektierten Familie in Karachi, doch ging sie eine Liebesheirat ein mit einem Mann, der nicht aus der Oberschicht kommt: «Meine Familie war gegen diese Heirat. Sie beschuldigten meinen Mann fälschlicherweise des Diebstahls. Er wurde verhaftet, sie bedrohten uns, schliesslich beschlossen wir, zu flüchten.»

Ein Anwalt empfahl ihnen, nach Sri Lanka zu fliegen, dort brauche man kein Visum, und das Leben sei billig. 2012 flogen sie mit ihren damals drei- und einjährigen Töchtern nach Colombo, nahmen sich in der Nähe des Flughafens ein Hotelzimmer und beantragten beim UNHCR Asyl. «2015 wurden wir vom UNHCR als Flüchtlinge anerkannt», erzählt Riffat. «Doch bis heute fand das UNHCR kein Aufnahmeland, weder die USA noch Australien erlaubten uns die Einreise.»

Sri Lanka ist zur Sackgasse geworden

In Panadura, südlich von Colombo, sitzen sogar über hundert Flüchtlinge fest. Sie gehören der muslimischen Minderheit der Rohingya an, die in Myanmar seit Jahrzehnten diskriminiert und vertrieben wird. Hunderttausende suchten Zuflucht in Bangladesh. Auch Mohammed Anwar floh 1992 im Alter von 7 Jahren mit seiner Familie über die Grenze nach Bangladesh. Zusammen mit einer Million anderer Rohingya fanden sie Aufnahme im Flüchtlingslager von Kutupalong.

«Im Camp musste man ab 18 Uhr zu Hause sein, Elektrizität gab es nicht», sagt Anwar. Doch er war eifrig und lernbegierig. Mit 18 begann er zu unterrichten, mit 27 wurde er nach einer Prüfung Lehrer an der Schule im Flüchtlingslager. Sein Englisch ist hervorragend, gelernt hat er es heimlich. Als Lehrer hatte er Privilegien, erhielt gelegentlich einen Sack Reis oder ein Kleidungsstück. Dann begann ein Lagerchef die Familie zu erpressen. «Ich war nicht mehr sicher», sagt Anwar.

Zusammen mit einem Freund flüchtete er zuerst nach Indien, dann 2015 mit dem Schiff nach Sri Lanka. 2017 wurde er vom UNHCR als Flüchtling anerkannt, doch erwies sich Sri Lanka als Sackgasse. Heute ist er gestrandet in einem fremden Land, ohne Hoffnung auf ein erfülltes Leben. Wie ihm geht es auch den anderen Rohingya in Panadura. Die meisten von ihnen wollten eigentlich gar nicht nach Sri Lanka, sondern hatten mit einem Boot nach Malaysia fahren wollen.

Erst nach Wochen rettete sie die Küstenwache

Sie hatten Mitte November 2022 das Flüchtlingslager in Bangladesh in einem überfüllten Boot verlassen. Unter ihnen waren auch die 35-jährige Roshida und die 32-jährige Foriza mit ihren Kindern. Sie wollten zu ihren Männern, die bereits zuvor nach Malaysia geflohen waren. Doch nach drei Tagen war der Motor kaputt, das Boot trieb im Meer. Nach Wochen wurde es von sri-lankischen Fischern entdeckt, welche die Küstenwache alarmierten. Die Bootsflüchtlinge wurden zuerst im Gefängnis untergebracht, dann in einem Lager.

Roshida wollte vor allem ihren Kindern ein besseres Leben ermöglichen: «Die Situation im Camp war schrecklich, und ohne Mann wird man als Frau nicht respektiert. Für mich sehe ich keine Zukunft mehr, aber meinen drei Kindern wollte ich eine Zukunft ermöglichen.» Dass ihr dies gelingt, glaubt sie kaum mehr: «Wie sollen wir hier überleben? Wir haben kein Geld für Nahrungsmittel. Wasser, Elektrizität und Gas sind sehr teuer. Und wenn wir nicht bezahlen, stellen sie uns den Strom ab.»

Das UNHCR versichert, dass es weiterhin mit den Behörden in Sri Lanka zusammenarbeiten werde, um sicherzustellen, dass die Flüchtlinge vor Abschiebung geschützt sind und ihre Rechte gewahrt werden. Was das konkret bedeutet, ist unklar. Von den Flüchtlingen weiss niemand, wie es weitergehen soll. Unter den Rohingya sind auch unbegleitete Kinder und Witwen mit Kindern. Mohammed Anwar, der Lehrer, sagt leise: «Wir sind nur 109 Leute hier. Es sollte doch eine Lösung geben.»

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